Ordensbuch: Raphaeliten

Die Raphaeliten sind die Heiler unter den Engeln. Sie versprechen nicht nur seelische, sondern auch körperliche Gesundheit, was den Himmel der heiligen Wesen in den Alpen trotz der strapaziösen Anreise zu einem beliebten Wallfahrtsort macht. Besonders Kranke und Gebrechliche zieht es – aus nahe liegenden Gründen – dorthin.

von amel

 

Zum Glück für die Rollenspieler sind die Raphaeliten aber nicht nur die mildtätigen Heilsbringer, für die sie in der Bevölkerung des nachsintflutlichen Europas gehalten werden. Tief im Bauch des Himmels befinden sich Geheimnisse, die vielleicht besser dort begraben bleiben.

Der Aufbau des „Ordensbuchs: Raphaeliten“ ist genauso wie bei den anderen Ordensbüchern. Auch die Aufmachung unterscheidet sich kaum. Die große, herausnehmbare Karte des Himmels ist wie üblich hübsch, das Layout großzügig und das Cover stimmungsvoll. Nur die Zeichnungen von Jens Weber wollen mir nicht so recht gefallen, zu dunkel sind die Bilder, fast so als wolle der Maler zeichnerische Schwächen unter tiefer Dunkelheit verbergen.

Erstaunlich viel Platz wird diesmal der Beschreibung der Länder von Raphaelsland gewidmet. Das westliche Europa hat aber auch wirklich viel zu bieten. Die Landschaften sind sehr unterschiedlich – von reichhaltigen Feldern bis hin zu Bergdörfern – und bieten Lebensraum für viele verschiedene Menschen und Wesen.

Nahe der Stadt Gratianopel steht das gigantische Gebäude des Himmels und ist Anlaufpunkt für viele Pilger. Hier befindet sich der Hauptsitz des Ordens, hier werden jungen Engel ausgebildet und neue Heilmethoden erforscht. Hier befindet sich auch das Zentrum einer riesigen Händlermacht, die die Erzeugnisse der Engel in die Welt bringt – und sich natürlich gut dafür bezahlen lässt. Gratianopel ist eine reiche Stadt, die Luxus und Erholung bietet. So mancher Pilger ist wesentlich länger geblieben und hat mehr Geld dort gelassen, als zunächst geplant war.

Was sich in den Kapiteln eins und zwei mit den Beschreibungen der Länder, der Stadt Gratianopel und des Himmels bereits andeutet, bekommt in Kapitel drei ein noch deutlicheres Gesicht: Der Orden der Heilsbringer ist voller Gegensätze. Der Himmel ist eine Festung mit vielen Verteidigungsanlagen (die natürlich hauptsächlich gegen Traumsaatkreaturen eingesetzt werden sollen, falls das je nötig werden sollte). Auch wenn sie von den Raphaeliten nicht gebaut wurden, so werden sie doch von ihnen aufrechterhalten. Doch wenn diese kriegerische Ader noch zu den Engeln passen mag – immerhin müssen sie sich gegen den Gegner aller Menschen und seine Kreaturen aus dem Brandland behaupten –, der blühende Handel wirkt schon etwas deplatzierter. Und große Teile von „Raphaels Freude“, einer Kathedrale im Inneren des Himmels, sind aus Teilen der verstorbenen Engel gemacht: Stühle aus ihren Gebeinen und Kissenbezüge aus ihrer Haut. So sollen sie auch nach dem Tod noch im Himmel weilen können und sogar weiterhin eine Funktion erfüllen. Klingt zunächst wie eine nette Idee – aber so manchem Pilger mag diese Idee doch etwas makaber anmuten. Wie üblich wird in Kapitel drei nicht nur das Wesen der Engel beschrieben, sondern es werden auch verschiedene Glaubensströmungen beleuchtet, die weitere Facetten zu dem ohnehin so unregelmäßigen Bild hinzufügen.

Im vierten Kapitel wird – wie ebenfalls aus den anderen Ordensbüchern bekannt – das Wirken des Ordens in der Welt beschrieben. Klöster des Obdachs, der Heilung und der Forschung sind über die Lande verteilt. Das Kapitel besteht fast ausschließlich aus Beispielen für solche Klöster.

Das fünfte Kapitel mit Archetypen und wichtigen Charakteren schließt das Buch ab.

Fazit: Mir hat das Buch besser gefallen als beispielsweise das „Ordensbuch: Gabrieliten“. Es zeigt die Heiler vielschichtiger als die Todesengel und wirft immer wieder Fragen auf, die entweder gar nicht oder später im Buch geklärt werden. Das macht das Lesen interessanter, auch wenn die Todesengel sicherlich die beliebteren Charaktertypen sein werden. Wie üblich bei „Engel“ hätte bei all den Details und kleinen Geschichtchen etwas mehr auf Spielrelevanz geachtet werden können. Mal wieder stehe ich nach ein paar faszinierenden Lesestunden etwas verloren da und weiß nicht so recht, was ich damit spieltechnisch anfangen soll. Spieler von „Engel“ werden trotzdem kaum um das Buch herumkommen – zumindest dann, wenn sie einen „Raphaeliten“ verkörpern wollen. Man lernt den Orden sehr gut kennen, auch von Seiten, die weniger nett und bunt und fröhlich sind, als sich der Orden gern in der Öffentlichkeit sehen würde.


Ordensbuch: Raphaeliten
Quellenbuch
Ole Johan Christiansen, Thomas Plischke
Feder&Schwert 2004
ISBN: 3-935282-85-0
112 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 18,95

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