von André Frenzer
„Die Schwarze Katze“ ist der feline Ableger des bekanntesten deutschen Rollenspiels, „Das Schwarze Auge“. Hier schlüpfen die Spielenden in einer Art aventurischen Variante des „Gestiefelten Katers“ in die Rolle von sogenannten Erwachten: aufrecht gehende, sprechende, denkende und fühlende Katzen. Mittlerweile stehen auch Hunde, Füchse und allerlei andere Vierbeiner als Spielercharaktere zur Auswahl. Die vorliegende Abenteueranthologie „Puppentanz“ richtet sich jedoch deutlich an Katzen als Charaktere und nutzt auch das im Grundregelwerk ausführlich vorgestellte Havena-Setting. Hier spielen sich drei Szenarien ab, welche sich recht deutlich an Einsteiger richten und ihnen sowohl das Setting, aber auch das Spiel als Katze näherbringen.
Das erste Szenario, das titelspendende „Puppentanz“, konfrontiert die erwachten Helden mit ungewöhnlichen Ereignissen. Denn im Haus der starren Menschen – Langbeiner würden es schlicht als Museum bezeichnen – geht es nicht mit rechten Dingen zu. Der dort wohnende Kater Methus muss seine Heimat fluchtartig verlassen, denn unversehens beginnen die – doch eigentlich starren – Puppen der Ausstellung, den Kater zu streicheln. Aufgelöst wendet er sich an die Charaktere und bittet sie, dem seltsamen Treiben auf den Grund zu gehen. Im zweiten Szenario, „Der dunkle Rächer“, werden die Charaktere mit einigen der namhafteren Charaktere des Settings bekannt gemacht. Denn niemand anders als die Unterweltgröße Don Gato richtet sich an die Gruppe, um ein pikantes Problem zu beseitigen. Eines seiner Lokale ist von einer maskierten Katze, welche sich als Rapiro Floretti bezeichnet (Kennern des aventurischen Settings dürfte dieser Name aus Groschenromanen vertraut sein), überfallen und ausgeraubt worden. Auf der Suche nach dem Täter stoßen die Charaktere auf einen tragischen Hintergrund und es steht zu hoffen, dass sie tatsächlich die Seiten wechseln. Auch das dritte Abenteuer, „Nasser Pelz“, führt wichtige Personen des Settings ein, denn niemand Geringeres als Kaiserin Rohaja, die inoffizielle Anführerin der Erwachten Havenas, ist verschwunden. Es gilt, sie möglichst vor dem nächsten Hofball wiederzufinden, damit kein heilloses Durcheinander entsteht.
Alle drei Szenarien bieten sich wunderbar als Einstieg in die Welt der „Schwarzen Katze“ ein, denn sie haben einige Gemeinsamkeiten. Zum einen zeigen sie wunderbar, welcher Art die Abenteuer einer erwachten Katze sein dürften und spielen schön mit den Mitteln, welche einer Katze im Gegensatz zu einem Menschen zur Verfügung stehen: Offene Dachfenster sind ideale Einstiegspunkte in ein Haus, ein herumlungerndes Hunderudel ist ein echtes Problem und eine verschlossene Tür stellt ein nahezu unüberwindbares Hindernis dar. Gleichzeitig bringen alle drei Abenteuer eine gesunde Portion Humor an den Spieltisch, welche dem Setting inhärent ist. Und zum guten Schluss lassen sich alle Szenarien ohne den Einsatz „echter“ Gewalt lösen – wenn man mal von ein paar Kopfnüssen oder Ohrbissen, um den eigenen Standpunkt zu verdeutlichen, absieht.
Abseits von der guten Einführung ins Setting sind die Abenteuer handwerklich ordentlich aufbereitet. Es gibt für unterschiedlichste Geschmäcker etwas zu tun – Raufbolde kommen ebenso auf ihre Kosten wie Tüftler und Charmeure. Die Szenarien sind abwechslungsreich und stellen die Helden vor sehr verschiedene Aufgaben: sei es das Beruhigen eines umgehenden Geistes oder der Umgang mit einem Langbeiner, welcher kaum verstehen dürfte, was hier vor sich geht. An wichtige Karten wurde ebenso gedacht wie die Wiederholung der wichtigsten Spielwerte unterschiedlicher NSC. Naturgemäß sind die Szenarien in dieser Anthologie recht knapp beschrieben, allerdings ist auch die Handlung der einzelnen Abenteuer so überschaubar, dass der vorhandene Platz durchaus ausreicht. Das ist allerdings auch zugleich der größte Kritikpunkt an dieser Anthologie: Alle drei Szenarien setzen sich aus wenigen Szenen und nur wenigen Umwegen zusammen, sodass sie zum einen recht linear erscheinen, zum anderen recht kurz ausgefallen sind. Für Einsteiger mag das gut portioniert sein, erfahrenere Helden dürften sich aber größere Herausforderungen wünschen.
„Puppentanz“ ist im Stil des Grundregelwerks gestaltet. Das bedeutet ein aufgeräumtes, vollfarbiges Layout mit gut lesbaren, abgesetzten Textkästen für Spielwerte oder Zusatzinformationen. Die Illustrationen sind allesamt auf einem guten Niveau, wenn auch teilweise zweitverwertet. Lektorat und Korrektorat haben eine gute Arbeit abgeliefert, sodass technisch alles in Ordnung ist.
Fazit: Wer auf der Suche nach einführenden Szenarien für „Die Schwarze Katze“ ist, wird dank des gebotenen Abwechslungsreichtums hier mit Sicherheit fündig. Eine schöne Anthologie, die erfahrene Spielende aber etwas unterfordern dürfte.
Puppentanz
Abenteuerband
Philipp Baas, Florian Geyler, Carolina Möbis
Ulisses Spiele 2024
ISBN: 978-3-9873232-5-6
48 S., Softcover, deutsch
Preis: 19,95 EUR
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