Ränkespieler & Rivalen

Der Abenteuerband Nr. 124 enthält drei DSA-Gruppenabenteuer für drei bis fünf Einsteiger-Helden. Diese drei Abenteuer gingen als Sieger des Abenteuer-Wettbewerbs zum jährlichen Spielertreffen „Hannover spielt!“ im Jahr 2003 hervor. Die Komplexität ist für den Meister wie für die Spieler eher als mittelschwer einzuschätzen, wobei für alle drei Abenteuer durchaus die Möglichkeit besteht, dass der Meister den Schwierigkeitsgrad und die Nebenfiguren/-handlungen ausbaut. Alle drei Abenteuer sind in der neueren Zeit 1026/27 BF angesiedelt. Allerdings lässt sich das dritte Abenteuer „Nach Rastullahs Willen“ auch ein paar Jahre früher oder später erleben.

von Jorge C. Kafka

 

„Ein Hauch von Schmerz“ verschlägt die Helden im Jahre 1026 BF in das Königreich Andergast mit seiner gleichnamigen Hauptstadt. Dort bietet sich ihnen die Möglichkeit, als Herausforderung für die Prüflinge der einzigen aber altehrwürdigen Magierakademie – dem Kampfseminar Andergast – gegen gutes Entgelt zu dienen. Das intrigante Gruppenabenteuer für drei bis fünf eher junge Helden mit niedriger bis mittlerer Erfahrungsstufe eignet sich durchaus auch für exotische Charaktere. Rassen wie Echsen, Mohas, Novadis oder Trollzacker würden das Szenario sehr beleben und dem Meister wie den anderen Mitspielern durchaus Anlass zu Verwicklungen, Anfeindungen oder Bestaunen geben. Das Abenteuer selbst könnte es zu einem erinnerungswürdigen Lebensabschnitt der Helden machen.

Obwohl das Grundszenario dem eifrigen „Harry Potter“-Leser („Harry Potter und der Zauberkelch“) mit seinem Zauberwettbewerb bzw. einer Zauberabschlussprüfung bekannt vorkommen dürfte, tut das dem Abenteuer keineswegs schlecht. Im Gegenteil: Wer wollte – vor allem als Nicht-Zauberkundiger – nicht schon einmal hinter die Mauern einer Magierakademie blicken? Und dann noch den Prüflingen als Gegner dienen? Gegen Gold? Die vier Prüfungstage gestalten sich für die Helden zunehmend als anstrengend, haben sie doch nicht nur gegen die Prüflinge in verschiedenen Situationen anzutreten, sondern müssen sich zudem um die Aufklärung einer ausgekochten Intrige unter den jungen Magiern bemühen. Für den Meister ist es eine nicht zu schwere Herausforderung, diverse Gerüchte zu streuen, mal zu lügen, mal die Wahrheit zu sagen, damit den Helden/Spielern ein wenig das Hirnschmalz kocht. Im finalen Kampf in einem Labyrinth kann der Meister sich so richtig austoben. Die Spieler natürlich auch. Für sie geht es bis an die Schmerzgrenze ihrer Helden – und darüber hinaus...

Auch wenn die Auflösung des Abenteuers nicht so richtig überzeugt, ist es ein interessant geschriebenes Szenario in einem magischen Kampfseminar. Die Behauptung, eine altehrwürdige andergastsche Magierakademie darzustellen, auf der altgediente Magister ihre Eleven ausbilden, kann das Abenteuer nicht wirklich tragen. So viel Intrige, Lüge, Falsch- und Bosheit und Betrug an einem Ort und in einer so kleinen Gruppe von angehenden Magiern und das alles unter der Nase eines Kampfmagiers mit Herz und Seele scheint dann doch eher zu viel des Schlechten. Weniger (dick aufgetragen) wäre mehr. Mit kleinen Überarbeitungen hier und da ist das Abenteuer seinen Sieg, den Kauf und das Spiel aber durchaus wert.

