Klüngel

Nachdem nun seit Erscheinen der neuen World of Darkness schon einige Monate ins Land gezogen sind, liegt auch der erste Quellenband zu „Vampire: Requiem“ vor. Wie der Titel vermuten lässt, geht es um „Klüngel“, Gruppen von Vampiren, die sich auf einen gemeinsamen Weg durch die Dunkelheit gemacht haben. Was motiviert sie, diesen Weg zusammen zu gehen? Was vereint diese Räuber der Nacht? Warum ziehen sie nicht alleine durchs Dunkel? Diese Fragen (und noch viel mehr) soll der vorliegende Band klären.

von Michael Wilhelm

 

Wie vom deutschen Herausgeber der Welt der Dunkelheit, Feder & Schwert, nicht anders zu erwarten, kommt auch dieser Band in festen Karton gebunden daher. Druckbild und Layout wissen sofort zu überzeugen, die Illustrationen, in diesem Band leider eher spärlich vorhanden, sind von gewohnter Qualität. Besonders stechen die jedes Kapitel einleitenden, ganzseitigen Zeichnungen hervor, die in Kombination mit einem stimmungsvollen Zitat auf einer Doppelseite die Kapitel zu den einzelnen Bünden einleiten, hervor. Alles in allem bieten die 140 Seiten eine Menge Lesestoff.

Wozu ein Buch über Klüngel? Und was ist das überhaupt: ein Klüngel? Im amerikanischen Original als „Coterie“ bezeichnet, was sich auch mit Zirkel übersetzen lässt, dann aber vielleicht zu sehr nach Hexen klingt, ist damit eine Gruppe von einer Handvoll Vampiren gemeint, die ihren Unlebensweg, aus welchen Gründen auch immer, gemeinsam bestreiten. Und vor allem mit diesen Motiven und Hintergründen gemeinsamen Klüngeldaseins, und den daraus sich entwickelnden Konflikten und Episoden, befasst sich der vorliegende Band.

Egal ob man einen Klüngel gemischter Bünde und Clans spielt oder einen eher homogenen Background spielt, hier wird jeder Erzähler fündig und erhält einen reichen Schatz an Informationen und Ideen für seine Chronik.

Der Text beginnt zunächst mit einer kleinen Episode aus dem nächtlichen Leben eines Klüngels, der sehr eindrücklich die Vorteile gemeinsamen Unlebens darstellt. Durch Teamwork kommen eben auch die Untoten eher ans Ziel und steigern ihre Chancen, die Widrigkeiten der Welt der Dunkelheit zu überleben.

Insgesamt sechs Kapitel befassen sich mit verschieden zusammengestellten Klüngeln, wobei jedes Kapitel sich mit möglichen Gründen für die Bildung eines solchen Klüngels auseinandersetzt, spezielle Probleme und Vorteile bespricht und versucht, sowohl dem Erzähler als auch den Spielern eine Menge Information und Ideen für das Spiel zu vermitteln. Gerade in einer Welt, wo der Clan zwar die Herkunft, und damit die Geschichte, eines Vampirs, die Bundzugehörigkeit aber vielmehr über die politische Orientierung und Geisteshaltung aussagt, und damit die Gegenwart des Vampirs definiert, werden bundhomogene Klüngel eher die Regel sein. Da Rollenspieler aber gerne zu extremen Rollenverteilungen tendieren, verdienen auch gemischte Klüngel besondere Beachtung. Ein großer Vorteil dieser ist, dass alleine schon aus inneren Konflikten Stoff für ganze Chroniken zu finden sein kann. Was aber führt so verschiedene Vampire dazu, sich zusammenzuschließen?

Kapitel Eins: Kosmopolitische Klüngel widmet sich also solchen bunt durcheinander gewürfelten Haufen und dort können wir einiges über die Motivation solcher Gruppen erfahren, gleich ob nur für kurze Zeit ein gemeinsamer Weg gegangen wird oder man für längere Zeit eine Gemeinschaft bildet. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Klüngeln, die sich aus Vertretern eines einzelnen Clans zusammensetzen, was ja nicht unbedingt bedeutet, dass diese Individuen auch über gemeinsame Interessen verfügen müssen.

Kapitel Zwei, welches sich dem Ordo Dracul widmet, behandelt nebenbei auch okkulte Geheimgesellschaften und die Mysterien des Ordens sowie das System von Verpflichtungen innerhalb des Ordens.

Das der carthianischen Bewegung gewidmete Kapitel Drei bietet ausführliche Beschreibungen der besonderen Philosophien dieses Bundes und das für Vampire besonders hohe Maß an Teamwork in Klüngeln dieses Bundes.

In Kapitel Vier, welcher sich mit dem Zirkel der Mutter befasst, werden auch einige der Crúac-Rituale dieses Ordens beschrieben.

Kapitel Fünf: Der Invictus beschreibt die besonderen Machtstrukturen und Abhängigkeiten innerhalb dieses feudalen Bundes, in dem sich viele Beziehungen auf besondere Eide begründen.

Die Lancea Sanctum findet ihre Beschreibung in Kapitel Sechs, worin auch auf die besondere Spiritualität der Vertreter dieses Bundes und ihre Missionsarbeit eingegangen wird.

Zwischen den Klappen des Einbandes befindet sich eine wahre Fülle an Informationen, die sich sicher nicht nur auf das Führen eines Klüngels beschränken. Vielmehr erhält der Leser einen weiten Überblick über die Beziehungen der Bünde und ihrer Klüngel untereinander. Teilweise ist das aber auch schon fast zuviel des Guten. Es wäre schön gewesen, durch eine größere Zahl von Illustrationen den wirklich umfangreichen Text etwas aufzulockern oder weniger allumfassend auf die Details von Philosophie, Religion und Politik der einzelnen Bünde einzugehen. Manchmal kann es eben auch wünschenswert sein, Spielern und Erzählern doch etwas mehr Freiheiten zu geben, eigene Ideen zu verwirklichen. Natürlich ist keiner gezwungen, alles in diesem Buch stehende auch umzusetzen. Dafür kann es aber durchaus ermüdend sein, sich durch 140 Seiten stellenweise relativ trockenen Textes durchzukämpfen.

Fazit: „Klüngel“ ist meiner Meinung nach nur bedingt zu empfehlen. Wer sich bis ins kleinste Detail mit großer Politik, Religion und den damit verbundenen Intrigen auseinandersetzen möchte und dies zum Mittelpunkt einer Chronik macht, ist sicher gut beraten, sich diesen Band zuzulegen. Erzähler und Spieler, die mehr „im kleinen Kreise“ spielen, werden von der Fülle an Informationen vielleicht eher abgeschreckt.


Vampire: Klüngel
Quellenbuch
Kraig Blackwelder, Jacob Klünder, Matthew McFarland & Will Hindmarch
Feder&Schwert 2005
ISBN: 3-937255-36-2
140 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 24,95

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