MWDA 09: Soldatenehre

Der Planet Alkalurops steht in Flammen. Verzweifelt wehren sich die Bewohner gegen Loren Hansons Rauhreiter, eine Band von Söldnern, die alles niedermäht, was sich ihnen in den Weg stellt. Deutlich unterlegen, benötigen Grace O’Malleys Landsleute dringend echte BattleMechs, gelenkt von ausgebildeten MechKriegern. Die Beschaffung ist nicht leicht – doch Grace ist nicht bereit, ihre Heimat aufzugeben.

von Jakob Schwarz

 

Markige Worte, die auf dem Rückumschlag des neunten Romans der „Mechwarrior Dark Age“-Reihe zu lesen sind: „Soldatenehre“, von Mike Moscoe. Tatsächlich verläuft der Konflikt um die kleine Bergbauwelt Alkalurops, in der Präfektur IX an der Grenze zu Haus Steiner liegend, nicht unbedingt weniger hässlich, aber deutlich weniger dramatisch ab, und ganz abgesehen davon sind Colonel Ludwig Hansens (!) Rauhreiter (Loren Hansen – nicht Hanson – ist nur einer der Offiziere der Söldnereinheit) auch nicht wirklich die Bösen in dieser planetaren Tragödie um Raffgier und Größenwahn. Doch von Anfang an.

Die Handlung von „Soldatenehre“ spielt sich zwischen April und Oktober 3134 ab, also ziemlich zeitgleich zu dem Liao-Angriff auf den „südlichen“ Teil der Republik der Sphäre in den Romanen „Gezeiten des Krieges“ und „Festung der Lügen“. Statt mit aggresiven Stahlwolf-Clanern oder expansionistischen Liao-Truppen hat sich die rauhe, wildromantisch wirkende Bergbauwelt Alkalurops, auf der eine bunte Mischung aus Siedlern irischer, afrikanischer und indianischer Abstammung lebt, mit Banditen herumzuschlagen. Diese lassen vor allem IndustrieMechs mitgehen, aufgrund des Mangels an echten BattleMechs in der Galaxis nach den Reformen Devlin Stones die nächstbeste Alternative in unruhigen Zeiten. Die Bevölkerung hat den Räubern aus dem All nicht viel entgegenzusetzen, einzig Grace O’Malley, die Bürgermeisterin des Bergdorfs Falkirk leistet mit ihren Leuten so etwas wie Widerstand.

Kaum sind die Plünderer verschwunden, taucht ein aalglatter Konzernvertreter namens Santorini auf, der auf Alkalurops den Firmensitz einer großen Computerfirma ansiedeln will und im Gegenzug durch seine Kontakte zu Landgraf Jasek Kelswa-Steiner (zwischendurch vom etwas nachlässigen Lektorat auch mal Jasel getauft) und seinem Sturmhammer militärischen Schutz verspricht. Doch die eigensinnigen Siedler wollen sich ihrer Haut lieber selbst erwehren, statt Horden von Fremdweltlern ökonomisch und militärisch Tür und Tor zu öffnen. Also wird Grace O’Malley, die stärkste Fürsprecherin eines unabhängig bleibenden Alkalurops zur Söldnerwelt Galatea geschickt, um dort Ausbilder und Material für die Heimatbrigaden der Bergbauwelt aufzutun. Ein Unterfangen, das sich als unerwartet schwierig herausstellt und doch gelingen muss, denn die nächsten Invasoren kommen bestimmt.

„Soldatenehre“ ist eine nette Episode aus dem Universum von MWDA, aber sicher keine Offenbarung. Auf der Habenseite kann der Roman für sich verbuchen, dass er völlig eigenständig ist. Man sollte sich im Glossar hinten kurz über den Stand der Dinge des Jahres 3134 informieren (es gibt die Republik der Sphäre, BattleMechs wurden größtenteils ausgemustert, vor kurzem fiel das galaxisweite HPG-Netz aus und seitdem rumort es an allen Ecken und Enden), aber dann kann man ihn gut ohne jede Vorkenntnis anderer Romane der Reihe genießen. Durch die Fixierung auf die relativ isolierte und strategisch unbedeutende Welt Alkalurops und einen „Banditen“-Konflikt, bleibt die Handlung von allen sonstigen Geschehnissen der Sphäre völlig unberührt. Das heißt natürlich auch, dass man als MWDA-Fan, der vor allem an großer Politik interessiert ist und gerne wüsste, wie sich die Galaxis dieser Tage weiterdreht, den Roman getrost links liegen lassen kann, denn er bringt den Haupthandlungsbogen gar nicht voran.

