Primal Power (v.4.0)

Nach „Martial Power“, „Arcane Power“ und „Divine Power“ liegt mit „Primal Power“ der nächste Erweiterungsband für die vierte Edition des „Dungeons & Dragons“-Rollenspiels vor. Die Erwartungshaltung orientiert sich klar an den bisherigen „Power“-Büchern. Somit drängt sich die zentrale und entscheidende Frage auf: Lohnt sich auch diese Erweiterung?

von Chris Sesterhenn

 

Wie bereits aus den Vorgängereditionen bekannt, gesellt sich über die Zeit so mancher Erweiterungsband zum „D&D“-Grundregelwerk. In der aktuellen vierten Edition ist jede Charakterklasse einer Art Energiequelle zugeordnet (Martial, Arcane, Divine und Primal). Die bisherigen Bände aus der Reihe der „Power“-Erweiterungen sind nach einem gemeinsamen Prinzip aufgebaut. Eine Abweichung innerhalb „Primal Power“ wäre eine große Überraschung. Wie der Titel es schon erahnen lässt, nehmen die neuen Powers und Feats – in diesem Band für die Primal-Klassen Barbarian, Druid, Shaman und Warden – den Mittelpunkt ein.

Bevor es ans Eingemachte geht noch schnell die trockenen Fakten – die äußeren Werte:

„Primal Power“ umfasst 160 Seiten und passt sich bezüglich Verarbeitungsqualität, Layout und Strukturierung der Inhalte nahtlos an die „Power“-Erweiterungsreihe an. Die solide Verarbeitung weiß wie immer zu überzeugen und sollte auch einem umfangreichen Einsatz am Spieltisch standhalten. Das Beibehalten von Layout und Aufbau der Inhalte erleichtert die Orientierung ungemein – frei nach dem Motto: „Kennt man einen Band der Reihe, kennt man alle“. Die zahlreichen farbigen Abbildungen und auch das Titelbild passen ebenfalls in das bisherige Konzept der vierten Edition, aber wie immer lässt sich über Geschmack bekanntlich hervorragend streiten.

Für mich wichtig: Der Wizards-of-the-Coast-Standard ist auch für diesen Band erfüllt. Doch wie bereits bei den vorherigen Bänden kritisiert, sucht man auch in „Primal Power“ einen Index (und diesmal sogar ein Glossar) vergeblich. Hier gibt es eindeutig noch Verbesserungspotenzial. Aber das hat jetzt schon Ansätze von Jammern auf hohem Niveau.

Deutlich interessanter wird es bei der Frage: Was steht denn nun drin? – zum Inhalt:

Die Autoren Mike Mearls, Eytan Bernstein, Logan Bonner, Rob Heinsoo und Robert J. Schwalb kommen in „Primal Power“ direkt zur Sache. Ohne viel Platzverschwendung (Einleitung und Inhaltsverzeichnis teilen sich gerade einmal eine Seite) geht es ab dem ersten Kapitel schon auf Seite 4 schon in die Vollen. Jedes der ersten vier Kapitel widmet sich einer der bekannten Primal-Klassen – zur Erinnerung: Barbarian, Druid, Shaman und Warden. Der Aufbau folgt jeweils einem einheitlichen Schema:

Playing a ... – hier werden zusätzliche Informationen zum Einsatz des jeweiligen Charakters in einer Abenteuerrunde bereitgestellt.

New Class Feature – für die erste Regelerweiterung werden zwei alternative Klassenfähigkeiten (für den Druid leider nur eine) zu den bereits im „Player’s Handbook 2“ bestehenden vorgestellt.

New Build – passend zu den neuen Klassenfähigkeiten wird in diesem Abschnitt eine Empfehlung für die Charaktergenerierung gegeben (für den Druid gibt es auch eine zweite, aber nicht auf eine neue Klassenfähigkeit bezogen).

New Powers – den Kern und überwältigenden Hauptanteil von „Primal Power“ bilden genau diese Abschnitte, welche die neuen Kräfte der jeweiligen Charakterklasse beschreiben.

New Paragon Paths – hier werden noch mehrere Entwicklungspfade für die jeweilige Charakterklasse aufgezeigt.

