Reiche des Chaos

Der Sturm des Chaos mag zwar überstanden sein, aber noch immer ist der faulige Atem des Chaos in der Alten Welt zu riechen. Neben der Bedrohung, die von außen auf das Imperium einwirkt, gibt es noch immer die Gefahr, die mitten im Reich besteht und wie ein drohender Schatten über Allem liegt. Es kann nicht lange dauern, bis das Imperium sich wieder einer großen Schlacht stellen muss. Aber biis dahin gibt es noch genügend Arbeit innerhalb der eigenen Grenzen.

von Sebastian Thies

 

 

Obwohl schon auf den ersten beiden Seiten des Buchs ein Anhänger des Chaos sein Urteil zu diesem Werk kundtut und dieses gerade am Verreißen ist, möchte ich hier doch meine Meinung dazu äußern und hoffen, dass ich nicht ebenso wie der Autor des Buches dafür gefoltert werde, da ich dem Chaosjünger widersprechen muss und im Großen und Ganzen nur Positives darüber zu sagen habe.

Mit „Reiche des Chaos“ bekommt man das dickste Quellenbuch für „Warhammer“ bisher. Mit 320 Seiten ist es dicker als das ausführliche „Reiche der Magie“, ja sogar dicker als das Grundregelwerk selber, was sich aber beim Preis nicht bemerkbar macht. Das Layout hat sich zu den anderen Bänden nicht wirklich geändert. Etwas gewöhnungsbedürftig ist allein der häufige Einsatz der Farbe Lila – zwar passend zum Chaos, dennoch etwas ungewohnt. Die Bilder haben überwiegend noch immer die herausragende Qualität, wie man sie auch von den vorherigen Bänden kennt, doch leider fallen die ganzseitigen Zeichnungen gegenüber den früheren etwas ab.

Inhaltlich ist das Buch in vier große Bereiche unterteilt. „Der Innere Feind“ beschäftigt sich mit den Gefahren, die innerhalb des Imperiums auf die Einwohner wartet. Aus diesem Grund ist der Titel, der von der alten „Warhammer“-Kampagne abstammt, auch passend gewählt. Teil zwei mit dem Titel „Schatten des Chaos“ hat als Themenschwerpunkt die Tiermenschen und Chaosbestien. Ebenfalls eine große Gefahr für das Imperium von innen und von außen, müssen diese Kreaturen aufgrund ihrer Erscheinung in den Schatten der Wälder existieren. Von dort aus planen sie ihre Schläge gegen die Menschen und ihre Verbündeten. Darauf folgt „Die Chaoswüste“, die unmenschliche Landschaft im Norden des Imperiums, welche die Barbaren und die Anhänger des Chaos beheimatet. Der letzte Teil „Das Reich des Chaos“ behandelt die magischen und dämonischen Sphären des Chaos.

Der innere Feind


Die Gefahr, die das Chaos auf die Alte Welt im Allgemeinen und das Imperium im Besonderen ausübt, existiert schon seit Menschengedenken. Ein geschichtlicher Rückblick, der gleichzeitig die Einführung in das Buch darstellt, bietet hier sowohl einen Einblick in die Materie.

Wie schon gesagt, beschäftigt sich dieser erste Teil mit den Gefahren, die innerhalb des Imperiums lauern, und eine der wohl am weitest verbreiteten ist die der Mutanten und ihrer Mutationen. Es werden Theorien beschrieben, wie es zu so etwas kommen kann, und die verschiedensten Gebrechen werden genau erklärt. Da die Mutationen jeden treffen können, gibt es auch eine ausführliche W1000 Tabelle, die einige Spieler das Fürchten lehren dürfte. Viele derjenigen, die mit solchen Mutationen gebranntmarkt sind, verschreiben sich auch der dunklen Seite und schließen sich geheimen Kulten an. Diese bergen mit ihrer Organisation wohl die größte Gefahr für den Staat in sich, da sich hierin auch ganz normale Bürger, ja sogar Adlige, reiche Geschäftsleute und andere Personen mit Macht den Chaosgöttern verschrieben haben und somit das Imperium von innen her zerfressen. Für jeden der vier Chaosgötter gibt es Beispielskulte, welche man teilweise schon aus anderen Büchern kennt. Hier sei nur die Violette Hand genannt, die nicht nur die Spieler in der Kampagne der ersten Edition, sondern auch den Spielleiter über Jahre hinweg, zu verfolgen scheint.

