von Frank Stein
„Radlands“ ist ein kleines, kompetitives Kartenspiel für zwei Personen von Daniel Piechnick, bei dem es darum geht, die drei Lager der gegnerischen Gang zu zerstören und die drei eigenen Lager gleichzeitig zu verteidigen. (Dabei sind die Lagerkarten etwas uneinheitlich. Manche, wie der Bunker, der Montagehof oder die Oase, scheinen wirklich eigene Lager zu sein, andere, wie der Raketenwerfer, der Reaktor oder das Siegestotem, wirken eher wie ein Teil eines größeren Lagers. Aber ob man nun um drei einzelne Lager oder ein Lager mit drei Modulen kämpft, ist reine Interpretationsfrage und ändert am Spiel gar nichts.)
Das Spiel kommt in einer kleinen Box daher, auf der sich schon die geniale Neon-Punk-Optik von Manny Trembley, und Damien Mammoliti zeigt. Im Inneren finden sich ein dünnes Regelheft, 106 Karten und 12 Wasser-Marker, die in der gleichen Optik gehalten sind und einen wesentlichen Startanreiz bieten, das Spiel mal auf den Tisch zu bringen. Die Karten sehen schon sehr cool aus! Sie weisen auch eine schicke Leinenveredelung auf, sodass sie sich besser mischen lassen, sofern man sie nicht sowieso in Sleeves hüllt. Das allerdings haben die Macher gar nicht vorgesehen, denn tut man es, sind die Karten direkt 1 mm zu breit, um noch in das schöne Papp-Inlay zu passen. Und nimmt man das raus, sind sie immer noch grenzwertig in der Höhe, um die Schachtel selbst zu passen (es geht, aber nicht gut). 1 bis 2 mm mehr bei der Schachtelgröße hätten hier den Unterschied ausgemacht. Immer wieder traurig, wenn Brettspielverlage so weit nicht denken, selbst heute nicht.
Das Spiel ist supereinfach, erfordert aber trotzdem einiges Knobeln. Zur Vorbereitung zieht man sechs Lager vom Stapel aus 34 individuellen Lagerkarten, von denen man drei vor sich auslegt. Dann bekommt man noch eine Wassertank-Karte, eine Plünderung-Karte, eine Übersichtskarte, drei Wasserplättchen und so viele Handkarten vom zentralen Stapel (der aus Gangmitgliedern und Ereigniskarten gemischt wurde), wie auf den Lagerkarten angegeben wird.
Gespielt wird in abwechselnden Zügen, wobei jeder Zug drei Phasen hat. In der Phase „Ereignisse“ prüft man, ob ein Ereignis ausgelöst wird. Im ersten Zug unmöglich, denn man muss ja erst einmal Ereignisse in den eigenen Countdown legen. Der läuft von 3 bis 1, wobei Ereignisse je nach der kleinen Zahl im Bombensymbol der Ereigniskarte (zwischen 3 und 0) gelegt werden. Ist schon ein Feld belegt (etwa die 2), kann kein weiteres Ereignis dort platziert werden. Es muss stattdessen eins weiter unten (also in dem Fall auf Position 3) gelegt werden. In der Ereignisphase eines Zuges werden auch alle Ereignisse ein Feld weitergerückt und rückt eins dadurch auf Position 1, wird es dann im nächsten Zug ausgelöst.
Danach heißt es „Auftanken“ erhält man eine Karte vom Zugstapel und drei Wasserrationen. Man erhält jede Runde diese drei Wasserrationen und kann auch nur maximal ein Wasser mithilfe der Wassertank-Karte aufsparen. Man sollte also möglichst alles Wasser in jeder Runde verbrauchen, denn ungenutztes verfällt.
In Phase 3, „Aktionen“, darf man dann Karten von der Hand ausspielen (kostet Wasser je nach aufgedrucktem Wert), Karten ziehen (kostet pro Karte 2 Wasser), Karten verschrotten (das löst einen Schrotteffekt aus, zum Beispiel kann man eine Karte ziehen, eine Karte reparieren/heilen oder einen Schaden anrichten), man kann Wasser speichern (wie eben beschrieben) oder Kartenfähigkeiten nutzen (kostet meist auch Wasser). Karten, die ausgelegt werden, kommen vor die drei Lager, wobei bis zu zwei Karten pro Lager zum Schutz desselben platziert werden können. Angriffe auf ein Lager des Gegners müssen immer erst an den Verteidigern vorbei, die entweder simple Punks sind (1 Lebenspunkt) oder Gangmitglieder (2 Lebenspunkte; diese können auch geheilt werden).
So wechselt man sich immer ab und versucht dabei, die eigenen Lager zu schützen und die gegnerischen zu zerstören. Die Mischung aus Ereignissen, Schrotteffekten und den Fähigkeiten der Gangmitglieder ermöglicht dabei ein hübsches Taktieren und sorgt für einen spannenden Spielverlauf ohne viel Downtime. Je nach Glück und Geschick der Teilnehmenden kann das Ganze dann zwischen 20 Minuten und einer Stunde dauern, alles in allem also ein Vergnügen, dass sich gut in einen Spielenachmittag integrieren lässt. Einziges Manko hier: Das Spiel ist nur für zwei Personen, also nicht für Spielgruppen geeignet.
Eine Regelunklarheit dürfte gern in Zukunft noch ausgebügelt werden: Kann man „Punks“ auch von der Hand ausspielen oder nur durch Schrotteffekte erhalten? Zum einen steht in den Regeln: Auch „Punks“ sind Gangmitglieder (S. 6) – und Gangmitglieder kann man aus der Hand spielen, Punks theoretisch also sogar kostenlos, weil sie keine Wasserkosten haben. Zum anderen würde das den Schrotteffekt „Punk vom Zugstapel spielen“ sinnlos machen, denn man könnte die zu verschrottende Karte auch einfach auf die Rückseite drehen und hätte einen Punk in der Hand. (Alle Karten haben den Punk auf der Rückseite.)
Fazit: „Radlands“ sieht super aus und macht als leichtes 2-Personen-Taktik-Spiel vor allem Leuten Spaß, die sich gern gegenseitig beharken. Die Regeln sind schnell erlernt und, bis auf ein paar kleine Sachen, gut verständlich. 34 individuelle Lager, die es zu verteidigen beziehungsweise zerstören gilt, sorgen zudem für Abwechslungsreichtum. Läge der Preis jetzt nicht bei 32,99 Euro, sondern 10 Euro niedriger, gäbe es eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. So sage ich: Wenn ihr auf neonbunte Apokalypse steht und genau einen guten Spielkameraden habt, haltet mal nach Sonderangeboten für „Radlands“ Ausschau.
Radlands
Daniel Piechnick, Manny Trembley u. a.
Roxley Games/Grimspire 2022
EAN: 7421098107830
Sprache: Deutsch
Preis: 32,99 EUR
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