Invasion der Verdammten (Die Sieben Gezeichneten III)

Wir schreiben das Jahr 1019 BF. Mittlerweile ist es nicht mehr zu leugnen, der alte Dämonenmeister und Schwarzmagier Borbarad ist zurück! Die Pforten in die Niederhöllen wurden geöffnet und Borbarad scheint mächtiger denn je. Die Kampagne „Die Sieben Gezeichneten“ (7G) geht nun unter dem Titel „Invasion der Verdammten“ in ihre dritte und vorletzte Runde.

von Jorge C. Kafka

 

Man soll ein Buch nicht nach seinem Einband bewerten. Dieser Ausspruch trifft auf die 7G-Kampagne im Allgemeinen und Band III im Speziellen außerordentlich gut zu. Die rote Buchreihe im DIN A4-Format mit dem schwarzen Buchrücken und dem ebenfalls schwarzen Borbarad-Zeichen – der siebenfach gezackten Krone – auf dem Einband hat es tatsächlich in sich. In ihrer dritten Neuauflage, in der sie nicht nur der 4. Regeledition angepasst wurde, erfuhr sie eine geradezu luxuriöse Neubearbeitung. Der Band „Invasion der Verdammten“ enthält die Teile 7 bis 9 der 7G-Kampagne. Im Einzelnen sind das „Goldene Blüten auf Blauem Grund“ von Lena Falkenhagen (1996), „Die letzte Schlacht des Wolfes“ von Ulrich Kneiphof, Michael Maurer, Jürgen Planck und Anton Weste (1997 & 2004) und „Rohals Versprechen“ von Thomas Römer und Hadmar von Wieser (1998). Zusätzlich reichhaltig ausgestattet ist Band III mit Szenarien zwischen den Abenteuern sowie Anhängen.

Wie gewohnt führt eine kompakte Zusammenfassung der Bände I und II den Leser in die Materie ein und eröffnet ihm einen kurzen Ausblick auf das, was im Verlauf von Band III geschehen wird. Da es sich bei „Invasion der Verdammten“ im wahrsten Wortsinne um einen Kriegsband handelt, richten die Autoren ein sehr eindringliches Wort zur Dramaturgie an den Spielleiter. Darin wird schnell deutlich, wie schwer es dem Spielleiter sein wird, nicht nur die Fäden der Kampagne in den Händen zu halten, sondern vor allem die Helden in deren Höhen, oder besser, in ihren Tiefen, absoluten Tiefen, zu begleiten. Auch vom Heldentod ist darin die Rede. Ein Vorwort, an dem selbst ein erfahrener Spielleiter lange zu verdauen hat.

Bevor der siebente Teil der 7G-Kampagne „Goldenen Blüten auf Blauem Grund“ von Lena Falkenhagen beginnen kann, haben die Abenteurer von Tsa bis Ingerimm 1019 BF Zeit und Gelegenheit, weiteren Würdenträgern und hohen Stellen von den bisherigen Ereignissen Kunde zu tun. Parallel dazu mehren sich in Gazetten und Periodika absonderliche und erschreckende Meldungen, denen die Helden nachgehen können.

Die Entstehungsgeschichte von „Goldenen Blüten auf Blauem Grund“ beschreibt Falkenhagen recht bewegend in ihrem Grußwort zu Beginn des Abenteuers. Jeder Fan der 7G-Kampagne und jeder „DSA“-Spieler, dem der Name Ulrich Kiesow vertraut ist, wird ihre Anmerkung zur Entstehung und Entwicklung des Abenteuers mit einem lachenden und einem weinenden Auge lesen. Unterteilt ist es in sechs Kapitel, es folgt einem festgelegten Zeitrahmen und ist damit sehr linear aufgebaut. Das schadet dem Abenteuer keineswegs, im Gegenteil. Dadurch erleichtert Falkenhagen es nicht nur dem Spielleiter, einen ordentlichen Spannungsbogen zu erzeugen, sie erleichtert es auch den Spielern, den Überblick zu bewahren.

