von Bernd Perplies
Das Ganze beginnt im Mai 1340 NGZ mit den Einweihungsfeierlichkeiten für den Circinus Maximus, eines gewaltigen Klinikums auf dem Planeten Tahun. Perry Rhodan und sein Außenminister Julian Tifflor nehmen als Vertreter der Liga Freier Terraner an dem Ereignis teil. Doch sie haben kaum die ersten Hände geschüttelt, da geraten sie in einen Hinterhalt, werden entführt und auf einer fremden Welt fernab aller belebten Raumrouten abgesetzt. Sie finden ihre Körper aufwändig operativ verändert vor und fühlen sich trotz Zellaktivatoren seltsam geschwächt.
Auf der Suche nach Rettung treffen sie auf die tischartigen Aerimi, die in einem organischen Flugvehikel, einem Dsipraen, als fahrende Künstler von Siedlung zu Siedlung fliegen und als Volk das Siechtum verehren, denn es macht sie ihrer Folklore zufolge zu Auserwählten der Götter, die nur die Schwächsten abholen und mit sich ins Elysium nehmen. Rhodan und Tifflor vermuten mehr hinter diesem vermeintlichen Garten Eden und stellen Nachforschungen über dessen Lage an. Tatsächlich finden sie Hinweise, inklusive eines geheimen Zugangs. In Begleitung des krankhaft gesunden und kaum weniger neugierigen jungen Aerm Blaett Gondüb schleichen sich die beiden Terraner ins Elysium ein – und was sie dort finden, gleicht eher der Hölle als dem Himmel auf Erden.
Der österreichische Kabarettist und „Perry Rhodan“-Stamm-Autor Leo Lukas, der den Auftaktroman der neuen „Perry Rhodan“-Reihe beim Heyne-Verlag verfasst hat, schlägt mal wieder zu. Auf der einen Seite beschreibt er spannend und in einer perfiden Mischung aus unangenehmen Details und nicht minder unangenehmen Andeutungen die auf dem Planeten Jaimbor/Neu-Tolimon herrschenden Verhältnisse. Dadurch zeichnet er sich als Autor aus, dem ernsthafte, ja bittere Unterhaltung vortrefflich aus der Feder fließt.
Gleichzeitig durchmischt er das Ganze aber einmal mehr mit Absurditäten, die schon fast die Schmerzgrenze erreichen. Wer bitte kommt auf die Idee, eine Spezies zu erfinden, die aussieht wie ein Tabletop-Spieltisch oder, hier etwas konservativer ausgedrückt, ein Tisch mit einer Modelleisenbahnlandschaft? Büschelförmige Sinnesorgane, kurze Greifarme und so geannte Verzehrteiche bedecken eine runde oder vieleckige Kopfplatte, die – je nach Alter des Aerm – auf drei bis sieben Beinen steht. In Anwesenheit von Fremden verfallen sie in Starre (weswegen man sie leicht mit Möbelstücken verwechselt), sie singen gerne und telepathisch und am liebsten fangen sie sich unheilbare Seuchen ein. An verrückter Fantasie hat es Leo Lukas noch nie gemangelt, und das stellt er hier erneut unter Beweis.
Erfreulich kurzweilig gestaltet sich das Zusammenspiel der zwei uralten Freunde Perry Rhodan und Julian Tifflor. Hier gönnt das Autorenteam der Hexalogie den Fans zwei echte Hauptfiguren des Heftroman-Universums als Protagonisten, die sich im Stile eines Buddy-Movies durch die Ereignisse schlagen, wobei Tifflor den Part des Aktiveren übernimmt und Rhodan den des Planers – auch wenn er anfangs ziemlich angeschlagen wirkt (ein Umstand, der später leider nicht mehr näher erklärt wird).
Parallel zu den Erlebnissen des Terraner-Duos wird aus der Ich-Perspektive die Geschichte der Person erzählt, welche die beiden erst entführt und in die missliche Lage gebracht hat. Aus welchem Grund das geschieht, bleibt vorerst ein Rätsel, auch für den eiskalten Attentäter, dessen Auftrags-Details sich erst sukzessive durch die Injektion spezieller Phiolen enthüllen. Der überblicksartige Lebenslauf von Einundsiebzig entspricht dem an anderer Stelle bereits schon einmal analysierten Konzept der „Perry Rhodan“-Romane, private Schicksale mit der Haupthandlung parallel zu erzählen, bildet indes in diesem Fall tatsächlich eine nette Abwechslung zum Handeln der bekannten Figuren – vor allem, weil es sich Leo Lukas nicht nehmen lässt, gegen Ende noch eine nette Überraschung einzubauen.
Das Buchcover sieht wild und dynamisch aus, hat aber meines Erachtens nicht viel mit der Handlung zu tun. Als Bonusmaterial wird jedem Band der „Ara-Toxin“-Reihe eine Kurzgeschichte angefügt, die andere Facetten des Ara-Volkes zeigen sollen. Den Auftakt macht Autor Ernst Vlcek. Eine nette Idee, die mir persönlich besser gefällt als die Wanderung durch das Whistler-Museum von Terrania im vorigen „Posbi-Krieg“-Zyklus.
Fazit: Alles in allem stellt „Die galaktischen Mediziner“ einen gelungenen Auftakt in die neue „Perry Rhodan“-Romanreihe des Heyne-Verlags dar. Die Absurditäten im Lukas’schen Stil halten sich in Grenzen, stattdessen wird eine spannende Exposition zu einer galaxisweiten Bedrohung geliefert, die noch einige dramatische Entwicklungen zur Folge haben dürfte. Ich freue mich auf Band 2.
Perry Rhodan: Ara-Toxin 1: Die galaktischen Mediziner
Science-Fiction-Roman
Leo Lukas
Heyne 2007
ISBN: 978-3-453-52386-9
384 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 6,95
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