von Bastian Ludwig
Inhalt
Lucas Caravaggio ist es gelungen, aus seinem Gefängnis im Brunnenhaus zu entkommen und sich unter falscher Identität die Freundschaft von Tyler und Kinsey zu erschleichen. Eingenistet hat er sich bei Ellie Whedon, seiner einstigen Freundin und dem ehemaligen Mitglied der mysteriösen Theater-AG der Highschool von Lovecraft. Eine prekäre Situation für die labile Ellie, denn um seine noch immer im Dunkeln liegenden Ziele zu erreichen, schreckt Lucas vor nichts zurück. Auch Duncan befindet sich dadurch in Gefahr, denn er könnte Lucas möglicherweise erkennen.
Unterdessen findet Bode heraus, was hinter dem Schlüssel steckt, den er aus dem Pool im Garten gefischt hat, und teilt dessen Geheimnis mit seinen Geschwistern.
Besprechung
Nach dem Prolog „Willkommen in Lovecraft“ startet mit „Psychospiele“ nun die erste Hälfte des ersten Aktes von „Locke & Key“. Dramaturgisch merkt man dies der Geschichte an. Wirkte der Prolog noch sehr straff entlang zweier stark verzahnter Handlungsstränge erzählt, nämlich dem der Locke-Geschwister und dem von Sam Lesser, spaltet sich die Geschichte nun in deutlich mehr Stränge auf. Dass von diesen keiner unabhängig von den anderen ablaufen wird, deutet sich zwar schon an, vollends verflechten werden sie sich aber wahrscheinlich erst in den zukünftigen Ausgaben. So bleiben am Ende dieses Bandes eine Menge loser Fäden übrig. War der Prolog noch eine in sich relativ abgeschlossene Geschichte, ist nun eine Fortsetzung unausweichlich.
Wo die Spannung in „Willkommen in Lovecraft“ in erster Linie aus den Konflikten der Charaktere sowie der Bedrohung durch Sam erzeugt wurde, speist sie sich jetzt deutlicher aus dem Mysterium um das Keyhouse – so erhaschen wir zum Beispiel einen kurzen Blick auf einen weiteren Schlüssel, der in Zukunft sicher noch eine wichtige Rolle spielen wird – und die Mitglieder von Rendell Lockes Theatergruppe aus seiner Schulzeit. Die emotionale Wucht des Prologs kann dadurch nicht ganz gehalten werden, wird aber ersetzt durch größere Komplexität und Vielschichtigkeit bei der Story. Außerdem wird durch den Einsatz eines neuen Schlüssels der Horroraspekt ein wenig angezogen, was zu surrealen Bildern führt, die einem wohlig die Nackenhaare zu Berge stehen lassen.
Auf der Seite der Charaktere erfahren wir mehr über die Locke-Geschwister und ihren Versuchen, mit der noch immer schwierigen und durch die Geheimnisse des Keyhouses nicht leichter werdenden Situation fertig zu werden. Außerdem werden einige Nebenfiguren eingeführt beziehungsweise ausgebaut, wie zum Beispiel Rendells Bruder Duncan und Ellie Whedon. Besonders interessant erscheint mir aber Ellies geistig behinderter Sohn Rufus, hinter dem mehr zu stecken scheint, als man auf den ersten Blick meinen mag. Die wichtigste Figur in diesem Band ist aber wohl Lucas Caravaggio, der ohne Kompromisse als skrupelloser, hinterhältiger und undurchsichtiger Schurke positioniert wird, den man gerne zu hassen bereit ist.
Über den Zeichenstil lässt sich kaum etwas Neues sagen. Gabriel Rodriguez’ leicht karikaturesker, dabei aber nie zu comichafter Stil illustriert die Geschichte nach wie vor perfekt, ebenso wie Jay Fotos’ gedeckte Farbgebung.
Im ersten Band war das einzige Extra eine Artwork-Galerie mit Arbeiten von Gabriel Rodriguez. Dieses Mal ist man etwas großzügiger. Eine Galerie findet man wieder; viel interessanter, gerade für Hobbyillustratoren, dürfte aber ein Einblick in die Arbeitsweise des Zeichners vom Skript bis zur fertigen Comicseite sein. Als Letztes gibt es noch einen Überblick über die bisher bekannten Schlüssel, verfasst in Form von Tagebucheinträgen eines der Vorfahren der Lockes. So etwas finde ich ja immer ungemein praktisch, um nicht den Überblick zu verlieren.
Und wo wir gerade bei Überblick sind, kommen hier noch ein paar Hintergrundinformationen zur Veröffentlichung der „Locke & Key“-Storyline: „Locke & Key“ ist keine fortlaufende Serie. „Willkommen in Lovecraft“ bildet den Prolog aus sechs Heften. Danach folgen drei Akte, wobei Akt Eins und Zwei aus je zwei sechsteiligen Miniserien besteht, bevor Akt Drei die Geschichte mit einer ebenfalls sechsteiligen Miniserie abschließen wird. Am Ende wird es also 36 Einzelhefte geben, doch das ist noch Zukunftsmusik, befindet man sich in den USA aktuell in der ersten Hälfte des zweiten Aktes.
Fazit: Nun gut, dieser zweite Band von „Locke & Key“ wirkt unfokussierter als der straffe Prolog, aber das ist völlig in Ordnung, müssen doch erst einmal alle Handlungselemente platziert werden, um in der Folge zu ihrer völligen Entfaltung zu kommen. Also ich werde auf jeden Fall dran bleiben.
Locke & Key 2 – Psychospiele
Comic
Joe Hill, Gabriel Rodriguez
Panini 2010
ISBN: 978-3-866078-97-0
160 S., Softcover, deutsch
Preis EUR 16,95
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