Rauch und Schatten

Hinter den Kulissen einer amerikanischen Fernsehserie um einen als Ermittler arbeitenden Vampir geht es nicht geheuer zu. Schatten scheinen sich nicht länger an ihre zugehörigen Körper zu halten und entwickeln ein unangenehmes Eigenleben, das schließlich im Tod einer Nebendarstellerin resultiert. Nein, bei der Produktionsfirma CB liegt einiges im Argen, was die herkömmliche Polizei nicht aufklären könnte. Wie gut, dass Tony Foster bei dieser Serie arbeitet und seinen (echten) Vampirfreund Henry Fitzroy für den Fall begeistern kann.

von Christian Humberg

 

„Rauch und Schatten“ ist ein neuer Roman von Tanya Huff, mit welchem die bekannte Autorin den Geschichten um ihren Helden, den Vampir Fitzroy, einen neuen Start gibt. Und dieser gelingt hervorragend. Aus früheren Werken wie dem „Chroniken des Blutes“-Zyklus ist Fitzroy dem Leser schon vertraut, hier betrachtet er ihn mal aus einem neuen, passiveren Blickwinkel.

 

Denn der eigentliche Protagonist des vorliegenden Romans, auch dabei scheint es sich um einen Zyklusbeginn zu handeln, ist der noch junge Tony Foster, eine ehemalige Lieb- und heutige Freundschaft Henrys. Tony arbeitet als Produktionsassistent bei „Darkest Night“, einer relativ durchschnittlichen und knapp budgetierten Genreserie aus dem Horrorsektor. Neben dem alltäglichen Wahnsinn, den Huff übrigens sehr gelungen und auch sehr amüsant wiederzugeben versteht, beschäftigt ihn maximalst noch, wie er beim gut aussehenden Nebendarsteller landen kann. Da geschieht plötzlich ein mysteriöser Todesfall am Set, in dessen Nachbeben sich interessante Wahrheiten über einige Mitarbeiter der Produktion offenbaren. So stammt Arra, eine Kollegin aus der Abteilung für Spezialeffekte, sogar von einer anderen Welt. Und offensichtlich ist sie nicht allein gekommen...

 

Zwischen Szenebetrachtung und Mythologie

 

Vampirromane sind nicht erst seit den Frühwerken Anne Rices ein Steadyseller im Bereich der Gruselliteratur. Und wo etwa die immer kruder werdenden Geschichten der Lestat-Schöpferin Rice mittlerweile selbst hartnäckigste Stammleser vergraulen, schafft es Tanya Huff scheinbar mühelos, dem Subgenre immer wieder neue Facetten abzugewinnen. In „Rauch und Schatten“ verlegt sie ihren Blutsaugerkosmos kurzerhand in eine Fernsehproduktion.

 

Zwar bedankt sich die Autorin beim Stab der (mittlerweile übrigens längst wieder eingestellten) Krimiserie „Nero Wolfe“, bei welcher sie für den vorliegenden Roman recherchieren durfte, die aber heute maximal noch wegen Co-Darsteller Timothy Hutton interessant ist, doch fällt dem geneigten Geek nicht schwer, die eigentliche Inspiration zu erkennen. Amerikanische TV-Serie über einen Vampir, der Kriminalfälle löst? Gering budgetiert, in Kanada gedreht? Hmmm... Couch Potatoes mit ein paar Jahren Seherfahrung erinnern sich sicher noch gerne an „Nick Night“ (engl.: „Forever Night“), eine real existierende, immerhin auf drei Staffeln kommende Serie, die Huffs Kreation „Darkest Night“ frappierend ähnelt. Netter kleiner Verweis, den die Autorin hier einbaut. Überhaupt Verweise: Was soll man Schlechtes über einen Roman schreiben, in dem sich Figuren darüber beklagen, dass eine überlastete Praktikantin gekündigt habe, um zu „Smallville“ zu wechseln – wo sie jetzt Kaffe kochen muss? Eine wahre Fundgrube für Serienjunkies!

 

Doch nicht nur die Hintergründe sind gut recherchiert, auch die eigentliche Handlung versteht zu überzeugen. Die Bedrohung aus Arras Welt, der sich die unfreiwilligen Helden entgegenstellen müssen, wird sehr atmosphärisch beschrieben, wie auch alle anderen Charaktere von Huff liebevoll und lebendig zu Papier gebracht wurden. Der Schreibstil ist flüssig, humorvoll und sehr gut lesbar, die Handlung folgt gezielt ihren Wegen und verliert dabei zu keiner Zeit den Leser aus den Augen.

 

Fazit: „Rauch und Schatten“ ist ein neuer Vampirroman von Tanya Huff, in dem die Autorin zwar zum Teil auf aus früheren Büchern bekanntes Personal zurückgreift, der aber auch von Neulesern problemlos genossen werden kann. Die Geschichte ist originell und spannend, der Hintergrund einer TV-Produktion erfrischend anders und sehr lebendig und realitätsnah geschildert. Das vorliegende Buch ist in sich abgeschlossen, scheint aber auf einen neuen Zyklus hinzuarbeiten. Auf diesen kann man sich freuen, sollte die hier gezeigte Qualität beibehalten werden. Ein sehr empfehlenswerter (und preisgünstiger) Roman für Vampirfans und Couch Potatoes.


Rauch und Schatten
Horror/Mystery-Roman
Tanya Huff
Feder&Schwert 2006
ISBN: 3-937255-80-4
498 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,95

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