Neben ihrer Macht durch ihre Position besitzen die Kulte meist auch noch unheilige Reliquien, mit denen sie ihre Macht mehren und andere in den Wahnsinn treiben können. Neben Artefakten verschiedener Art werden Bücher, die sich mit dem Thema Chaos beschäftigen, erläutert.

(Eine kleine Anmerkung am Rande. Man nimmt ja immer wieder vielerlei verschiedene Gefahren auf sich (hin und wieder schneidet man sich am Papier), um genaue und gute Rezensionen über Rollenspielbücher zu verfassen, doch was muss ich bei den Zauberbüchern lesen? Hier wird ein Standardwerk mit dem Namen „Reiche des Chaos“ erwähnt, dessen Autor dem Wahnsinn verfallen ist. Auch dem Leser kann dies beim Lesen dieses Werkes passieren. Ich hoffe mal, das meine WK-Probe gelungen ist, sonst steuere ich direkt auf eine Geisteskrankheit zu.)

Schatten des Chaos

Während die Mutanten und die Kulte ihr Unwesen eher in der Dunkelheit der Städte treiben, halten sich die Tiermenschen und die Chaosbestien eher in den Schatten der Wälder des Imperiums auf und lauern auf unvorsichtige Reisende. Die Anzahl und Vielfalt dieser Monster ist groß. So bekommt man hier Wissenswertes etwa zu den Gors und ihren ganzen Untergruppen, zu den Centigors und den Minotauren geboten. Neben diesen genauen Beschreibungen der Kreaturen gibt es auch noch Hintergründe, Hinweise zum Verhalten, Regeln, wie man eine Kriegsherde zusammenstellt, und Regeln, wie man solche Kreaturen auch als Spielercharaktere erschaffen kann. Außerdem werden hier noch typische Chaosmonster vorgestellt, die den Spielern, soweit sie denn für die gute Sache kämpfen, Kopfzerbrechen bereiten können. Der Chaosdrache hingegen dürfte wohl vom Spielleiter nur dazu eingesetzt werden, wenn er keine Lust mehr auf die aktuelle Gruppenkonstellation hat und lieber neue Charaktere in der Gruppe haben will.

Ebenfalls in diesem Teil des Buches findet man ein kleines Kapitel, welches sich mit denjenigen beschäftigt, die sich gegen das Chaos stellen. Hexenjäger, Exorzist und Pantherritter sind an sich zwar interessant und bergen auch einige nützliche Informationen, dennoch wirken sie hier etwas fehl am Platze.

Die Chaoswüste

Neben den Gefahren innerhalb der Landesgrenzen, gibt es natürlich auch die, die von außen immer wieder das Land in Unruhe versetzen. So gibt es zwar mit Kislev noch einen kleinen Puffer bis zum Imperium, aber dennoch herrscht eine durchgehende Bedrohung durch die Chaosmächte im Norden. Nicht selten kommt es zu Beutezügen der nördlichen Barbaren, auch Norse genannt, die mit ihren Schiffen über den Krallensee kommen. Ihre Heimat Norsca wird genauso beschrieben wie auch ihre Kultur. Mit den dazugehörigen Regeln für die Charaktererschaffung dieser Nordmänner ist also alles gegeben, um auch Spielern den Genuss eines solchen Barbaren zu gönnen. Die Karrieren, die hier gegeben werden, können auch für die anderen Barbarenvölker, die als nächstes erläutert werden, Verwendung finden. Neben den Norse gibt es nämlich noch die Kurgan, Hung und Tong. Ebenfalls findet man auch etwas über die Chaosrassen der Zwerge und Elfen. Während es für die Chaoszwerge sogar Regeln zum Erschaffen eines Charakters gibt, werden die Dunkelelfen nur am Rande erwähnt. Hier muss man wohl auf ein Rassenbuch warten.