Auch über die Darstellung des Konflikts an sich kann man geteilter Meinung sein. Moscoe versucht, eine Kriegssituation so unblutig wie möglich zu präsentieren. Dazu verständigen sich die Einheimischen praktisch unisono auf den zunächst gewaltlosen Widerstand, später auf den Kampf mit möglichst geringen Opfern. Auch die Söldner, von einem skrupellosen Auftraggeber mehr oder minder gezwungen, zweimal über Alkalurops herzufallen, geben sich alle Mühe, Verluste in der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Plünderungen, Mord, Vergewaltigungen und Hass scheint es nur in extremen Einzelfällen zu geben (dort, wo die später eingetroffenen „Haustruppen“, die Schwarz-Roten, des Oberbösen wüten), doch selbst diese sonst in Kriegszeiten eher an der Tagesordnung scheinenden Zwischenfälle werden nur sehr dezent angesprochen. Stattdessen liegt die Betonung auf nacktbadenden Dorfschönheiten, Hillbillies, die mit MG-Geschützlastern in der Gegend herumbrettern und MechPiloten, die an ihrer Maschine nicht mal den Startknopf finden würden, wäre er nicht mit einem Post-It markiert.

Okay, das liest sich ganz lustig. Und interessanterweise sympathisiert man dadurch sowohl mit den Siedlern als auch mit den Söldnern, deren Perspektive Moscoe in Parallelhandlung vermittelt (Den radikalen Schlägertrupps wird dagegen kein Gesicht gegeben: Sie sind nur dumm, brutal und natürlich zum Scheitern verurteilt.) Gestandenen MechKriegern wird es indes sauer aufstoßen, dass Bauernschläue deutlich über Maschinenpower triumphiert. Ähnlich, wie in „Star Wars – Episoden VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ die primitiven Ewoks die hochtechnologisierten Sturmtruppen vermöbelt haben – zum Grausen imperiumstreuer Fans – zeigen hier ein paar tapfere Bergleute und Indianer den eingereisten Kriegern aus dem All, was `ne Harke ist. Dabei treibt es einem mitunter Tränen in die Augen, wenn Moscoe einen gewaltigen Atlas-BattleMech aufmarschieren lässt, der dann aber von einem solchen Deppen gesteuert wird, dass eine Reihe Miliz-Kröten ihn locker ausschalten kann. Klar, effektiv genutzter Kriegsmaschinerie dieser Größenordnung hätten die Berg-Guerillas nichts entgegenzusetzen gehabt. Doch muss man als Autor gleich 100-Tonner auf die Bildfläche treten lassen, nur um diese dann der Lächerlichkeit preiszugeben? Etwas kleinere Mechs und dafür etwas ernsthafter geführte Gefechte hätten dem Roman meiner Meinung nach durchaus gut getan.

Dabei gelingt es Moscoe trotz seiner absichtsvoll unblutigen Herangehensweise, einen interessanten Einblick in das Leben und die Organisation einer paramilitärischen Söldnertruppe zu liefern. Sowohl auf Galatea als auch auf Alkalurops werden immer wieder die Notwendigkeiten und Möglichkeiten, mit denen sich ehrenhafte Söldner bei der Erfüllung eines Kontrakts auseinandersetzen müssen, zur Sprache gebracht. Zudem zeigt sich in den zwischenzeitlich fast hilflosen Versuchen der Rauhreiter, den scheinbar chaotischen und jeder Lehrbuchtaktik spottenden Hit-and-Run-Angriffen der Einheimischen Kontra zu geben, die Schwäche einer von klassischer, militärischer Vorgehensweise geprägten Einheitsführung. Womit man Moscoe schon fast einen aktuellen, politischen Kommentar im Subtext des Romans unterstellen könnte, wäre die Geschichte nicht von so universeller Gültigkeit.

Fazit: „Soldatenehre“ ist ein kleiner und vergleichsweise versöhnlicher MWDA-Roman. Es werden keine galaktischen Probleme gewälzt und man sollte tunlichst kein allzu großer Mech-Fan sein (denn einige der Metallgiganten werden hier schmählich vorgeführt). Wer indes gerne irische Patrioten in Aktion sieht, wird seinen Spaß daran haben, zu lesen, wie sich eine Gruppe freiheitsliebender Bergbauer und Ex-Söldner mit teilweise fantasievollen Mitteln gegen einen Invasor erhebt, der am liebsten gar nicht auf dem Schlachtfeld wäre – würde es nicht der Kontrakt fordern und somit die Soldatenehre gebieten...


Soldatenehre (Mechwarrion Dark Age – Bd. 9)
Rollenspiel-Roman
Mike Moscoe
Heyne 2005
ISBN: 3-453-52147-1
364 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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