von Tobias Dworschak
Wie für die Hefte aus der Reihe der Handbücher üblich, präsentiert sich auch diese Ausgabe mit 32 vollfarbigen Seiten im gewohnten Gewand. Zu dem verantwortlichen Autorenteam gehören unter anderem von Dennis Baker, Ross Byers, Tom Phillips und Stephen Radney-MacFarland, die alle schon zu diversen Publikationen des Hauses Paizo beigetragen haben.
Nach dem ersten Durchblättern kann ich die Frage, wozu ich dieses Heft wohl gebrauchen kann, nicht mehr verdrängen. Die „Ausbauregeln VI“ sind im gleichen Monat erschienen – hätte man da nicht die paar Seiten noch in dem Regelwerk unterbringen können?
Aber das passt nicht zu der Prämisse des Heftes. Im Gegensatz zu allem, was mit Golarion zu tun hat, sind die Regeln von „Pathfinder“ unter der Open Gaming Licence erschienen, also frei. Die Kampagnenwelt mit ihren Besonderheiten hingegen ist geschützter Inhalt. Und genau darum soll es ja gehen: die Hybridklassen mehr mit der Spielwelt zu verknüpfen.
Für meinen Geschmack scheitert das Heft an seinem Anspruch, weil das, was ich bekomme, generisch genug ist, um in jeder Spielwelt Platz zu haben. Doch der Reihe nach.
Jeder Hybridklasse ist eine Doppelseite gewidmet. Am Ende finde ich jeweils noch eine Doppelseite mit (sonstigen) neuen Talenten, Zaubern oder magischen Gegenständen. Die Einträge zu den Klassen gestalten sich ähnlich: Es gibt einen mehr oder weniger umfangreichen Text, der die einzelne Klasse in die Kultur Golarions einordnet, sowie eine Beschreibung unterschiedlicher Landstriche, in denen Vertreter der Klasse besonders häufig vorkommen oder eine besondere Rolle spielen.
Den Schwerpunkt bilden ganz klar neue Archetypen, neue (regionale) Wesenszüge und andere charakterbezogene Regeln: ein neues Totem für Schamanen, neue Segnung für Kampfpriester, neue Attentäter- Ermittlertricks, neue Blutlinien für Blutwüter und so weiter.
Die grandiose Platzverschwendung, die mir in den Handbüchern nach wie vor unangenehm auffällt, brauche ich nicht eigens zu erwähnen. Und ich bin auch nicht sicher, ob ich mir hier mehr Inhalt wünschen würde, denn das, was ich lese, überzeugt mich nicht.
Auf der Umschlagsinnenseite vorne finde ich eine Karte der Inneren See, auf denen mit Symbolen eingezeichnet ist, in welchen Regionen Abenteurer mit Stufen in Hybridklassen vorkommen. Mir wird nicht klar, was ich damit anfangen soll. Wenn ich einen Arkanisten aus einer bestimmten Gegend spielen will – warum sollte mir das diese Übersicht verwehren?
Die Texte zur Verortung einer Klasse in einer bestimmten Region sind viel zu kurz, um hier einen wirklichen Beitrag zur Kultur, zum Flair oder anderen Besonderheiten zu liefern. Manchmal finde ich einen Aspekt, den ich für einen Charakter aufgreifen kann. Aber insgesamt hätte ich hier mehr Hintergrund erwartet. Was macht einen Ermittler aus Cheliax aus? Welche Rolle spielen Kriegspriester in der orkischen Kultur auf Belkzens Boden?
Die neuen Archetypen, die wohl den Kern des Heftes bilden, greifen bestimmte Aspekte aus einer Region auf, sind aber trotzdem generisch genug, um überall eingesetzt werden zu können. Mit anderen Worten: Mit nur minimalen Anpassungen hätten die Regeln auch in den „Ausbauregeln“ untergebracht werden können, um hier Platz für kulturelle Hintergründe zu machen. Vielleicht wären sogar klassenspezifische Tabellen für die Charaktergeschichte möglich gewesen – bei all meinen Vorbehalten gegen diese Tabellen.
Fazit: „Neue Helden Golarions“ lässt mich enttäuscht zurück. Wieder nur eine Sammlung weiterer Archetypen, gepaart mit neuen Wesenszügen. Wer mehr Optionen braucht – gerade, aber nicht nur die für die neuen Hybridklassen – kann hier zugreifen. Wer mehr Hintergrund erwartet, sollte die Finger von diesem Handbuch lassen.
Handbuch: Neue Helden Golarions
Quellenbuch
Dennis Baker, Ross Byers, Tom Phillips, Stephen Radney-MacFarland u.a.
Ulisses Spiele 2015
ISBN: 978-3-95752-067-8
32 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95
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