S. Petersens Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen

Gut Ding will manchmal Weile haben, sagt das Sprichwort. So dauerte es bis zur deutschen Übersetzung dieses Bandes fast dreißig Jahre. Hat sich das Warten gelohnt?

von André Frenzer

Bereits 1988 erschien beim amerikanischen „Cthulhu“-Mutterschiff Chaosium „S. Petersen?s Field Guide to Cthulhu Monsters“, ein Jahr später das entsprechende Handbuch zu Kreaturen der Traumlande. Während sich die Originalausgaben mittlerweile zu begehrten Sammlerstücken entwickelten, erschienen verschiedene Neuauflagen und Übersetzungen. Nun liegt mit dem „Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen“ erstmals eine deutsche Übersetzung der „Field Guides“ vor, die beide Bände vereint.

Entgegen meiner in Rezensionen sonst üblichen Praxis, erst etwas über den Inhalt des Bandes zu erzählen, möchte ich hier zum Einstieg ein paar Worte über das Aussehen des Buches verlieren. Denn das „Bestimmungsbuch“ ist ein wahrer Augenschmaus: der Hardcoverband ist komplett vollfarbig gehalten. Während sich das Design grundsätzlich an den – ebenfalls vollfarbigen – Grundregelwerken orientiert, sind es die großformatigen Illustrationen, die den Band zu einem echten Hingucker machen. Jedem der vorgestellten Mythoswesen wurde eine großformatige Illustration spendiert, die oft von mehreren Skizzen und Detailzeichnungen unterstützt und ergänzt wird. Die Bilder stammen dabei aus der französischen Ausgabe des Verlages Sans Detour, die – vollkommen zu Recht – hohes Ansehen genießt.

Nachdem ich das Design also gebührend gelobt habe, widmen wir uns dem Inhalt. Auf insgesamt 128 Seiten stellt das „Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen“ über fünfzig cthuloide Schrecken vor. Knapp die Hälfte des Bandes wird dabei von Kreaturen aus den Traumlanden eingenommen, die in unserer Wachen Welt eher selten anzutreffen sind. Jede Kreatur wird dabei auf einer Seite umfassend beschrieben – mit optischen Merkmalen, Verhaltensweisen, Vorkommen und Verbreitung – sowie auf einer weiteren Seite umfassen illustriert.

Der Text ist dabei mit einer – für das deutsche „Cthulhu“ – ungewohnt humoristischen Note verfasst. Das Buch präsentiert sich selbst als eine Art Fachbuch, geschrieben von Mythosforschern im Feldeinsatz, die ihr gesammeltes Wissen nachfolgenden Generationen zur Verfügung stellen wollen. Vorworte, wie sie oft in wissenschaftlichen Fachbüchern zu finden sind, sind auch den jeweiligen Texten vorangestellt. Handschriftliche Kommentare anderer Leser lockern den Text auf. Was sich damit nicht in diesem Band findet, sind Spielwerte – die wären in einer solch hochwissenschaftlichen Abhandlung fehl am Platze. Damit wendet sich das Buch auch an eine deutlich breitere Leserschaft, kann es doch Lovecraft-Begeisterte im Allgemeinen ansprechen.

Schlussendlich bleibt mir nur ein Kritikpunkt, der den sehr positiven Gesamteindruck etwas schmälern mag: die etwas willkürliche Auswahl der vorgestellten Monstrositäten. Warum wurde zum Beispiel Cthulhu höchstselbst nicht in den Band aufgenommen? Warum wurden mit Cthoniern und Dholen recht ähnliche Kreaturen ausgewählt, während interessante Konzepte wie Die Farbe aus dem All fehlt? Hier fehlt mir das klar erkennbare Konzept, welche Kreaturen gewählt wurden – schlussendlich dürften es natürlich immer mehr sein.

Fazit: Das „Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen“ ist eine hervorragende Lesefibel für Lovecraft-Fans und „Cthulhu“-Spielleiter, die ihre Monstren ein wenig näher kennenlernen möchten. Die großartige Bebilderung, das elegante Design und die gehörige Portion Augenzwinkern, mit der die Wesen präsentiert werden, sorgen für einen guten Gesamteindruck. Empfehlenswert.


S. Petersens Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen
Quellenband
Sandy Petersen
Pegasus Spiele 2017
ISBN: 978-3957891099
128 S., Hardcover, englisch
Preis: EUR 19,95

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