Mit „Goldenen Blüten auf Blauem Grund“ rückte Falkenhagen das Bild der „DSA-Amazone“ endlich ins rechte Licht. Aus den leicht bekleideten Frauen im knappen Leder, die vor dem Feuer speienden Drachen gerettet werden müssen, machte sie für „DSA“ lebendige und emanzipierte Frauen, die sich ihrer Haut zu wehren wissen und in einer nachvollziehbaren eigenen Gemeinschaft leben. So besticht vor allem das Kapitel IV des Abenteuers durch seine Beschreibung des Kriegsrates. In allen sechs Kapitel findet sich übrigens eine Vielzahl an durchdachten optionalen Möglichkeiten für den Spielleiter, mit denen er das Abenteuer komplexer, ausufernder, kompliziert oder schwieriger gestalten kann. Die Anhänge enthalten die Dramatis Personae, eine genaue Beschreibung der Burg Kurkum, eine sehr stimmungsvolle und detaillierte Beschreibung des Volkes der Amazonen, die übliche Zeitleiste und ein paar Handouts für die Spieler.

Der achte Teil der 7G-Kampagne heißt „Die letzte Schlacht des Wolfes“ und ist das gemeinschaftliche Werk von Ulrich Kneiphof, Michael C. Maurer, Jürgen Plank (nicht „Planck“, wie auf dem Vorsatzblatt und in der Einleitung falsch geschrieben) und Anton Weste. Diese für den Band „Invasion der Verdammten“ vorgenommene Kompilation besteht aus ursprünglich drei verschiedenen Kurzabenteuern, die bereits 1997 und 2004 erschienen sind – „Blutige Tobimora“ (Plank, 2004), „Der Winter des Wolfes“ (Maurer/Weste, 1997) und „Die letzten Tage von Ysilia“ (Kneiphof/Maurer/Weste, 1997). Die beiden letztgenannten Abenteuer entstanden seinerzeit aus dem Adels-Briefspiel der Region Tobrien und wurden 1997 für das Hausmagazin von FanPro („WunderWelten“ Nr. 36 und 40) umgesetzt. Planks Abenteuer gewann 2004 den Sonderpreis des Abenteuer-Schreibwettbewerbs „Gänsekiel & Tastenschlag“. Für den vorliegenden Band wurde es stark gekürzt, ist aber in der Originalversion leicht im Internet auf verschiedenen Websites als Download zugänglich.

Für den Verlauf der 7G-Kampagne ist es nicht zwingend notwendig, den achten Teil zu spielen. Allerdings entgehen dem Spielleiter und seinen Spielern einige große Schlachten, die wiederum hohe und höchste Anforderungen an den Spielleiter und die Charaktere stellen. Unterteilt ist das Abenteuer in fünf Kapitel, wovon drei Kapitel die oben erwähnten Abenteuer abdecken und die beiden restlichen so genannte Zwischenspiele, die die Abenteuer zweckmäßig miteinander verbinden. Die Konfrontation des Kaiserlichen mit dem Schwarzen Heer im ersten Kapitel gehört in seiner Darstellung und Spielbarkeit zum Schwierigsten in der gesamten 7G-Kampagne. Beinahe 2.000 NSCs bevölkern das Schlachtfeld bei Eslamsbrück – spektakulär! Nach der Schlacht in Eslamsbrück reisen die Helden nach Ysilia, das Herz Tobriens. Dort erwartet sie im dritten Kapitel ein Reigen aus Spionage, Intrigen, Ritualen, Tod und eine weitere nicht weniger blutige Schlacht. Nachdem in einem Zwischenspiel der Winter die borbaradianische Armee für einige wenige Monate zum Erliegen gebracht hat, haben sich die Kräfte auf beiden Seiten regenerieren können. Die Ruhe vor dem Sturm ist geradezu Ohren betäubend – und tatsächlich bricht ein Orkan los, der Ysilia in seinen Grundfesten erschüttert…

Die Anhänge des achten Teils sind gewohnt ausführlich, beinhalten sie unter anderem eine Stadtbeschreibung Ysilias und eine Zusammenfassung des Schwertzugs wider Borbarad.

