MWDA 03: Ruinen der Macht

Wir schreiben das Jahr 3133. Bis vor Kurzem herrschte Frieden in der Galaxis, die unter der Führung von Devlin Stone zur Republik der Sphäre geeint endlich zur Ruhe gekommen ist. BattleMechs wurden abgerüstet oder ins Museum gestellt. Alles scheint gut. Doch dann bricht unvermittelt und unerklärlicherweise das interstellare HPG-Netz zusammen und auf sich allein gestellt, beginnen zahllose Fraktionen unter skrupellosen Männern, ihre eigene Machtbasis auszubauen. Die Republik droht zu zerbrechen und ein Zeitalter archaischer Gewalt mit grobschlächtigen, umgerüsteten IndurstrieMechs droht anzubrechen: Dies ist die Welt von „MechWarrior: Dark Age“.

von Jakob Schwarz

 

Eigentlich handelt es sich bei MW:DA ja um ein Figurenspiel zum Sammeln. In Starter- und Boosterpacks kann man, ganz ähnlich wie bei Trading Cards, sich eine Armee aus kleinen, sehr hübsch anzusehenden PlastikMechs, -Fahrzeugen, -Helikoptern und -Infanteristen zusammenstellen und dann damit gegeneinander antreten. Eine praktische Kampfscheibe am Fuß jeder Figur ersetzt den Mech-Datenbogen des klassischen Spiels, gibt sie doch alle nötigen Werte an, die man zum Spiel so braucht. Das Ganze ist von dem populären Sammelfigurenspiel „MageKnight“ abgekupfert und ebenso wie dort, existiert auch hier eine begleitende Buchreihe, die im vorliegenden Falle beim Heyne-Verlag erscheint und mittlerweile drei Bände umfasst.

Band drei trägt den tiefsinnigen Titel „Ruinen der Macht“ und entstammt der Feder von Robert E. Vardeman (ein Name, der mir eigentlich gar nix sagt – ein gestandener BattleTech-Autor wie seine beiden Vorgänger Michael Stackpole und Loren Coleman ist er jedenfalls nicht). Das – so zeigt es sich – ist jedoch kein Manko; nicht im Geringsten! Das Cover zeigt einen MiningMech, der auf Demonstranten losgeht – wie bereits bei den Vorgängerbänden der neuen Heyne-Buchreihe eine Szene aus dem Roman selbst und somit nicht nur sehr hübsch graphisch umgesetzt, sondern auch passend zum Inhalt!

Wo wir gerade beim Thema sind: worum geht es? Auf dem Planet Mirach ist – wie überall sonst in der Republik der Sphäre – das interstellare HPG-Netz ausgefallen und die Bevölkerung ist verunsichert und unruhig ob der Zukunft. Diese Unruhe will Informationsministerin Lady Elora Rimonowa für sich ausnutzen, um vermittels subtiler Methoden dem amtierenden Gouverneur Baron Sergio Ortega (trotz Namensgleichheit offenbar nicht verwandt oder verschwägert mit Raul Ortega aus Loren Colemans Der Kampf beginnt) die Kontrolle zu entreißen. Ihr Plan ist es, Mirach aus der Republik zu lösen und Kal Radick von den Stahlwölfen anzubieten, in der Hoffnung, von den Clanern als Ebenbürtige akzeptiert zu werden.

Von all dem weiß der eigentliche Protagonist des Romans, Austin Ortega, der Zweitgeborene des Gouverneurs, lange Zeit nichts. Er vertreibt sich die Zeit mit Bruder Dale im Mechsimulator (echte Maschinen gibt es ja nur noch im Museum – beispielsweise den alten Centurion „Sergeant Death“ seines Vaters) und freut sich ansonsten auf eine militärische Karriere bei den 1. Kosaken-Lanciers, einer Eliteeinheit der Republikanischen Miliz, die dem Gouverneur als Hausgarde dient. Derweil pocht der pazifistische Baron darauf, dass seine Söhne eine diplomatische Laufbahn einschlagen und dem Wort mehr Gewicht beimessen, als dem Schwert.

