Schattenstädte (4.01D)

Mit „Schattenstädte“ versorgt Fantasy Productions die „Shadowrun“-Fangemeinde mit dem zweiten Hintergrundband für die neue Regelversion „Shadowrun 4.01D“. Nach eigener Aussage werden darin die wichtigsten Megaplexe der Sechsten Welt beschrieben. Ein Paradies für Runner! Und für die Fans... ?

von Chris Sesterhenn

 

Trockene Fakten – die äußeren Werte:

Der Quellenband umfasst 192 Seiten und präsentiert sich im aktuellen „Shadowrun“-Layout.  So wirken die Beiträge wie frisch aus der Matrix, selbstverständlich mit den typischen Zusatz-Kommentaren weiterer Schattengestalten. Farbe findet sich nur auf der Vorder- und Rückseite, das Innenleben ist komplett in Schwarz-Weiß gehalten. Die Schriftgröße ist ausreichend, weitere Informationen in eigenen Kästen sowie Abbildungen und Zeichnungen lockern das Gesamtbild etwas auf. Sowohl bei den Abbildungen als auch den Zeichnungen dürften sich die Meinungen durchaus teilen. Doch über Geschmack lässt sich bekanntlich vortrefflich streiten...

Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:

Nach der Veröffentlichung der neuen Regelversion veröffentlicht Fantasy Productions mit „Schattenstädte“ den zweiten Quellenband mit aktuellen Hintergrundinformationen. „Schattenstädte“ richtet sich unmittelbar an die Runner dieser Welt und beschreibt einige Städte mit äußerst interessanten Schatten. Bei diesen Megaplexen soll es sich angeblich um die wichtigsten der Sechsten Welt handeln. Am umfangreichsten behandelt werden Hongkong, Seattle und Hamburg. Deutlich weniger Informationen gibt es zu den Städten im Zwielicht Kapstadt, Caracas und Istanbul. Wie zu erwarten werden jeweils die wichtigsten Orte, Personen und Gruppierungen der jeweiligen Stadt präsentiert sowie auf (aktuelle) Gegebenheiten eingegangen. Abgerundet wird der Quellenband mit einem Kapitel mit Spielinformationen, welches sich mit dem Leben im Zwielicht sowie Abenteuervorschlägen in Hongkong, Seattle und Hamburg beschäftigt.

Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:

Mit Weiterentwicklung des Regelwerkes und dem Fortschreiben der Geschichte der Sechsten Welt wird auch das Bedürfnis nach aktualisierten und insbesondere neuen Hintergrundinformationen stärker. Somit ist „Schattenstädte“ der richtige Auftakt für eine ganze Reihe von neuen Quellenbüchern. Ein besonderes Flair in „Shadowrun“-Quellenbänden ergab sich bisher für mich aus den zusätzlichen Kommentaren aus der Schattengemeinde. Diese Gerüchteküche ist auch in „Schattenstädte“ wieder das Salz in der Suppe und könnte durchaus einige Spielleiter zu neuen Abenteuerideen inspirieren – bei mir hat es auf jeden Fall gewirkt.

Hongkong: Dieser Megaplex strahlt eine starke Faszination aus, welche sehr gut in dem Quellenband umgesetzt wurde. Flair und Kultur dieser Stadt werden anschaulich vermittelt, doch leider beschränken sich diese Einblicke auf nicht einmal ganze 60 Seiten. Hier wäre ich für mehr Input dieser Art wirklich dankbar gewesen.

Seattle: Die Schattenstadt der ersten Stunde – die Heimat vieler Runner. Die alten Hasen unter den „Shadowrun“-Fans werden sich an den alten Quellenband erinnern, die Einzelheiten der Stadt und ihrer Geschichte bis ins letzte Detail kennen, und ihn vermutlich als Maßstab nehmen. Mit dieser Vorgabe können die etwa 60 Seiten Beschreibung dieser bedeutungsvollen Stadt einfach nicht mithalten. Zudem fehlt mir die Ausstrahlung und das Leben Seattles in den Texten. So dürften sich die gebotenen Informationen auf fast jede beliebige Stadt in der Sechsten Welt übertragen lassen. Trotz der Aktualisierung der Ereignisse in Seattle überwiegt hier bei mir doch die Enttäuschung.

Hamburg: Diese Beschreibung ist – nach meinem Geschmack – schon deutlich passender. Auf fast 50 Seiten wird dem ADL-Kundigen die aktuelle Situation in der Stadt näher gebracht. Das Venedig des Nordens kann wieder durch seinen gewissen düsteren Charme überzeugen.

Den weiteren Städten – Kapstadt, Caracas und Istanbul – stehen deutlich weniger Seiten zur Verfügung und mehr als ein sehr kurzer Streifzug ist daher nicht möglich. Ich hätte es bevorzugt, wenn nur die ersten drei Städte betrachtet und dafür aber mehr Informationen und insbesondere Tiefe geboten worden wäre.

Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

Veröffentlichungen wie „Schattenstädte“ prägen das offizielle Bild der „Shadowrun“-Spielwelt. Da der Platz in einer solchen Publikation begrenzt ist, gilt es einen Kompromiss zwischen Anzahl und Detailtiefe der Beschreibungen zu finden. Wer also auf der Suche nach einer umfassenden Informationsquelle zu einem der beschriebenen Megaplexe ist, sollte vorsichtig sein. Eine Art neuen Seattle-Quellenband wird man hier vergeblich suchen. Wer hingegen nur Inspirationen sucht und ein abgestecktes Gebiet mit offiziellen Richtwerten benötigt, sollte einen genaueren Blick in diese Schattenstädte der Sechsten Welt wagen.

Fazit: Mit „Schattenstädte“ präsentiert Fantasy Productions einen weiteren „Shadowrun“-Quellenband zum neuen Regelwerk. Die Beschreibungen der Städte haben ihre Höhen und Tiefen. Während das Hongkong-Kapitel den Leser in seinen Bann zu ziehen vermag, wirkt das Seattle-Kapitel schon fast enttäuschend und universell übertragbar. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung kann ich daher nicht aussprechen, auch wenn mich persönlich der Hongkong-Hintergrund sehr begeistert hat.


Schattenstädte
Quellenbuch
Rob Boyle, Jason Levine, Lars Blumenstein u. a.
Fantasy Productions 2006
ISBN: 3-89064-776-6
192 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

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