Lodland 1.5

Seit Generationen schon ist die Erdoberfläche unbewohnbar. Die Reste der Menschheit hausen in Habitaten und Städtekuppeln auf dem Meeresboden, fernab vom Tageslicht, und pflegen nur noch sehr begrenzten Kontakt zu den Bewohnern der jeweils anderen Habitate. Aus Eigenheiten und Volkscharakterzügen sind neue „Stämme“ geworden, auch Psionik und Genforschung haben sich stark weiterentwickelt. Und so lebt die einstmals so globalisiert denkende „Krone der Schöpfung“ nun weit unter dem Meeresspiegel, als wäre dies ganz normal. Willkommen in „LodlanD“.

von Christian Humberg

Unten im Meer

„Mehr als im Meer erlebst du nie“, sang dereinst Krabbe Sebastian in Disneys kleiner Meerjungfrau. Zwar bezog sich das trällernde Schalentier dabei nicht auf das deutsche Rollenspielsystem „LodlanD“, doch tut dies dem Nutzen des Zitats keinen Abbruch, denn was André Wiesler und sein Team hier seit Jahren auf die Beine stellen, ist bemerkenswert. In der Welt von „LodlanD“ musste die Menschheit aufgrund selbst verschuldeter Klimanschäden den Meeresboden besiedeln. In verschiedenen Gruppen, zum Rat der Länder (RDL) zusammengefasst, leben die Unterwassermenschen nun schon seit Generationen im finsteren Nass und kennen die Erdoberfläche nur noch aus Geschichtsbüchern. Für die technischen, sozialen und politischen Auswirkungen dieser Umsiedelung haben sich die RPG-Autoren fachmännisch von Wissenschaftlern beraten lassen, sodass hinter allem Spielespaß immer auch noch ein kleiner Anteil von Fakten steht.

Seit 2003 existiert dieses System auf dem hiesigen Markt und konnte schon eine stattliche Zahl von Fans und Publikationen für sich verzeichnen. Um das Grundregelwerk optisch wie inhaltlich auf den neuesten Stand zu bringen, legen die LodlänDer nun das Regelwerk 1.5 vor, quasi die Special Edition der Systeminitialzündung von vor drei Jahren.

Na na na, das klingt doch nach Geldschneiderei

Aber nicht doch. „LodlanD 1.5“ widerspricht den im ursprünglichen Grundregelwerk aufgeführten Regeln und Hintergrundinformationen in keinster Weise, ist sogar völlig mit diesem kompatibel. Hier wird nicht das Spiel neu erfunden, Käufer des ursprünglichen Regelwerks brauchen also keine Sorge zu haben, dieses für neuere Publikationen nicht länger verwenden zu können. Die 1.5er Version bietet generell die gleichen, wenn auch gründlich überarbeiteten, redigierten und ergänzten Inhalte.

Besonderes Augenmerk wurde dabei auf das Layout gelegt. Hatte der ursprüngliche Band noch im Softcover vorgelegen, bietet 1.5 nun die für viele Regelwerke übliche Hardcoverausstattung. Auch die Innengestaltung ist in Sachen Satz, Gliederung und Illustration den Quellenbüchern und Völkerbänden angepasst worden. „LodlanD“ präsentiert sich optisch nun also in einem Guss. Und der kann sich sehen lassen.

Der Aufbau

Inhaltlich gliedert sich das vorliegende Buch in mehrere Kapitel, welche dem Leser primär Hintergrundinformationen über die Unterwassergesellschaft vermitteln. Neben einem detaillierten Einblick in die einzelnen Staaten des RDL, seiner Feinde (etwa Piraten) und des mitunter sehr unterschiedlichen Alltags seiner verschiedenen Bewohner, werden auch und ausführlich die verwendbaren U-Boote geschildert und bebildert. Die geschieht so gründlich, dass es neben Gamern durchaus auch Technikfans ansprechen könnte. Ist aber auch richtig so, sind die Boote unter Wasser doch das Hauptfortbewegungsmittel, wenn man von einem „Land“ ins nächste will.

Zwei weitere Kapitel widmen sich den typischen Charakteren des Systems. Unter „Archetypen“ werden klassische Figuren übersichtlich und mit farbigem Bild geschildert. So erhält der Spieler praktisch und auf einen Blick gezeigt, was etwa ein durchschnittlicher Primusalenpriester oder ein Handelsreisender aus Lod so alles drauf haben sollte. Ganz ähnlich sind die „Beispielcharaktere“ aufgebaut. In diesem Kapitel werden unterschiedliche und fertig entwickelte Figuren vorgestellt. Dadurch erhält der Leser a) Gespür und Orientierung für die eigene Charaktergestaltung und b) schon voll spielbare Charaktere zur Auswahl – für den Fall, dass es mal schnell gehen muss.

Wie in vielen „LodlanD“-Publikationen bietet auch das „neue“ Grundregelwerk eine kurze Zusammenstellung möglicher Kampagnen, von der sich Spielleiter inspirieren lassen können und ein genaueres Gefühl für die im Rahmen des Spielsystems denkbaren Abenteuer bekommen. Stichwort Abenteuer: Mit „Kein Platz für Geheimnisse“ liefert das Buch zudem ein komplettes spielbares Einführungszenario, in welchem sich die Helden inmitten eines dramatischen Detektivfalls wiederfinden, als eine simple Überfahrt im U-Boot zum Krimi wird.

Darüber hinaus bietet „LodlanD 1.5“ Daten und Fakten zu Ausrüstungsgegenständen und Infrastruktur der Unterseebewohner, es liefert Riss- und andere Zeichnungen der Boot-Typen (teilweise in Farbe) vom allseits bekannten Georg Joergens, der auch schon für Perry Rhodan u.a. Franchises zum virtuellen Zeichenstift griff, und und und. Eine bunte und detailfrohe Mischung, die uns Landratten auf ein Leben unter dem Meer vorbereitet.

Fazit: Den Vergleich habe ich an ähnlicher Stelle zwar schon mal angebracht, aber er stimmt einfach: „LodlanD“ gelingt das, was Steven Spielbergs TV-Serienflop „seaQuest DSV“ so kostspielig in den Sand setzte – ein spannendes, stimmiges, gut strukturiertes und mit spürbarer Freude am Material geschaffenes Untersee-Universum zu schaffen, in dem man sich gerne aufhält. Das Grundregelwerk 1.5 ergänzt und modernisiert die Publikation von 2003, widerspricht ihr aber in keinster Weise. Übersichtlich und anschaulich schildern die Autoren das Leben am Meeresboden, stellen Völker und Länder vor. Aufgrund der relativ einfach zu verstehenden Regeln des Spiels, liegt das Hauptaugenmerk der Publikation auf der Wissensvermittlung. „LodlanD“ macht aus Landratten Meerjung-Gamer!


LodlanD 1.5 – Ein Rollenspiel in den Tiefen des Meeres
Grundregelwerk
André Wiesler u.a.
Image 3033 2006
ISBN: 3-933153-12-3
246 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 36,80

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