Port Royal – Das Abenteuer beginnt

„Es war ein ruhiges Leben. Ich lebte in Port Royal, handelte, heuerte, ging Risiken ein, gewann meistens, verlor aber auch manchmal. Alles war gut, bis mein Vater eines Tages durch meine Tür trat und mir eine schreckliche Nachricht überbrachte.“

von Kai Melhorn

Hinweis zu SPOILERN: Diese Rezi ist weitgehend spoilerfrei. Es wird Bezug genommen auf Ereignisse und Karten, die während des ersten Spiels erklärt und eingeführt werden. Weiterführende Mechaniken werden allenfalls angedeutet. Wird eine gänzlich spoilerfreie Einschätzung der Erweiterung gewünscht, um ein gänzlich unverfälschtes Spielerlebnis zu ermöglichen, empfehle ich direkt zum Fazit zu springen.

„Eine Truppe von Piraten war aufgetaucht, die wir noch nie gesehen hatten. Ein okkulter Haufen, von dem nichts Gutes zu erwarten war. Vater gab mir den Hinweis, dass diese üblen Kerle meine Mutter entführt haben könnten, denn sie war letzte Nacht spurlos verschwunden. Also machte ich mich auf die Suche nach Ihnen. Natürlich war diese Fahrt nicht das Ende der Geschichte, denn als ich schließlich wieder durch bekanntere Gewässer segelte, sah ich die Flotte des Gouverneurs auf uns zuhalten. ‚Mein Leben wird sich von nun an ändern‘, dachte ich und sollte Recht behalten. Das war alles erst der Anfang.“

Nachdem wir in diversen Runden unseren Spaß mit „Port Royal“ haben durften, wird das Spiel nun in dieser zweiten Erweiterung durch eine ganze Dimension erweitert: eine Geschichte und die verschlungenen Pfade, mit der sie einhergeht.

Nach der Story-Erweiterung von „Oh my Goods!“ bekam auch das etwas leichtere „Port Royal“ im Herbst 2017 eine spendiert. Leider wird in diesem Jahr eine Pause eingelegt und es wird keine Fortsetzung zur SPIEL 2018 geben. Es bleibt zu hoffen, dass wir in 2019 mehr Glück haben werden.
Doch kommen wir nun erst einmal zu Paket Nummer eins und was es uns zu bieten hat.

Das Material



Das Spiel besteht wieder zu 95% aus gleichgroßen Karten im bekannten Format, es kommen nur wieder ein paar Holzwürfel in verschiedenen Farben und die überschaubare Anleitung in Form eines Faltblatts hinzu.

Auch wenn das Spiel bei mir sicher nicht exzessiv gespielt wird, wurde es doch schon einige Male auf den Tisch gebracht. Die neuen Karten lassen sich dennoch nicht von den alten unterscheiden, was einerseits für die gute Qualität sprich und mich andererseits zu dem Schluss bringt, dass man sie nicht in Sleeves stecken muss.

Nimmt man das Inlay heraus, passen so das Grundspiel, die erste und die Story-Erweiterung in eine Schachtel. Das macht das ganze schöne kompakt und ist damit einer meiner Favoriten, wenn es darum geht, ein schönes Spiel einzupacken, was nicht gleich einen eigenen Koffer benötigt.

Das Spiel



Auf die Mechaniken des Grundspiels möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, dafür empfehle ich natürlich gerne meine Rezension zum Grundspiel.

Folgende Neuerungen sind hinzugekommen: die Story-Mechanik und Ereignisse, Spielercharaktere mit individuellen Fähigkeiten, Kronen, Gegenstände sowie neue Personen zum Heuern. Nicht neu, aber erwähnenswert: Das Spiel ist solo, kooperativ und kompetitiv spielbar.

