Reiche des Glaubens

Das Imperium ist ein gläubiges Land. Mit all dem Chaos um sie herum und ständigen Bedrohungen von außen, zieht es die Menschen in die Kirchen und zur Religion. Doch gibt es nicht nur einen Gott im Imperium, sondern viele verschiedene, und jeder hat seinen eigenen Arbeitsbereich.

von Sebastian Thies

 

Mit „Reiche des Glaubens“ ist der dritte und vorerst letzte Band der „Reiche“-Reihe erschienen. Nach der Magie und dem Chaos befasst man sich jetzt also mit dem dritten großen Themenbereich: der Religion. Während die Magie nur von wenigen praktiziert wird und das Chaos eine Gefahr ist, von der die Bewohner des Imperiums glauben, dass es nur an den Grenzen des Reiches stattfindet, ist die Religion das Thema, welches jeden Einwohner des Imperiums beschäftigt. Das betrifft sowohl den kleinen Mann, der hin und wieder ein bescheidenes Opfer an einem Schrein bringt, um die Götter gnädig zu stimmen, wie auch den Priester, der sein ganzes Leben dem Glauben verschrieben hat – die Götter spielen im Leben der Menschen (und der anderen Rassen) immer wieder eine Rolle.

Das Layout ist wie gewohnt und von guter Qualität. Nachdem man im Magieband als Grundton Rot und beim Chaos Violett hatte, wurde hier die Farbe Blau gewählt. Die Illustrationen sind wieder von bekannter Qualität (insbesondere das Bild des Dorfgläubigen mit der kleinen Sau auf dem Kopf sei dem potenziellen Leser ans Herz gelegt).

Während „Reiche der Magie“ noch mit einer Kurzgeschichte und „Reiche des Chaos“ mit der handgeschriebenen Notiz eines Chaos-Kultisten beginnen, kommt in „Reiche des Glaubens“ der Gelehrte Hieronymus von Nuln zu Wort. Er liefert auf 15 Seiten einen Abriss über die Geschichte des Glaubens innerhalb der alten Welt. Dieser Text ist, genauso wie der einleitende Text von Amelie Meyer in „Kinder der gehörnten Ratte“, als In-Game-Text verfasst und kann so im Spiel direkt einem Spieler überreicht werden, der auf die Aufzeichnungen des Hieronymus stößt – soweit er denn lesen kann.

Während man im Grundregelwerk nur eine kurze Übersicht und die wichtigsten Punkte über die einzelnen Götter und in „Sigmars Erben“ noch ein paar Fakten über einzelne Kulte, die diesen Göttern angehören, bekommen hat, befasst sich „Reiche des Glaubens“ natürlich ausführlich mit diesem Thema. Neben den typischen Eckdaten, wie Oberhaupt der Kirche, Machtzentrum, Heilige Schriften, Symbole usw., werden die einzelnen Glaubensrichtungen genau beleuchtet. Neben der Beschreibung des Kults erfährt man hier die Glaubensgrundsätze und die Gebote der einzelnen Kirchen sowie den Ablauf der Initiation in den Priesterstand und die Beschreibung der Priesterschaft. Weiterhin werden die Strukturen der einzelnen Kirchen und die Gruppierungen innerhalb dieser aufgezeigt. Abgerundet wird das Ganze durch Informationen zu besonderen Ordensgemeinschaften, Tempeln und besonderen Persönlichkeiten der jeweiligen Religion. So hat jede Glaubensrichtung am Schluss ungefähr fünf oder sechs Seiten, auf denen sie genauestens beschrieben wird.

Neben den großen und anerkannten Religionen innerhalb des Imperiums gibt es aber noch viele lokale Riten und Brauchtümer, die auch ihre eigenen Gottheiten hervorgerufen haben. In einem Land wie dem Imperium, mit seinen vielen kleinen Siedlungen, die vom Rest der Welt abgegrenzt sind und nur hin und wieder in Kontakt mit der Außenwelt kommen, gibt es daher unzählige kleine Götter mit ihren lokalen Schreinen. Talismane, Aberglauben und Ahnengeister gehören somit genauso zum Bild des Imperiums, wie die Verehrung von Seelen besonders wichtiger Menschen nach ihrem Tod.

Darüber hinaus gibt es immer wieder Leute, die in ihrer Anbetung der Götter und der Auffassung, wie man seinen Glauben leben soll, ins Extreme geraten. Auch diese Gruppierungen werden in diesem Regelwerk behandelt. Von Gründen, die dazu führen können, dass man sich dem Extremismus anschließt, über extreme Gruppen der einzelnen Religionen, bis hin zum Verhalten als Extremist bekommt man auch Regeln und somit Charakterprofile, um einen Charakter zu spielen, der sich in diesen Sphären bewegt.

