von Michael Wilhelm
Dennoch fällt es dem Leser überraschend leicht, sich in die veränderten politischen und militärischen Gegebenheiten der Inneren Sphäre einzulesen. Einen großen Anteil an diesem Verdienst hat das umfangreiche 38-seitige Glossar am Ende des Bandes, welches in kurzen Einträgen die wichtigsten Fraktionen, militärischen und politischen Führer, sowie die Eigenschaften von Mechs, Kampffahrzeugen und -fluggeräten abhandelt. Durch das Lesen der Einträge erhält man nebenbei auch einen kurzen Abriss des geschichtlichen Hintergrundes, sodass man wirklich wieder auf dem Laufenden ist.
Die Innere Sphäre befindet sich am Abgrund einer gewaltigen Krise. Das die einzelnen Welten über Entfernungen von Lichtjahren miteinander verbindende Kommunikationsnetz der Hyperpulsgeneratoren ist kollabiert. Tausende Planeten sind vom Rest des Universums abgeschnitten und auf spärliche, mit Sprungschiffen eintrudelnde Gerüchte angewiesen.
Nicht so der Planet Achernar. Die dortigen Bewohner haben das zweifelhafte Glück, über eine der wenigen noch funktionierenden Hyperpulsgenerator-Stationen zu verfügen. Auf die hat aber so manch unliebsame Fraktion ihr Auge geworfen. Nicht nur, dass ein Kontingent der Stahlwölfe unter dem kampferprobten Sternencolonel Torrent ein Auge auf die Station geworfen hat und einen Überraschungsangriff auf Achernar vorbereitet; auch der Schwertschwur hat, begründet auf seine lokale Bergbau-Industrie, die ihm den einen oder anderen Mech-Umbau zur Verfügung stellt, ein Interesse an Achernar. Unter Führung des adeligen Mech-Piloten Erik Sandoval-Gröll spielen die Schwertschwur-Einheiten eine wichtige Rolle auf den Seiten der Achernar gegen die Stahlwölfe verteidigenden Miliz, und doch bleiben sie dabei immer nur ihren eigenen Zielen treu.
Inmitten dieser politischen Intrigen und militärischen Konfrontationen spielt der Zollbeamte Raul Ortega eine zentrale Rolle. Nachdem er in der Ausbildung haarscharf an einer Karriere als Mech-Pilot vorbeischrammte, erhält er nun in der Verteidigung seines Heimatplaneten eine neue Chance, sich als Krieger zu beweisen. Als Reservist nach dem ersten Bombardement der Stahlwölfe ins Mech-Cockpit des „Legionärs“ einer verwundeten Mech-Pilotin (die zufälligerweise an seinem knappen Misserfolg in der Ausbildung verantwortlich war) beordert, beweist er schnell Kampf- und Führungsqualitäten.
Begleitet von der so mysteriösen wie schönen Mech-Kriegerin Tassa Kay in ihrem „Ryoken II“, ist er mehr als nur einmal im zentralen Geschehen der auf Achernar tobenden Schlachten. Zwischen dem ungestümen Angriff der Stahlwölfe und der ständigen Gefahr des Verrats des nur fraglich loyalen Schwertschwurs scheint die Lage der Miliz fast hoffnungslos. Dann jedoch taucht der fahrende Ritter Kyle Powers mit seinem 100-Tonnen „Jupiter“-Ungetüm auf, der für kurze Zeit das Blatt wenden zu können scheint. Als dieser im Kampf mit dem Stahlwolf-Anführer fällt, ist es wieder an Raul Ortega, die Sache in die Mech-Faust zu nehmen. Im geheimen Auftrag der auf Ronel gegen ein anderes Stahlwolf-Kontingent kämpfenden fahrenden Ritterin Janella Lakewood führt Ortega den Kampf weiter.
Im Laufe der über einige Wochen tobenden Kämpfe lernt Raul die geheimnisvolle Mech-Kriegerin und ihre Motivationen näher kennen. Rauls Verlobten, der Medtech Jessica, ist das deutlich zu nah. Dennoch schaffen es die beiden Frauen an Rauls Seite, ihre Rivalitäten zu verdrängen, um Raul in den letzten Tagen zur Seite zu stehen. Trotz großer Verluste und eingekeilt zwischen den beiden feindlichen Fraktionen, versuchen die letzten Verteidiger Achernars sich zu einem abschließenden Gefecht zu stellen, um mit verzweifelter Kraft, einem riskanten Plan und dem nötigen Glück vielleicht doch ihre Heimat vor fremder Herrschaft zu bewahren...
Wer tiefgehende Charakterisierungen oder anspruchsvolle Dialoge erwartet, ist hier sicher falsch. Lediglich dem Charakter von Raul Ortega schafft der Autor, einigen Tiefgang zu verleihen, welcher sich aber mehr auf seine Beziehungen zu den beiden Frauen und der Rivalität mit dem Schwertschwur-Anführer Sandoval-Gröll gründet. Sandoval-Gröll selbst bleibt nicht mehr als ein Ekel und Tassa Kay ist leider eben auch nicht mehr als nur mysteriös und schön. Zu erwähnen ist vielleicht noch der etwas deplaziert wirkende Dialekt des Miliz-Kommandanten Isaac Blaire.
Dafür wird aber jede Menge Action geboten. Seitenlange, blumige Beschreibungen der Kampfhandlungen und der Ergebnisse von Raketen-, Autokanonen-, PPK- und Laserfeuer in farbigsten Worten sollten die Herzen von Freunden feuriger Explosionen und schmelzenden Metalls höher schlagen lassen.
Durchaus lobenswert ist, dass der Band, obwohl es sich um den zweiten einer Reihe handelt, eigenständig und ohne Kenntnis des ersten Bandes lesbar ist. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, macht aber Lust auf mehr. Wie wird der Kampf um die innere Sphäre weitergehn? Was droht Achernar in der Zukunft? Und wird sich Ronel gegen die Stahlwölfe halten können?
Fazit: „Der Kampf beginnt“ von Loren Coleman bietet – im Guten wie im Schlechten – genau das, was man von einem BattleTech-Roman so erwartet: auf der einen Seite relativ eindimensionale Charaktere, auf der anderen aber furiose Heavy-Metal-Action. Dadurch, dass der Roman weitgehend in sich abgeschlossen ist, ist er auch interessant für Fans der klassischen BattleTech-Romane, die „nur mal testlesen“ wollen, wie sich das Universum mit „Mechwarrior: Dark Age“ verändert hat.
Der Kampf beginnt (Mechwarrior Dark Age - Bd. 2)
Rollenspiel-Roman
Loren Coleman
Heyne 2003
ISBN: 3-453-87543-5
428 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95
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