Doch das ist nicht alles. Immer wieder gibt es Anhänger des Chaos, die die Gunst ihrer Götter erlangen und zu auserwählten Streitern für die chaotischen Mächte werden. Diese Chaoskrieger gehören zu den fähigsten Kämpfern auf der Welt und mit Gaben durch die Chaosgötter erlangen sie Fähigkeiten, die für normale Menschen unerreichbar sind. Auch für diese Kreaturen gibt es Charaktererschaffungsregeln. Neben den Gaben und Malen, die sie von ihren Göttern erhalten. haben sie auch Zugriff auf magische Waffen und Rüstungen. Regeln zum Erstellen solcher werden ebenso geliefert, wie mehrere Beispielartefakte.

Während es im Grundregelwerk eigentlich keine Regeln für Chaosmagier gab, wird hier nun Abhilfe geschaffen. In diesem Teil sind auch Karriereschemata enthalten, mit denen es den Magiern der chaotischen Mächte möglich ist, eine Karriere zu verfolgen, wie für die Magier des Imperiums seit „Reiche der Magie“.

Das Reich des Chaos

Der letzte Teil beleuchtet die Sphären des Chaos, die wohl die wenigsten Bewohner der Alten Welt jemals erleben dürften. Nach einer detailgetreuen Beschreibung der vier Chaosgötter und einem Einblick in die unwirklichsten Orte nahe des Warptors im Norden, widmet sich das nächste Kapitel der chaotischen Magie. Zu den ausgearbeiteten Karrieren im vorherigen Teil, gibt es nun auch neue Spruchlisten, die die wenigen Sprüche aus dem Grundregelwerk erweitern. Eigene Sprüche für drei der Chaosgötter (Khorne gewährt seinen Anhängern keine Magie) machen nun auch Chaosmagier zu einer richtigen Bedrohung für die Spieler.

Ebenfalls eine Bedrohung stellen die dämonischen Schergen der Chaosgötter dar, die von den Magiern beschworen werden können. Es finden sich erneut Regeln zum Erstellen dieser, außerdem gibt es Werte für die bekanntesten Dämonen aus der „Warhammer“-Welt. Abgeschlossen wird dieser Teil mit der Beschreibung der Dämonenprinzen, den wohl mächtigsten Anhängern der Chaosgötter und dem Tödlichsten, dem man in der „Warhammer“-Welt gegenüberstehen kann.

Fazit: „Reiche des Chaos“ gehört mit zu den wichtigsten Büchern für das „Warhammer“-Rollenspiel neben dem Grundregelwerk und „Reiche der Magie“. Man kann zwar auch ohne diesen Band spielen, aber man findet hier einfach so viele nützliche Informationen und Ideen, dass man nur schwerlich darauf verzichten kann. Dadurch, dass man auch noch Regeln bekommt, wie man Charaktere für Chaoskrieger und Co. erschafft, hat man nicht nur die Möglichkeit, auch mal eine böse Gruppe zu spielen, sondern man kann obendrein detaillierte Feinde erschaffen, die viele Facetten aufweisen. Ich kann nur sagen, es ist immer wieder eine Freude, die wirklich gut geschriebenen Regelwerke von „Warhammer“ zu lesen und man erwartet stets sehnlichst die nächste Publikation.


Reiche des Chaos
Quellenbuch
Robert J. Schwalb
Feder&Schwert 2007
ISBN: 978-3-86762-003-1
320 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

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