Northlanders 3: Blutiger Schnee

Passend zur kalten Jahreszeit beschert uns Panini Comics den dritten Band der „Northlanders“-Reihe. Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Bänden, erwartet den Leser jedoch diesmal keine durchgehende Handlung, sondern eine Reihe von vier Kurzgeschichten, jeweils von vier unterschiedlichen Zeichnern. Brian Wood, der geistige Vater der „Northlanders“-Reihe, dritt dabei als Autor für alle vier Kurzgeschichten in Erscheinung.

von Dominik Cenia

 

In „Lindisfarne“ von Zeichner Dean Ormston („2000 AD“, „Books of Magic“, „Sandman“) geht es um das gleichnamige Kloster auf einer Insel vor der Nordost-Küste Englands, das im Jahr 793 von Wikingern überfallen wurde und damit in der heutigen Geschichtsschreibung häufig als der Beginn der sogenannten „Wikingerzeit“ angesehen wird. Die Geschichte handelt von einem Jungen namens Edwin, der sowohl unter seinem gottesfürchtigen Vater und Bruder, als auch unter dem frühen Tod seiner Mutter leidet. Ein verklärter, träumender Junge, der das plötzliche Auftauchen der Wikinger als eine Art Zeichen der alten nordischen Götter ansieht und letztendlich sogar seinen Vater und seinen Bruder, sowie ganz Lindisfarne opfert, um sich in den Reihen der Wikinger verdient zu machen. Das frühe europäische Christentum trifft hier auf den heidnischen alten Glauben, doch letztendlich entscheiden Schwert und Kampfgeschick über den Ausgang dieses Aufeinandertreffens der beiden Grundsätze. Alles in allem eine interessante Geschichte, die mehr oder weniger auf einer historischen Tatsache beruht und damit auch einigermaßen glaubwürdig erscheint. Ormston ist ein solider Zeichner, der hierbei auch die Farben selbst in die Hand genommen hat. Alles wirkt aus einem Guss, weshalb das plötzliche Ende fast schon ein wenig zu bedauern ist, da die Geschichte von Edwin bei weitem nicht zu Ende erzählt wird. Ein Auftakt, der nach mehr verlangt.

„Die Kunst des Einzelkampfes“, gezeichnet von Vasilis Losos (Image Comics und Marvel), beschränkt sich dagegen lediglich auf die Darstellung eines einzigen Schiedskampfes zwischen zwei Wikingern. Und obwohl der Ausgang des Kampfes für den Leser bereits nach den ersten paar Seiten weitgehend abzusehen ist, gelingt es sowohl Zeichner Losos als auch dem Autor Wood, die Sache spannend zu gestalten. Vor allem Wood ist es dabei gelungen, sowohl das Kampfgeschehen selbst, als auch die persönliche Geschichten der beiden beteiligten Protagonisten, sowie die allgemeine Weltanschauungen der damaligen Zeit, gekonnt miteinander zu verschmelzen. Alles in allem ein nettes Konzept, das zumindest ist dieser Kurzgeschichte wunderbar aufgeht.

Mit „Die Schildjungfern“, gezeichnet von Danijel Zezelj (DC/Vertigo und Marvel), folgt die dritte und neben „Lindisfarne“ auch längste Episode dieses Comics. Im Vergleich zur ersten Story, ist diesmal die Handlung genau umgekehrt. Christianisierte Sachsen machen ein Wikingerdorf nieder, und die einzigen drei Frauen, die das Gemetzel überleben, verschanzen sich in der Ruine einer alten römische Festungsanlage. Geschützt von den Gezeiten, nehmen die drei Frauen den Kampf gegen die Belagerer auf. Leider verschenkt Wood bereits nach wenigen Seiten das interessante Ausgangsszenario, indem er die drei Frauen mehr oder weniger identisch zu all seinen bisherigen männlichen Hauptfiguren auftreten lässt. So metzeln die drei Frauen ihre Widersacher genauso erbarmungslos und gekonnt nieder, wie die Hauptfigur aus „Sven, der Verräter“ oder die Protagonisten aus „Hammer + Kreuz“. Hier wurde in meinen Augen leider sehr viel Potenzial verschenkt, eine interessante Geschichte rund um „Guirella-Taktiken“ beziehungsweise eine Gruppe von rein körperlich unterlegenden und kämpferisch völlig unerfahrenen Frauen gegen ihre männliche Gegner auszugestalten. Das mittlerweile in meinen Augen bei Wood etwas zu häufig vorkommende „einer gegen alle“-Thema wird auch hier wieder aufgegriffen.

Zu guter Letzt folgt mit „Sven, der Unsterbliche“ noch eine kurze Fortsetzung der Geschichte „Sven, der Verräter“, erneut aus der Feder von David Gianfelice. Und obwohl die Story an sich nichts Besonderes ist und erneut das „einer gegen alle“-Thema in den Mittelpunkt rückt, rundet die Geschichte den Band doch auf gelungene Weise ab.

Fazit: Bis auf „Die Schildjungfern“ gefällt mir der dritte „Northlanders“-Band ganz gut. Kurzgeschichten können manchmal die bessere Wahl sein, als eine einzige und in die Länge gezogene durchgehende Handlung (siehe: „Hammer + Kreuz“). Die unterschiedlichen Zeichner sorgen für Abwechslung, während Autor Brian Wood mal mehr, mal weniger erneut die gleichen Themen auffährt. Für diesen Band geht das soweit noch in Ordnung, doch würde ich mir wünschen, dass Wood zwischendurch auch mal einem anderen Autor die Federführung überlassen würde, um der Reihe vielleicht mal ein paar neue „Impulse“ zu geben.

Abschließend sei noch die gelungene Übersetzung von Gerlinde Althoff zu erwähnen, die sich vor allem in „Die Kunst des Einzelkampfes“ bemerkbar macht.


Northlanders 3: Blutiger Schnee
Comic
Brian Wood, Dean Ormston, Vasilis Losos, Danijel Zezelj, David Gianfelice
Vertigo / Panini Comics 2010
ISBN: 978-3-86607-929-8
Ca. 144 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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