Parabotanik

Das Erwachen hat die Welt verändert. Das weiß jeder. Doch wenn schon aus Menschen Trolle, Zwerge und Elfen werden, aus Tieren gefährliche Arten aus Geschichten und Legenden entstehen, was geschieht dann mit jenen Lebewesen, die man so leicht übersieht, obwohl sie die weltweite Nahrungsgrundlage und sogar die Luft zum Atmen bereitstellen? Nicht nur wenn der Schimmelpilz an der Wand nachts wandert und Deinen Nachbarn befällt, oder der Grünkram, der sich aus dem Asphalt arbeitet, die Gegend mit Säure auflöst, sollte die örtliche (und die entferntere) Flora interessant sein.

von Adaon

„Parabotanik“ ist eine große Erweiterung für „Shadowrun“, die im PDF–Format erscheint und – wie andere Veröffentlichungen für „Shadowrun“ – die Form einer Datensammlung für den Datenknoten „Jackpoint“ annimmt. Hier geht es um Erwachte Pflanzen, ihre Anforderungen, Wirkungen und Fundorte sowie die Bedeutung für interessierte Parteien. Diese ändert sich natürlich je nach Art der Pflanze – aus manchen werden Drogen gewonnen, andere zu exotischen Getränken verarbeitet, manche sind einfach nur fremdartig und andere sind tödlich.

Auf jeweils einer eigenen, vollfarbigen Seite werden 35 erwachte, zum Teil verdorbene Pflanzen vorgestellt. Lateinischer Name, Beschreibungen, in der Fachwelt diskutierte Theorien zur Entstehung, Zeichnungen, Lebensraum und vieles mehr – das Herzstück von „Parabotanik“ liefert ausführliche Informationen, um diese Gewächse als Ziel, Begegnung, Hintergrund oder tödliches Hindernis in einen Run einzubauen.

Die schiere Vielfalt und „Andersartigkeit“ dieser erwachten Pflanzen reicht dabei von „amüsant und interessant“ bis hin zu „abschreckend“. Ein Baum, der friedlich Metallspuren und Mineralien in Jahrzehnten aus dem Boden zieht, um sie in sich abzulagern, erwachter Knoblauch, der neben Mundgeruch gegen Magie immun macht oder ein Lotus, der wahrsagen kann, werden (hoffentlich) niemanden in Gefahr bringen. Ein Busch, der in weitem Umkreis durch sein Wurzelwerk Kohlenmonoxid und -dioxid erzeugt, um sowohl konkurrierende Pflanzen als auch vorbeikommende Fauna (wie Metamenschen) zu töten und dann unter die Erde zu ziehen, wo sie verdaut werden, ein Kraut, das eine starke Säure erzeugt, und ein Apfelbaum, dessen Früchte anziehend wirken, aber diejenigen versteinern lassen, die von ihnen kosten, sind dagegen für jeden, der nicht auf sie vorbereitet ist, durchaus tödliche Überraschungen.

Neben den natürlich vorkommenden Pflanzen werden auch einige Eigenkreationen der Konzerne vorgestellt, wie eine Grassorte mit spitzen, getarnten Dornen, die beim Darauftreten das meiste Schuhwerk durchbohren können. Wenn das diese verdammten Kinder mit Schusswaffen nicht vom Rasen weghält, muss es halt etwas Fieseres sein.

Weiterführend werden in „Parabotanik“ auch die wichtigen Sachen angesprochen, die man aus Pflanzen so herstellt: Nahrungsmittel und (hauptsächlich alkoholische) Getränke. Ob Wein aus genmodifizierten Algen, die im Weltraum gezüchtet werden, oder Fruchtsaft aus erwachten Obstbäumen – die Vielfalt ist groß, denn ein Runner kann bei einem Treffen mit seinen Kontakten nicht nur Wasser anbieten.

Kritisch anmerken könnte man, das jede aufgeführte Pflanze auf ihrer eigenen Seite steht, und mehrfach einiges an Platz auf dieser Seite frei bleibt. Dadurch entsteht der Eindruck, dass ein paar zusätzliche Seiten im Dokument künstlich geschaffen wurden. Da aber zum einen die Aufteilung der Texte über mehrere Seiten einen recht zersplitterten Eindruck machen würde, und zum anderen die Darstellung auf einer Seite einschließlich in der Spielwelt bekannten Hintergrundinformationen und Jackpoint-Kommentaren es erlaubt, diese Seite bequem als Handout für die eigene Spielerrunde auszudrucken, stört mich diese Entscheidung nicht sonderlich.

Fazit: „Parabotanik“ liefert wirklich umfangreiche Informationen zu Erwachten Pflanzen. Zusätzlich wird einiges über Nahrungsgewinnung im Allgemeinen und im Besonderen über die Herstellung von Getränken angeboten, das die (Konzern-)Welt der 2070er erfahrbarer und vollständiger wirken lässt. Abgerundet durch die Regeln zur Erschaffung eigener erwachter Pflanzen, die Herstellung von Reagenzien, magischen Tränken und sogar Farben (!) mit magischer Wirkung bei der Anwendung an Lebewesen, bringt die schiere Menge dieser „Shadowrun“-Erweiterung etwas für jeden Spielleiter mit. Persönlich hoffe ich, das Nestlé und Stollwerk einen erfolgreichen Run auf Aztechnology durchführen werden, um die Kakaopflanze zu befreien und damit die Schokoladenpreise endlich wieder zu senken!


Parabotanik
Quellenband
Adam Large
Pegasus Spiele 2012
ISBN: n.a.
53 S., PDF-Dokument, deutsch
Preis: EUR 13,74

bei DriveThruRPG.com bestellen