In „Artistenschuh und rote Bälle“ führt das Schicksal die Helden Anfang des Jahres 1027 BF ins Liebliche Feld, genauer: in die Stadt Methumis. Drei bis fünf Einsteiger-Helden treffen auf die adlige Artistenfamilie da Merinal und werden in die Fehde der Familien di Yaladan und della Tegalliani hineingezogen. Ein Hauch von Shakespeare umweht die Geschlechtertürme von Methumis, was dem Meister viel Gelegenheit gibt, die Sprache der Protagonisten und Beschreibung ihres Lebensraums wundervoll auszukleiden. Es fällt nur recht schwierig, den Helden eine einleuchtende anfängliche Motivation für ihr Handeln zu bieten. Ist der erste Mord geschehen und ein Unschuldiger im Karzer gelandet, darf sich der Held nicht Held mehr nennen, wenn er nicht zur Hilfe eilt. Die Verwicklungen und Intrigen sind schön ausgearbeitet, der Schlusskampf ist eine spannende Überraschung! Entlohnt werden die Helden diesmal mit reichlich Gold und Abenteuerpunkten. Viel Raum zum Improvisieren oder Ausarbeiten bietet dem Meister der Plan des Castellos der Herzöge zu Methumis, das dem Abenteuer beigefügt ist. Weiterhin sind die Dramatis Personae stimmig beschrieben. Abgerundet wird das preiswürdige Abenteuer durch einen Stadtplan von Methumis.

„Nach Rastullahs Willen“ soll es im gleichnamigen Abenteuer zugehen. Die drei- bis fünfköpfige Einsteiger-Heldengruppe darf sich aus allen möglichen Charakterklassen zusammensetzen. Allerdings ist es nicht von Schaden, wenn ein paar Charaktere novadisch oder tulamidisch sprechen können. Das Abenteuer ist nicht wirklich in der aventurischen Gegenwart angesiedelt, ebenso wenig ist es zwingend, es mit ‚frischen‘ Helden zu spielen; erfahrene Helden haben – nach entsprechender Anpassung durch den Meister – ebenfalls ihren Spaß.

Der Handlungsort ist die Wüste Khôm. Die Helden begegnen einem jungen Amaldaner, der sich auf dem Weg dort hin befindet und sie nach seiner Rettung bittet, ihn als ‚Gefolge‘ zu einem Novadi-Turnier zu begleiten. Das Turnier stellt sich als Brautkampf heraus, an dem der Edelmann teilnimmt. Den Spielern vermittelt sich eine vielleicht völlig neue Welt, als sie in die Sitten und Gebräuche der Novadis Einblick bekommen. Dem Meister bietet das Abenteuer sehr viele und gute Gelegenheiten, Atmosphäre zu schaffen und die Helden mit Klängen, Düften und Erzählungen in die Welt der Rastullah-Gläubigen zu entführen. Zunächst scheint sich die Aufgabe der Helden auf reines Zuschauen/-hören zu beschränken, doch nach ersten Ungereimtheiten und einem Mord beginnen die Recherchearbeiten der Spieler. Neben Wüstenromantik finden auch handfeste Intrigen statt, ganz nach dem Motto: 1. kommt es anders, 2. als man denkt! Reiterspiele, ein Wüstenrennen, tote und verschwundene Teilnehmer, eine sehr überraschende Wendung und ein märchenhafter Ausgang des Abenteuers mit einem rauschenden Fest überzeugen auf der ganzen Linie.

Fazit: „Ränkespieler und Rivalen“ enthält drei homogene und gut durchdachte Abenteuer, die alle ihren Siegerpreis wert sind. Stimmige Settings, überraschende Wendungen, viele Intrigen und natürlich die Macht der Liebe(nden) machen die Geschichten zu spannenden Abenteuern für die Helden. Als Meister kann man sich nur auf das vorliegende Material beschränken, was aber letztendlich den Abenteuern nicht gerecht wird, fordern sie doch alle dazu auf, entsprechende Regionalboxen oder Spielhilfen aus dem Hause Fanpro zu verwenden, um mehr Flair und mehr Basisinformationen für das Spiel zu liefern. Der Ladenpreis von 10,- EUR ist eine gute Investition, beschert diese doch mindestens drei abwechslungsreiche Rollenspielrunden unterschiedlicher Couleur.


Ränkespieler & Rivalen (DSA-Abenteuer Nr. 124)
Abenteuersammlung
Ira Bagusat, Armin Bundt, Tobias Hamelmann, Mark Wachholz
Fantasy Productions 2004
ISBN: 3-89064-386-8
54 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 10,00

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