Hinter der Story verbergen sich im Grunde Aufträge und neue Entwicklungen. Nachdem ein Spieler ein Stück der Geschichte laut verlesen hat, werden hin und wieder neue Karten in den Spielstapel gemischt und es wird ein Auftrag ausgelegt. Aber bei einem bleibt es nicht, denn mit der Erweiterung kommt der Ereignisstapel hinzu, der mit jedem Zug abgearbeitet wird. Ist der Stapel alle, geht es mit der Geschichte voran und es gibt neue Dinge zu erledigen. Dieser Zeitfaktor begrenzt das Spiel sowohl im kooperativen, als auch im kompetitiven Modus. Er treibt das Spiel voran und baut zudem Druck auf, denn die Geschichte entwickelt sich auch in Abhängigkeit des Erfolgs der Spieler. Ist ein Auftrag zum einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht erledigt worden, dann hat das Auswirkungen auf den Verlauf der nächsten Aufträge. Ein schönes Extra, wie ich finde. Es macht einfach Spaß, neue Elemente eines Spiels während des Spiels kennenzulernen.



Spielercharaktere kommen mit eigenen Fähigkeiten und unterschiedlichem Startkapital daher. Die Fähigkeiten sind normalerweise keine großen Neuerungen, sie bringen zum Beispiel einen Säbel oder zusätzliches Geld ein. In Summe ein kleines Element, wobei ich mir nicht sicher bin, ob die Charaktere alle gut ausbalanciert sind.

Die neu eingeführten Kronen sind eine weitere Möglichkeit, Siegpunkte zu erhalten, und Gegenstände sind neue Elemente der Schiffe, werden als neue Karten eingeführt und für Aufträge benötigt. Neue Personen mit neuen Fertigkeiten werden im Laufe des Spiels eingeführt und können auf gewohntem Wege angeheuert werden.

In den Spielverlauf, wie man ihn kennt, wird abgesehen von den Ereignissen nicht eingegriffen. Man beginnt mit dem Aufdecken des neuen Ereignisses und geht dann von der Entdeckungsphase über zu Handeln & Heuern. Alles fühlt sich sehr natürlich an und man muss sich kaum umgewöhnen. An Komplexität nimmt das Spiel aus meiner Sicht nur wenig zu.

Fasst man alle diese Neuerungen zusammen, fällt es schwer, sie jeweils einzeln als Revolution oder den großen Wurf zu bewerten. In diesem Fall macht einfach die Summe der einzelnen Teile ein schönes, rundes Paket. Aber ich will nicht vorgreifen, mehr dazu im Fazit.

Ein Auftrag geht noch … wirklich?



Bezüglich der Kompatibilität zu der ersten Erweiterung wird in den Regeln nichts erwähnt und ich habe es selbst nicht ausprobiert. Aus meiner Sicht macht es aber wenig Sinn, die beiden Erweiterungen zu kombinieren, denn der Story-Verlauf ist sehr auf den Ereignisstapel optimiert und es macht innerhalb der Story auch wenig Sinn, dass man sich anderen Aufträgen zuwendet, als in der Story vorgesehen. Daher würde ich dem Normalspieler davon abraten, die Erweiterungen zu kombinieren.
 
Fazit: Bitte mehr davon. Es ist schön zu sehen, wie mit einfachen Mitteln ein gutes Spiel noch dazugewinnen kann. Jedes Element in der kleinen Box dient dem Zweck, mehr Leben und mehr Thema ins Spiel zu bringen. Jedes Element macht den Wechsel zwischen Entdecken und Handeln/Heuern weniger mechanisch. Alles ergibt irgendwie mehr Sinn. Fand ich den kooperativen Modus der ersten Erweiterung noch eher fade, ist er hier auf einmal unerlässlich: Man will das Abenteuer schließlich gemeinsam durchstehen. Einen kleinen Haken hat das Ganze aber dennoch: Der kompetitive Modus fügt sich nicht nahtlos in die Story ein. – Das Spiel wird durch diese Erweiterung nicht revolutioniert, sondern neu erfunden. Wenn man „Port Royal“ spielen möchte, sollte man es nicht mehr ohne diese Erweiterung machen.

Port Royal – Das Abenteuer beginnt
Kartenspiel-Erweiterung für 1 bis 4 Spieler ab 8 Jahren
Alexander Pfister
Pegasus Spiele 2017
EAN: 4015566023383
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 9,95

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