Neben den Göttern des Imperiums gibt es aber auch noch andere Religionen, die nicht vergessen werden sollten und in diesem Band auch nicht werden. So haben die anderen Rassen, wie die Elfen, Zwerge und Halblinge, ebenfalls ihren Glauben, welche im fünften Kapitel des Bandes behandelt werden. Außerdem werden hier die im Imperium verbotenen Götter erläutert. Mit einer detaillierten Beschreibung über Khaine, den Gott des Mordes, und einer Übersicht der vier Chaosgötter, welche im Chaosbuch genauer beschrieben sind, bekommt man eine bessere Einsicht in die Gläubigen, die sich dem Bösen verschrieben haben.

Eng mit der Religion verbunden sind auch der Kalender und die Feiertage, die das Leben im Imperium prägen. Kein Wunder also, dass der doch sehr rudimentäre Bereich im Grundregelwerk erweitert und ausgearbeitet wurde. Neben den Feiertagen, die im ganzen Imperium gefeiert werden, werden lokale Festivitäten vorgestellt, welche nur in den jeweiligen Ortschaften gefeiert werden. Einige Beispiele verdeutlichen dem Leser, um was es sich dabei handelt und wie er selbst solche Feiertage für seine Abenteuer entwickeln kann. Neben den im Jahr für alle Einwohner festgelegten Feiertagen, gibt es natürlich auch Tage, die für jeden einzelnen von Bedeutung sind. Dazu zählen Geburt, Hochzeit und etwa der Unkenruf, der schon aus dem Grundregelwerk bekannt sein sollte. Jedoch wurde jetzt alles viel ausführlicher behandelt, genauso wie auch die Tabelle mit den möglichen Prophezeiungen erweitert wurde.

Das siebte Kapitel beschäftigt sich mit den heiligen Stätten. Neben Tempeln und Schreinen, die man in den Städten kennt, kommt es auch immer wieder vor, dass man die sicheren Stadtmauern verlassen muss, um besondere Orte, die für den jeweiligen Glauben von Bedeutung sind, aufzusuchen. Jeder Glauben hat dabei seine spezifischen Präferenzen, wie so etwas auszusehen hat. Immer wieder gibt es auch Gläubige, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, einen besonderen Weg durch das Imperium zu nehmen. Solche Wallpfade findet man ebenfalls in diesem Kapitel.

Nachdem man sich nun also mit dem ganzen Hintergrundwissen vertraut gemacht hat, folgt der Teil des Quellenbuchs, der sich mit dem Spielercharakter und den Regeln beschäftigt. Zuerst bekommt man einen allgemeinen Einblick in das Priesterdasein, und nach den neuen Karrieren werden noch einmal die Wege, die ein Priester einschlägt, anhand der einzelnen Götter betrachtet. Außer den Charakteren, die sich einem Gott als Priester verschrieben haben, gibt es auch noch diejenigen, die ihrem favorisierten Gott ihren Waffenarm zur Verfügung stellen. Diese Templer, von denen auch einige an den Kreuzzügen teilgenommen haben, unterscheiden sich ebenfalls von Gott zu Gott, ja teilweise sogar innerhalb einer Glaubensrichtung, sodass jeder der bekannten Orden hier beschrieben und mit Regeln versehen ist, welche man dann in seiner Charakterlaufbahn einbauen kann.

Das nächste und letzte Kapitel liefert die ganzen neuen Wunder, die die Anhänger der einzelnen Götter wirken können, soweit sie denn die Gabe dazu haben. Die aus dem Grundregelwerk bekannten Zauber werden hier erweitert, sodass auch die Priester zu fähigen Streitern werden und nicht mehr neidisch zu den Magiern und ihren ganzen Sprüchen aus dem „Reiche der Magie“ blicken müssen. Mit einer erweiterten Tabelle für den göttlichen Zorn und einer optionalen Regel zu göttlichen Malen findet das Buch dann seinen gelungenen Abschluss.

Fazit: „Reiche des Glaubens“ kann, genauso wie seine beiden Vorläufer, die sich mit der Magie und dem Chaos beschäftigten, überzeugen. Sobald man einen Spieler in der Gruppe hat, der sein Dasein durch einen Gott leiten lassen möchte, oder gläubige NSCs ausarbeiten will, wird dieses Buch eigentlich zur Pflicht. „Warhammer“ überzeugt immer wieder mit seiner Qualität und das sowohl vom Inhalt, als auch von der Aufmachung her. Bleibt abzuwarten, wie sich das Ganze jetzt nach dem Lizenzwechsel weiterentwickeln wird.


Reiche des Glaubens
Quellenbuch
Eric Cagle, Andrew Kenrick, Andy Law u. a.
Feder&Schwert 2008
ISBN: 978-3-86762-023-9
256 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

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