Nemesis 3: Alptraumzeit

Nach Mitternacht beginnt die „Alptraumzeit“. Und die Glücksritter, die Wolfgang Hohlbein auf der unheimlichen Festung Crailsfelden zusammengeführt hat, lernen auf die harte Tour, dass man in einem Alptraum auch bei vollem Bewusstsein stecken kann. Der dritte von insgesamt sechs Teilen des Fortsetzungsromans „Nemesis“ wurde wie die beiden Vorgänger in gekürzter Fassung von Johannes Steck eingesprochen. Um den Vertrieb auf CD kümmert sich der Verlag Hörbuch Hamburg.

von Simon Ofenloch

 

Da wären sie wohl lieber zuhause geblieben, als dem seltsamen Aufruf zur Testamentseröffnung gefolgt. Um ein merkwürdiges Millionenspiel geht es. Und der Einsatz ist offenbar das Leben. Als die zusammengewürfelte Combo aus drei Frauen und drei Männern mit dem Gastwirt Carl, der sie auf die geschichtsträchtige Burg Crailsfelden begleitet, erkennen, dass auch der Tod mit im Spiel ist, ist es natürlich zu spät für einen gemütlichen und vor allem sicheren Abend daheim vor der Glotze.

Bei einem verzweifelten Ausbruchversuch löste sich das schwere Fallgitter aus dem Torbogen und wäre für Frank und Ed beinahe zur Guillotine geworden. An einen Unfall glaubt keiner mehr. Schon gar nicht, als man Hinweise findet, die darauf hindeuten, dass der Tormechanismus manipuliert wurde. Die Burg ist zur Falle geworden. Zur tödlichen Falle, die Opfer fordert. Menschen verschwinden oder scheiden dahin. Aus der Gruppe der Angereisten hat es Stefan als erstes getroffen. Und zwar mit einem Dolch in den Rücken. Des Grauen nicht genug, handelt es sich dabei um eine Waffe aus dem Fundus einer nationalsozialistischen Einrichtung, einer „Napola“. Überhaupt spielt die unselige deutsche Vergangenheit eine Rolle in der Geschichte, sowie in der Geschichte der Festung. Unterlagen, auf welche die unfreiwilligen Burggäste gestoßen sind, deuten auf Menschenversuche in der Nazizeit hin.

Der unzweifelhafte Mord an einem der ihren schürt die Angst unter den Gruppenmitgliedern und die gegenseitigen Verdächtigungen. Unter ihnen befindet sich ein Mörder. Entweder in ihrem Kreis oder wortwörtlich unter ihnen, in den schaurigen Kellergewölben der Burg. Die Zeit schreitet voran. Und mit ihr verfestigt sich die Befürchtung, dass jede Stunde ein Opfer fordert.

Entscheidende Hinweise auf des Rätsels Lösung könnten die wiederholt auftretenden Visionen des Ich-Erzählers Frank liefern. Wenn sie nicht weiterhin so vage wären. Noch kann man nicht wirklich viel anfangen mit den Bildern eines Mädchens namens Miriam, dem Frank auf der Flucht vor finsteren Verfolgern beisteht. Ungeklärt bleiben auch Franks seltsame Gefühle der Vertrautheit mit der gruseligen Umgebung. Und auch die anderen scheinen selbst oder in familiärer Vergangenheit mit Crailsfelden verbunden zu sein.

Die große Kunst des Autors Wolfgang Hohlbein besteht darin, Seiten zu füllen, ohne wirklich viel zu erzählen. Dieses Können mag von seiner Vergangenheit als Heftroman-Schreiber herrühren, oder einfach Begabung sein. Manch einer mag sie für etwas Positives halten, ein anderer Negatives in ihr sehen. Kunst ist es allemal.

Auch bei „Nemesis“ ist es nicht anders. Der dritte Teil „Alptraumzeit“ ist durch, in der Hörbuchfassung sind zwei CDs mit einer Spieldauer von immerhin über zwei Stunden gehört, und man fragt sich, was eigentlich groß passiert ist. O.k., wieder ein Toter mehr. Klar. Aber sonst? Dass es trotzdem Spaß gemacht hat, weiterhin spannend bleibt und man der Geschichte auch künftig folgen möchte, das ist die große Kunst des Autors Wolfgang Hohlbein. Weiter so! In der Hoffnung und dem Vertrauen, dass es ein spektakuläres Finale gibt.

Zur Umsetzung als Hörbuch gibt es dem Urteil zu der Besprechung der ersten beiden Teile „Die Zeit vor Mitternacht“ und „Geisterstunde“, die 2008 in einem Doppelpack erschienen sind, nichts hinzuzufügen: Die Klangqualität und der Sprecher sind auf höchstem Niveau. Johannes Steck kann’s einfach.

Fazit: Wolfgang Hohlbeins Mehrteiler „Nemesis“ folgt dem Motto „Gut Ding braucht lange Weile“. Langeweile kommt trotzdem nicht auf. Schon gar nicht mit Johannes Steck. Da kann man es sich gefallen lassen, dass Hohlbein sein Publikum ein bisschen zappeln lässt.


Nemesis 3: Alptraumzeit
Gekürzte Lesung nach Teilen des Fortsetzungsromans von Wolfgang Hohlbein
Johannes Steck
Silberfisch / Hörbuch Hamburg 2007
ISBN: 978-3-89903-402-8
2 CDs, ca. 141 min., deutsch
Preis: EUR 9,95

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