304 Seiten nahezu pures Spielmaterial bekommt der Leser von Ulisses Spiele mit dem „Liber Cantiones“ geboten. Nachdem das Regelwerk, welches vorher über 4 Boxen verteilt war, neu in vier Hardcoverbänden zusammengefasst und leicht aktualisiert wurde (die so genannte Edition 4.1 von „DSA“), wurde auch der Band mit den kompletten Zaubersprüchen neu aufgelegt. Dies war insofern schon dringend notwendig, da im Gegensatz zu den Boxen in den Hardcovern die Zaubersprüche nur kurz aufgeführt, aber nicht ausführlich beschrieben waren.

Der äußere und innere Eindruck

„WOW!“ war der erste Eindruck (und auch der zweite und dritte), als der Rezensent das neue „Liber Cantiones“ das erste Mal in der Hand hielt. Ein Mini-Foliant oder Buch, etwas kleiner als die normalen Hardcover, mit Maßen von 18,5 auf 26 cm, in einem braunroten Kunstledereinband, auf dessen Vorderseite in goldenem Prägedruck neben Titel und Untertitel auch wieder die Zhayad-Zeichen prangt. Das Leder fasst sich gut an, das gesamte Buch liegt angenehm in der Hand.

Die 304 Seiten sind in einem angerauten, festeren und leicht bräunlich gefärbtem Papier gehalten, welches auch wieder sehr gut in den Fingern oder Händen liegt und einen fast mit Genuß umblättern lässt. Die Seiten sind dazu genäht und nicht geklebt, ein Lesebändchen ist beigefügt. Jede Seite hat zudem eine Art Rahmen, der einen fast denken lässt, wirklich ein altes Dokument in Händen zu halten. Auch der Rahmen und die Schrift selber sind in einer Art Braun-Grau-Ton gehalten und lassen sich sehr angenehm lesen. Jeder Zauberspruch erhält zudem eine eigene Seite (immer nach demselben Muster aufgebaut), sodass man schnell wieder den Überblick findet und auch im Spiel schnell etwas nachschlagen kann.

Illustrationen finden sich mit Ausnahmen der Rahmen und verschnörkelter Symbole als Abschluss der Seiten keine, man vermisst diese in dem Band aber auch nicht. Zur Übersicht ist neben den spielrelevanten Merkmalen auf jeder Seite auch die so genannte Komplexität des Spruches (zum späteren Steigern) als auch das so genannte Merkmal angeben.

Der Inhalt

Mit einer Ausnahme (dazu später weiter unten) ist der Band „rund“, alle wichtigen Informationen sind enthalten. Nach Inhaltsverzeichnis und Einleitung folgt eine ausführliche Erläuterung der Begriffe, die bei der Struktur und Übersicht der einzelnen Zaubersprüche genutzt werden, was speziell für den Spieler, aber auch den Spielleiter, noch einmal für das Spiel relevante Punkte erklärt. Danach folgen noch einmal in Kurzform die so genannten Repräsentationen (Gildenmagisch, Druidisch, Elfisch etc.) mit den jeweiligen Merkmalen und Auswirkungen auf das Spiel, kurz aber angenehm übersichtlich komprimiert auf rund zwei Seiten. Ehe es schließlich ans Eingemachte, die Zauber, geht, werden noch die Spontanen Modifikationen sehr kurz zusammengefasst (zum ausführlichen Verständnis sollte hier sicherlich „Wege der Zauberei“ hinzugezogen werden).

Von A-Z alphabetisch geordnet, wird das komplette Repertoire der aventurischen Zaubersprüche mit jeweils mindestens einer Seite pro Zauberspruch übersichtlich für den Leser und Spieler zusammengefasst. Zu einzelnen Bereichen, die Zaubersprüche betreffen, sind jeweils eine Seite mit Expertenregeln eingefügt. Interessant sind neben den eigentlichen Regeln und Beschreibungen der Zaubersprüche die noch etwas ausführlicher gefassten und besser erklärten Modifkationen und Varianten, die ein Spieler an den Sprüchen vornehmen kann und die jedem Spielerzauberer erlauben, seinen Charakter noch unverwechselbarer zu machen sowie die anderen Spieler mit neuen Abwandlungen und Kreationen seiner Kunst zu überraschen.

Abschließend folgen noch zwei Anhänge: einerseits die Sortierung der Zaubersprüche nach Merkmalen (interessant wenn es darum geht, aus seinem Spezialgebiet etwas Neues zu lernen) und der Index mit der Aufzählung aller Zauber zum schnellen Finden während des Spiels.

Der einzige kleine Nachteil mag das Fehlen der sämtlichen Rituale der verschiedenen Repräsentationen (Stabzauber, Elfenlieder, Hexenflüche etc.) sein, die im Band von 2004 noch enthalten waren, jetzt aber in im Regel- und Quellenband „Wege der Zauberei“ zusammengefasst wurden. Da diese im Spielgebrauch aber eher eine passive Rolle im Vergleich zu den normalen Zaubern einnehmen und somit auch deren Spielhäufigkeit und -relevanz geringer ist, fällt das Fehlen nur bedingt auf.

Insgesamt ist seit den Anfängen von „DSA“ in 1984 bis heute eine beachtliche Entwicklung zu sehen, aber auch eine immer detailliertere Auswahl. Begann man damals noch mit etwas mehr als zehn Zaubersprüchen, wandelte sich dies über eine etwas größere Auswahl mit dem Ausbauspiel hin zum „Buch der 11x11 Zauber“ und fand in „Götter, Magier und Geweihte“ mit dem kleinen DIN-A5-Folianten seinen ersten Höhepunkt. Mit dieser Neuauflage und verbesserten Version des „Liber Cantiones“ ist ein Punkt erreicht, an dem man sich fragt, was noch groß verbessert werden kann – sowohl vom Layout und Äußeren her, als auch vom Inhalt. Glückwunsch und Respekt an die „DSA“-Redaktion!

Fazit: Manchem Spieler und Spielleiter mag sich die Frage stellen, ob sich die Anschaffung generell lohnt beziehungsweise dann lohnt, wenn man schon die Vorgängerversion von 2004 hat. Sofern diese nicht vorliegt und man gegebenenfalls sogar erst mit der 4.1 Edition in „DSA“ eingestiegen ist, kommt man um den „Liber Cantiones“ nicht herum, da nur hier die Zaubersprüche in voller ausführlicher Form für den Spielgebrauch vorliegen. Aber auch für Besitzer der Edition von 2004 mag der Band durchaus seinen Mehrwert bieten, da es doch einige Änderungen gab. Auf jeden Fall ein hochqualitatives Rollenspielprodukt!