Insbesondere die zahlreichen neuen Kräfte bieten unzählige weitere Möglichkeiten zur individuellen Ausgestaltung der gewählten Charakterklasse. Einige Beispiele für die Neuerungen für die Primal-Klassen:

Der Barbarian erhält mit „Whirling Lunge“ eine Klassenfähigkeit, welche auf den Kampf mit zwei Handwaffen ausgelegt ist. Zahlreiche Powers sind darauf ausgelegt und erfordern den Einsatz von zwei Nahkampfwaffen.

Dem Druid stehen zwei neue Ausrichtungen zur Auswahl: „Swarm Druid“, hier besteht der Insektenschwarm als Quelle der Kraft, und der „Summoner Druid“, der durch seine Kräfte Tiere zur Unterstützung herbeirufen kann.

Auch für den Shaman halten die neuen Kräfte viele Variationsmöglichkeiten bereit, wobei der unterstützende Charakter des Shaman weiter ausgebaut wird.

Für den Warden stehen die beiden Ausrichtungen „Life Warden“ und „Storm Warden“ zur Verfügung, welche jeweils nur dann zur Verfügung stehen, wenn der Warden auf das Tragen schwerer Rüstung verzichtet.

Kapitel 5 nimmt die verbleibenden (immerhin über 40) Seiten ein. Zuerst werden weitere Hintergrundinformationen über das Leben einer Primal-Charakterklasse gegeben. Gefolgt wird dieser Abschnitt von einer Beschreibung der wichtigsten und mächtigsten Geister, den sogenannten Great Elders. Für die Ausgestaltung des Hintergrunds eines Helden mit einer der Primal-Klassen gibt es ebenfalls neue Anregungen, wie Hinweise zur geographischen Herkunft des Helden oder rassenspezifische Aspekte. Diese Anregungen sind bei Weitem nicht vollständig, sondern eher eine Inspirationsquelle für eigene Überlegungen.

Bisher wurden sie zwar noch nicht erwähnt, aber sie wurden nicht vergessen – die obligatorischen neuen Fähigkeiten, welche in keinen Ergänzungsband fehlen dürfen. In „Primal Power“ erstreckt sich der Abschnitt New Feats über immerhin 13 Seiten. Wie in den bisherigen Bänden auch, ist das Angebot an allgemeinen (von allen Klassen verwendbaren) Feats sehr überschaubar – gerade einmal 12 für den Heroic Tier. Abgerundet wird das Kapitel von acht neuen Epic Destinies und acht neuen Ritualen, alle Nature-basiert versteht sich.

Zusammenfassend lässt sich kurz und knapp sagen: Die Erwartungen werden erfüllt, aber nicht übertroffen.

Bleibt die Frage: Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

Wie schon bei den bisherigen „Power“-Erweiterungsbänden gilt auch hier: Spieler einer Primal-Charakterklasse werden nur dann an „Primal Power“ vorbeikommen, wenn sie bereits im „Player’s Handbook 2“ alles gefunden haben, was sie sich für ihren Helden wünschen. Wer auch nur nach einer kleinen Modifikation sucht, erhält auch mit diesem Ergänzungsband erfreulich viele Alternativen angeboten. Somit sollte „Primal Power“ in keiner Spielrunde mit Primal-Charakterklassen fehlen. Als Fazit zu der gesamten Erweiterungsreihe ergibt sich, dass aus meiner Sicht für jede „Power“-Art in der Spielrunde auch ein Erweiterungsband verfügbar sein sollte.

Fazit: Mit „Primal Power“ präsentiert Wizards of the Coast einen soliden Ergänzungsband für „Dungeons & Dragons“ der 4. Edition, welcher diesmal den Primal-Charakterklassen eine Fülle an Neuerungen und Optionen bietet. Wer Gestaltungsalternativen für seinen Primal-Charakter sucht, kann unbesorgt zugreifen und mit neuen Fähigkeiten und Kräften zu weiteren Abenteuern aufbrechen.


Primal Power
Quellenbuch
Mike Mearls, Eytan Bernstein, Logan Bonner, Rob Heinsoo, Robert J. Schwalb
Wizards of the Coast, 2009
ISBN: 978-0-7869-5023-2
160 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 29,95

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