Murderworld – Das Spiel des Todes

Der Preis ist heiß: Der eigenartige Multimilliardär mit dem Namen eines Spielautomaten („Arcade“) veranstaltet die spektakulärste Spiel-Show aller Zeiten und streamt diese live im Internet. 100 Millionen Dollar Preisgeld winken dem glücklichen Gewinner oder der glücklichen Gewinnerin. Der Haken an der Versuchung: Von den 200 Spielenden, die an den Start gehen, wird Murderworld nur eine Person lebend wieder verlassen!

von Daniel Pabst

„Murderworld – Das Spiel des Todes“ ist ein Comic aus dem Marvel-Universum, welcher 2023 bei Panini Comics in einer Softcover-Version erschienen ist. Die Autoren sind Jim Zub und Ray Fawkes. Die Illustrationen kommen von Netho Diaz, Farid Karami, Jethro Morales, Carlos Nieto, Luca Pizzari und Lorenzo Tammetta.

Bei dem skurrilen Veranstalter dieses Marvel Comics, der inhaltlich an „The Hunger Games“ (Suzanne Collins) oder das Netflix-Serien Phänomen „Squid Games“ erinnert, handelt es sich um einen Superbösewicht, welcher bereits in der Vergangenheit allerlei tödliche „Spiele“ veranstaltet hat. „Arcade“ präsentiert sich trotz seiner eher schmächtigen Gestalt als das komplette Gegenteil des charmanten Retro-Automaten aus der Spielhalle. Er sucht sich hoffnungslose Charaktere aus, um sie dazu zu motivieren, an dem diabolischen und todbringenden Spiel teilzunehmen – einzig aus dem Grund, das gierige Internet-Publikum zu unterhalten und „Klicks“ zu generieren!

Für uns Leser und Leserinnen ist das abschreckend brutal und zugleich äußert spannend aufbereitet worden. Wir nehmen einerseits die Seite des voyeuristischen Publikums mit ein, und andererseits fiebern wir mit den einzelnen Personen mit. Denn die Autoren präsentieren uns viele verschiedenen Charaktere, in deren Gedanken- und Gefühlswelt wir Einblicke erhalten. Das ist erzählerisch durch die Textfelder im Comic gestaltet worden. Da lesen wir beispielsweise wie ein junger Streamer denkt: „Wie hätte ich das ablehnen können? Nachdem ich den Einladungs-Clip gepostet hatte, hat sich meine Zuschauerzahl verdreifacht“. Das ist erschreckend zeitnah.

Ein anderer Charakter, eine MMA-Kämpferin, lässt uns an folgenden Gedanken teilhaben: „Small Talk, als wären wir auf einer Singleparty. (…). So oder so tu ich ihm was Gutes. Dann wird er zögern, wenn’s drauf ankommt. Ich nicht. Die Stärkste überlebt. Keine Regeln.“ Oder wir sehen einen Schwerkriminellen, der uns seine drei Überlebensregeln gesteht: „Regel eins: Sei immer bereit, jederzeit kämpfen oder abhauen zu können. Wobei abhauen immer die bessere Wahl ist. Zwei: Wenn du kämpfen musst, halt dich niemals zurück. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, schlag zu. Und drei: Glaub niemandem.“

Das aber sind noch längst nicht alle Charaktere, denen wir folgen werden. Parallel zu dem Spiel sehen wir eine Frau namens Natasha Romanoff, die versucht, den Standort von Murderworld zu lokalisieren, um das Spiel zu einem Ende zu bringen. Aber können wir ihr auch trauen? Überhaupt spielt dieser Comic nicht nur mit den Charakteren. Als Leser oder Leserin sollte man den Geschehnissen auf dem Papier nämlich nicht trauen. Immer wieder tut sich eine Wandlung auf, die vollkommen überraschend und unerwartet ist.

Das beginnt bereits bei den Helden und Heldinnen von Marvel, die wir auf dem Cover dieses Comics zu sehen bekommen. Welche Rolle spielen diese? Was hat es mit den Avengers, Spider-Man, Wolverine und den vielen Begleitern und Begleiterinnen auf sich? Ohne auf den Inhalt im Detail einzugehen, muss an dieser Stelle allen Marvel-Fans mitgeteilt werden – Achtung Spoiler! –, dass die Helden hier nicht in einem „Battle-Royale“ gegeneinander antreten müssen. Ihr Auftritt ist bedeutend beunruhigender.

Was an diesem Comic besonders Laune macht, ist, dass er trotz der vielfältigen Variationen des „Battle Royale“ aus diverse Spielen, Filmen und Romanen keine billige Kopie ist. Nein! Dieser Comic hat es geschafft, einen eigenen Spin zu entwickeln und die Leserschaft das ein ums andere Mal zu überraschen. Vor allem, da die Protagonisten „einfache“ Menschen sind. Daher gibt es auch keine Plot-Armor, und in aussichtslosen Situationen kommen keine Adler angeflogen, um die Gefahr zu entschärfen. Unterstützt wird dies durch die Tatsache, dass sich das Werk selbst nicht ernst nimmt. Der Antagonist wirkt wie eine sadistische Parodie auf Spiel-Show-Hosts aus dem TV oder dem Internet, und das Ableben der Charaktere sorgt für kuriose Momente.

Fazit: Dieser Comic ist für Fans von „The Hunger Games“ oder „Squid Games“ eine echte Leseempfehlung. Selten sterben in Marvels farbenfroher Comic-Welt tatsächlich Menschen. Hier stehen die Menschen hilflos einer bösen Macht gegenüber. Und damit entsteht auch bei der Leserschaft eine spannungsvolle Nähe. Einziger Kritikpunkt ist, dass das Cover eine andere Geschichte vermittelt – hier wird mit den populären Superhelden geworben, obwohl diese im Comic nur eine unerwartete Nebenrolle einnehmen. Das aber ist nur eine Notiz am Rande. „Murderworld“ ist nämlich mörderisch gut!

Murderworld – Das Spiel des Todes
Comic
Ray Fawkes, Jim Zub, Jethro Morales, Farid Karami u.a.
Panini Comics 2023
ISBN: 978-3-7416-3404-8
124 S., Softcover, deutsch
Preis: 15,00 EUR

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