Ordensbuch: Michaeliten

Als erstes Ordensbuch zu dem Rollenspielsystem „Engel“ hatte das „Ordensbuch: Michaeliten“ einige Erwartungen zu erfüllen. Diese waren insbesondere im Bereich der Optik an hohen Zielen orientiert. Der im Januar 2003 erschienene Band fand mit seinem weichen, hochglänzenden Einband von Außen her keinen besonderen Applaus, aber für alle, die schließlich die ersten Seiten aufschlugen, ging die Sonne der Engel auf.

von Jens Peter Kleinau

 

Optisch sorgen vor allem die Illustrationen von Tobias Mannewitz für eine hervorragende Umsetzung der engelhaften Stimmung. Seine Zeichnungen prägen in Form von Illustrationen und Risszeichnungen den Band. Auch die mitgelieferte, auffaltbare Zeichnung des Turmes der Michaeliten als Miniposter ist sehr gut gelungen und liefert neben anschaulichen Informationen auch das gewünschte Flair des Spielsystems. Als einziger Mängel an dem Layout, das sehr viel weißen Raum übrig lässt, ist der sehr kleine Schriftsatz zu nennen, der doch die Augen ermüdet.

Die Michaeliten sind unter den angelitischen Orden herausragend, da sie das historisch bestimmende Italien als Stammland erwählt haben. Dieses wird auch ausführlich in dem ersten Kapitel „urbi et orbi“ beschrieben. Hier wird nach einer kurzen erzählerischen Einleitung in die rollenspieltypische Regionalbeschreibung übergewechselt. Doch das System „Engel“ wäre nichts besonderes, wenn nicht auch diese Beschreibung immer wieder mit dem Vokabular und den Ausdrücken des „angelitischen“ durchsetzt wäre. Somit wird aus einer einfachen geographischen Situationsbeschreibung (Kultur, Land und Leute, politische Institutionen und Klima, Fauna und Flora) ein typischer Text des Rollenspiels mit deutlichem Flair.

Natürlich ist da die Ewige Stadt Roma Æterna! Ihr werden ganze 16 Seiten voller Informationen gewidmet. Sie ist das Zentrum des angelitischen Europas und wird dementsprechend ausführlich dargestellt. Die Armen und die Reichen, die Licht- und die Schattenseiten am Ufer des Tibers finden ihre Abschnitte in der Stadtbeschreibung. Beachtenswert finde ich noch den Campus sarielitorum als das Refugium der flügellosen Sarieliten, welche eine besondere Rolle in der angelitischen Welt einnehmen.

Dem Himmel, dem riesigen Turm der Michaeliten, ist ein weiteres Kapitel gewidmet. Von den tiefen Kellern bis hoch über den Wolken in die Turmspitze führt uns die Beschreibung. Wobei wir auf den Seiten kaum eine vollkommene Erfassung erhalten. Doch wichtige Aspekte des Turms, wie beispielsweise die sechs Portale in der Basis des Gebäudes, werden uns so ausführlich nahe gebracht, dass sich fehlende oder nur oberflächlich beschriebene Bereiche durch Fantasie ergänzen lassen.

Ein Michaelit ist wie jeder Engel nur ein Teil einer riesigen Machtstruktur, die ihre Fühler nach Außen ausstreckt und nach Innen strenge disziplinarische Gefüge besitzt. Die Struktur des Ordens selber wird uns in dem Kapitel „machinationes michaelitorum“ nahe gebracht. Den Aufbau des Ordens, aber auch die Aufgaben des einzelnen Engels werden geschildert und somit erhält man zugleich einen Überblick, wie auch wie durch eine Lupe das zum Spielen notwendige Detailwissen. Um das nun erhaltene Wissen auch einschätzen zu können, ist das nachfolgende Kapitel auch hilfreich, das die Stellung des Ordens in der angelitischen Welt darstellt. Dabei spielen Festungen, Kloster und wichtige Kontakte in die fernen Lande eine Rolle. Ein kurzer Blick wird auf die einzelnen Besitztümer und Verbindungen geworfen. Eine Sammlung von Nichtspielerfiguren verbirgt sich hinter dem Titel „dramatis personæ“. Hier werden die bedeutsamen Personen des Ordens dargestellt und mit entsprechenden Werten versehen.

Fazit: Der erste Ordensquellenband erfüllt vom Inhalt und der inneren Optik die Erwartungen, teilweise übertrifft er sie sogar. Sicherlich lässt sich im Bereich der Region, der Stadt noch einiges an Details wünschen. Aber die Informationen sind ausreichend und anregend genug für einige Kampagnen. Die Stadt selber bietet schon genug Ansatzpunkte für reichliche Abenteuer der Engelsschar. Verbesserungsmöglichkeiten bietet der Band allerdings auch. So wären in der regionalen Beschreibung ein paar tief gehende Informationen und weitere Schauplätze wünschenswert. Etwas geht dem Band auch die Atmosphäre des „Grundregelwerks“ oder von „Traumsaat“ ab, aber das war bei einem Band, dessen Hauptaugenmerk auf der Informationsvermittlung liegt, auch zu erwarten. Insgesamt für Spieler und Spielleiter ein guter Band, der sich zu kaufen lohnt.


Ordensbuch: Michaeliten
Quellenbuch
Oliver Graute, Oliver Hoffmann
Feder&Schwert 2003
ISBN: 3935282478
96 Seiten, Softcover, deutsch
Preis: EUR 17,95

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