Krieger, Krämer und Kultisten – Meisterpersonen des Mittelreiches

In der purpurnen Reihe „DSA“-Publikationen, die offiziell den Titel „Deluxe-Reihe“ trägt, sollen zukünftig Informationen für das Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ veröffentlicht werden, für die in den übrigen Publikationen kein Platz gefunden wurde. Dabei wird auch auf die gestalterische Aufmachung ein besonderes Auge gelegt – immerhin vollfarbig und reichhaltig illustriert sollen die Bände sein. Den Anfang macht „Krieger, Krämer und Kultisten – Meisterpersonen des Mittelreiches“, welches auch gleich auf der RPC den ersten Platz im Bereich Pen&Paper-Rollenspiel abräumen konnte.

von André Frenzer

 

Ich muss gestehen, dass ich bei der Ankündigung der neuen Deluxe-Reihe doch sehr skeptisch war. Es gibt wohl kaum eine Rollenspielwelt, die derart detailliert beschrieben wurde wie Aventurien und in der der Metaplot so deutlich in den Vordergrund tritt. Welche Inhalte sollten denn bislang nicht durch die übrigen Publikationen abgedeckt sein? Als dann bekannt wurde, dass die Reihe mit einem Meisterpersonen-Band beginnen sollte, wurde ich regelrecht misstrauisch. Gab es nicht bereits eine große Bandbreite besonderer Meisterpersonen, die in den zahlreichen Regionalbänden beschrieben wurde?

Dies vorweg gestellt sprechen wir nun über den eigentlichen Inhalt des vorliegenden Bandes. Auf insgesamt 208 vollfarbigen Seiten werden über 60 Meisterpersonen aus der Welt des Schwarzen Auges von „A“ wie Adeptin bis „Z“ wie Zuckerbäcker vorgestellt. Dabei handelt es sich aber nicht um besondere Personen, sondern um alltägliche Begegnungen am Wegesrand. Sei es die Magd eines ländlichen Gehöftes, der Wirt im dörflichen Gasthaus oder die Torwächterin am Eingang einer größeren Stadt: Es wird eine sehr breite Palette unterschiedlicher Meisterpersonen angeboten. Jedem NSC wurde dabei eine stimmungsvolle Kurzgeschichte spendiert, eine farbige Zeichnung seiner selbst sowie ein Wertekasten, der Spielwerte für drei verschiedene Varianten eines typischen Vertreters seines Berufsstandes enthält. Außerdem werden zu jeder Person noch mehrere Vorschläge präsentiert, wie sie in Szenarien eingebunden werden kann: sei es als Aufhänger für ein eigenes Abenteuer oder als „zufällige“ Begegnung.

Abgerundet wird der Band noch mit verschiedenen Spielhilfen zur Ausgestaltung der eher unauffälligen Meisterpersonen. Es gibt eine umfangreiche Namensliste sowie eine Liste mit verschiedensten Charaktereigenschaften. Dazu gesellen sich eine Übersicht über die Seelentiere (die einem magiekundigen Charakter einiges über das Wesen seines Gegenübers verraten können) sowie eine Liste mit Modifikationen für die Spielwerte der NSC, wenn sie denn nicht aus dem Mittelreich sondern einer anderen Region Aventuriens stammen sollen.

Die Wertekästen mit Spielwerten bei den vorgestellten Meisterpersonen sind allerdings doch ein wenig komplex zu bedienen. Während für die Grundausstattung des NSC vollständige Werte angegeben sind, sind die übrigen Versionen („Erfahren“ und „Veteran“) nur als zusätzliche Modifikationen angegeben, sodass für jeden Einsatz des NSC noch einiges an Arbeit auf den Spielleiter zukommen, will er denn auf komplette Spielwerte zurückgreifen. Der Vorteil ist natürlich, dass so relativ simpel jeder NSC etwas spieltechnische Individualität bekommt – doch ist das für eine zufällige Begegnung am Wegesrand wirklich notwendig?

Bei einer derartigen Masse von Abenteuervorschlägen ist es wohl auch natürlich, dass nicht jede Idee eine Sternstunde der Innovation sein kann. Doch sind auch Vorschläge dabei, die wohl eher albern anmuten: So wird bei der Meisterperson „Hure“ tatsächlich ein Szenario um den unbekannten Hurenmörder „Alrik der Aufschlitzer“ vorgeschlagen, der die Stadtwache in Atem hält. Hier wäre an der einen oder anderen Stelle weniger vielleicht mehr gewesen, und es gilt, die Spreu vom Weizen zu trennen. Nichtsdestotrotz ergibt sich alleine durch die schiere Masse an Vorschlägen auch die eine oder andere gute Idee.

Der komplett vollfarbig gedruckte Band ist wie bereits beschrieben mit zahlreichen, großformatigen Illustrationen der vorgestellten Meisterpersonen bebildert. Das Niveau ist dabei durchgängig hoch. Ebenso wurde dem Band ein purpurnes Lesebändchen spendiert, was sicherlich auch beim Auffinden der gewünschten Informationen hilfreich sein kann. An der technischen Ausstattung gibt es insofern nichts zu meckern.

Fazit: Meine anfängliche Skepsis gegenüber der purpurnen Deluxe-Reihe im Allgemeinen und dem Band „Krieger, Krämer und Kultisten“ im Besonderen hat sich in echte Begeisterung gewandelt. Der Band bietet tatsächlich eine Fülle von Informationen, die auch direkt am Spieltisch einsetzbar sind und so in dieser Form noch nicht vorlagen. Die zahlreichen Kurzgeschichten machen „Krieger, Krämer und Kultisten“ darüber hinaus zu einem wunderbaren Lesebuch zum Eintauchen in den aventurischen Alltag – auch, wenn sie natürlich nicht die Literaturgattung „Fantasy“ in neue Höhen führen. Auch die hübsche Aufmachung und die zahlreichen Inspirationsquellen wissen zu gefallen. Sicherlich kein Pflichtkauf für jeden Spielleiter des „Schwarzen Auges“, aber eine lohnenswerte Anschaffung ist es allemal.


Krieger, Krämer und Kultisten – Meisterpersonen des Mittelreiches
Quellenbuch
Alex Spohr, Mario Truant, André Wiesler
Ulisses Spiele 2012
ISBN: 978-3-868891-84-3
208 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 35,00

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