Mit dem Frieden ist es allerdings vorbei, als Hanna, die Freundin Dales bei einem „Unfall“ ums Leben kommt. Dale, der üble Machenschaften der Informationsministerin und ihres „Lakaien“, dem militaristischen Legaten Tortorelli wittert, glaubt, Hanna habe etwas über die Rimonowa herausgefunden und sei dafür auf die Abschussliste geraten. Und auch Austin kann sich in der zunehmend gespannten Atmosphäre der Hauptstadt Cingulum dem Gefühl der Intrige nicht erwehren. Doch warum blockt sein Vater scheinbar alle Nachforschungen ab? Warum lässt er seine 1KL auflösen? Was treibt deren Captain Manfred Leclerc in seiner Freizeit? Und welche Agenda verfolgt der Gesandte des Lordgouverneurs der Präfektur IV Aaron Sandoval? Zahlreiche Geheimnisse, die erst gelüftet werden, nachdem die Gewalt auf Mirach bereits eskaliert ist.

„Ruinen der Macht“ ist der dritte Band der „Mechwarrior: Dark Age“-Reihe und doch ist er – abgesehen von der Verwendung einiger Namen – praktisch in sich geschlossen. Die Ereignisse spielen ausschließlich auf Mirach und die Entwicklung der „globalen Handlung“ innerhalb der Inneren Sphäre wird nicht wirklich vorangetrieben. Darin ähnelt der Roman seinen beiden Vorgängern, was ungeduldige Naturen durchaus kritisch sehen. Warum bewegt sich die Galaxis nicht weiter? Persönlich finde ich es nicht schlecht, dass zunächst ein paar planetare Einzelschicksale behandelt werden, sozusagen beispielhafte Facetten der großen Krise des HPG-Ausfalls. Außerdem sehe ich durchaus das Kalkül der Macher: Bevor die Handlung an Komplexität gewinnen kann, sollte man erst mal genug Leuten die Möglichkeit geben, in das Universum einzusteigen. Nichtsdestoweniger könnte es jetzt langsam mal richtig losgehen ...

Ansonsten ist der Roman meines Erachtens ziemlich rund. Okay, die Charaktere sind nicht wirklich ausgefallen. Das trifft vor allem den stereotyp energischen jungen Austin Ortega und die stereotyp intrigant-kühle Ministerin Rimonowa. Andererseits funktionieren derlei Figuren immer ganz gut, wie man auch in der „klassischen“ BattleTech-Reihe mehrfach sehen konnte. Interessanter finde ich dennoch den pazifistischen Gouverneur, dessen wahres politisches Geschick im Verborgenen bleibt, ähnlich wie bei dem scheinbar behäbigen Gesandten Parsons. Ihnen ist der gewisse charakterliche Kniff eigen, der sie zu spannenden Nebendarstellern macht.

Was die Action angeht, ist „Ruinen der Macht“ lange Zeit sehr zurückhaltend und widmet seine Aufmerksamkeit eher den Intrigen in Cingulum, was eigentlich auch interessanter zu lesen ist, als die 520. Blechmannknüppelei – vor allem für Veteranen der Serie. Außerdem wirkt die finale Schlacht dadurch umso intensiver. Seit langer Zeit hat ein 100-Tonnen-BatteMech nicht mehr so eindrucksvoll gewirkt, wie in diesem neuen Universum, in dem die Stahlkolosse eingemottet und kriegerische Konflikte eigentlich der Vergangenheit angehören!

Fazit: „Ruinen der Macht“ von Robert E. Valdeman bietet eine solide, kurzweilige Geschichte, die man vor allem gegen Ende kaum noch aus der Hand legen möchte. Einsteiger in das Universum freut es, dass der Roman praktisch ohne Vorwissen zu verstehen ist und mögliche Informationslücken durch einen ordentlichen Glossar am Ende geschlossen werden können. Mechwarrior-Fans, die jedoch darauf warten, dass die „globale Handlung“ endlich in die Gänge kommt, werden enttäuscht, da sich die Galaxis im Vergleich zu den beiden Vorgängerbänden um keinen Parsec weiterdreht.


Ruinen der Macht (Mechwarrior Dark Age - Bd. 3)
Rollenspiel-Roman
Robert E. Vardeman
Heyne 2004
ISBN: 3-453-87900-7
349 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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