Trockene Fakten – die äußeren Werte:

„Aftershocks“ umfasst über 370 Seiten und beinhaltet zusätzlich neben Danksagung und Widmung einen Glossar für die wichtigsten Slangausdrücke. Das Titelbild zeigt das Runner-Team – bestehend aus dem Troll Hood, der Orkin Max sowie den Elfen Khase und Sindje – bei ihrem Kampf im Gewächshaus. Dabei wirken die Gestalten in ihren futuristischen Körperpanzerungen eher befremdlich. Aber über Geschmack lässt sich wie üblich streiten und es kommt ja auch deutlich mehr auf den Inhalt an.

Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:

Der Troll Hood ist ein Vertreter einer eher seltenen Variante von Shadowrunnern: Er will seine Runs möglichst ohne Tote abwickeln – und zwar ohne Tote auf beiden Seiten. Sein Straßenname passt hervorragend zu seiner Vorliebe für seinen Bogen. Sein Team besteht für den Run aus der Deckerin Max, einer streitsüchtigen und ewig fluchenden Orkin, sowie dem elfischen Geschwisterpaar Khase, einem Ki-Adepten, und Sindje, einer Magierin. Eigentlich sollte es sehr leicht verdientes Geld werden: In das Gewächshaus der Plantech Corporation eindringen, die gewünschten Pflanzen einsammeln, unbemerkt verschwinden und dann die Bezahlung einstreichen. Soweit der Plan.

Aber schon im Gewächshaus müssen sich die Runner gegen ein Sicherheitsteam behaupten und können nur unter vollem Einsatz ihrer Fähigkeiten und viel Glück bei der dazugehörigen Verfolgungsjagd entkommen. Schnell wird klar, dass nicht nur der Auftraggeber und Plantech Interesse an den Pflanzen hat. Doch wer sind die weiteren Mitspieler? Und was sind das eigentlich für Pflanzen? Ein großer Berg an Fragen und Schwierigkeiten warten auf Hood und sein Team – und es sollte doch alles ein Kinderspiel werden...

Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:

„Aftershocks“ wurde von den beiden Autoren Jean Raabe und John Helfers geschrieben. Doch die doppelte Anzahl an Autoren garantiert leider noch keine höhere Qualität. Zwar besitzen alle Charaktere – insbesondere der Troll Hood mit seinen dunklen Geheimnissen und seiner eher ungewöhnlichen Einstellung – ein gewisses Potenzial, aber den Autoren gelingt es nur phasenweise eine entsprechende Entwicklung beziehungsweise Tiefe der Persönlichkeit darzustellen. Die Geschichte selbst ist eher Standardkost, kommt dankenswerterweise aber ohne ein Weltuntergangsszenario aus.

Mich haben die vielen Slangausdrücke und die ständigen Streitgespräche zwischen den Runnern sehr gestört. So ging mir beispielsweise das Gefluche der Orkin sehr schnell auf die Nerven. In Kombination mit der eher oberflächlichen Darstellung der Hauptakteure kam bei mir, trotz sehr actionreicher Geschichte, in den ersten beiden Dritteln kein richtiges Lesevergnügen auf.

Doch erfreulicherweise wendet sich im letzten Drittel des Romans das Blatt noch etwas. Den Autoren gelingt es tatsächlich, den Figuren mehr Leben einzuhauchen. Zusammen mit dem detailreicheren Erzählstil können Jean Raabe und John Helfers sogar Spannung aufbauen und zum Weiterlesen anregen.

Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

Die beiden ersten Drittel von „Aftershocks“ können einfach nicht überzeugen und lassen somit leider kein gutes Gesamturteil zu. Immerhin haben im letzten Drittel Jean Raabe und John Helfers zeigen können, dass sie eine Geschichte durchaus auch spannend und mit ausgeprägten Persönlichkeiten erzählen können. Es gibt also Hoffnung. Lohnen dürfte sich dieser „Shadowrun“-Roman aber nur für Sammler.

Fazit: Mit „Aftershocks“ präsentiert Fantasy Productions einen „Shadowrun“-Roman von Jean Raabe und John Helfers. Leider liefern die beiden Autoren ein eher unterdurchschnittliches Werk ab. Immerhin lassen sie ihr Talent im abschließenden Drittel noch aufblitzen. Somit besteht doch Hoffnung für ein potenzielles Nachfolgewerk. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung kann ich aber definitiv nicht aussprechen.