Mit „Rohals Versprechen“ von Thomas Römer und Hadmar von Wieser, dem neunten Abenteuer, gelangen die Helden endlich zum Kernteil der Kampagne. Da das Abenteuer mit seiner Begegnung der beiden Halbgötterzwillinge Rohal und Borbarad DER Höhepunkt der bisherigen Anstrengungen darstellt, darf es der Spielleiter seinen Spieler einfach nicht vorenthalten. Es stellt an den Spielleiter durchaus hohe Anforderungen, er sollte mehrere Tage Vorbereitungszeit einkalkulieren, um die sehr hohe Anzahl an Meisterfiguren gut kennen zu lernen und den anfangs strickten Handlungsverlauf zu verinnerlichen. Dadurch, dass das erste der vier Kapitel auf dem Allaventurischen Konvent der Magie in Punin spielt, ist für die meisten Spieler viel Kopfarbeit gefordert. Entsprechende Charakter- bzw. Berufsklassen können und dürfen sogar selbst Berichte oder Referate für den Konvent vorbereiten und vortragen.

Das zweite Kapitel steht unter dem Motto „Taten statt Warten!“ und markiert einen Punkt in der Kampagne, wenn nicht gar im bisher bekannten „DSA“-Universum, der den Begriff „phantastisch“ in jeglichem Sinne mehr als verdient hat! Das Aufeinandertreffen der Alveraniare, das Duell der Nandussöhne, welches das Weltengefüge erschüttern und aus dem nur ein ‚Sieger’ hervorgehen wird… Das dritte Kapitel führt die Helden dann nach Grangor und weit darüber hinaus. In höchsten Höhen und mit elementaren Kenntnissen ausgestattet endet dann für die Helden das vierte Kapitel.
Sehr hilfreich ist ein jeweils den einzelnen Kapiteln vorangestellter Kasten, in dem kurz der Zweck und die Stimmung der Szenen erläutert wird. Für die Herstellung der entsprechenden Atmosphäre werden auch Hinweise auf die musikalische Untermalung der Szenen gegeben. In den Anhängen des neunten Abenteuers finden sich alleine für das erste Kapitel beinahe 50 Meisterpersonen aufgeführt.

Auf 22 Seiten gemeinsamen Anhängen (von Daniel Jödemann, Christian Lonsing, Mark Wachholz und Anton Weste) finden sich die Erläuterungen zum Fünften Zeichen und viele Informationen zu Rohal. Teil I zur Invasion der Schwarzen Horden mit kleinen Schwarzweiß-Karten und ausführliche Hinweise zur Invasion am Spieltisch auf gut sechs Seiten erleichtern dem Spielleiter seine schwere Aufgabe. Eine gut sieben Seiten umfassende Zeitleiste, eine strategische Karte zur „Invasion der Verdammten“ und ein zweiseitiger Index schließen Band III.

Außen schlicht, innen ein Gedicht? Das trifft zumindest auf den Inhalt von „Invasion der Verdammten“ zu. Leider gibt es diesmal auch ein wenig zu mäkeln. Zunächst ist der Band 3,- Euro teurer als seine beiden Vorgänger, obwohl die Seitenzahl zum Beispiel im Vergleich zu Band II (275 Seiten + 5 Seiten Eigenwerbung) nicht zugenommen hat, sondern fünf Seiten Werbung durch fünf Seiten Inhalt ersetzt wurden. Weiterhin negativ fallen die enorm vielen Fehler innerhalb der Texte auf: Rechtschreib-, Grammatik-, Druck- und Satzfehler häufen sich und stören deutlich den Lesefluss, Seitenangaben bei Verweisen stimmen nicht, Textüberleitungen sind falsch, aber auch Regelbezüge zur 3. Edition tauchen auf. Da hätte in der Redaktion wirklich sorgfältiger gearbeitet werden müssen, auch wenn sich damit der Erscheinungstermin verzögert hätte. Sehr bedauerlich ist auch, dass Jürgen Planks Abenteuer „Blutige Tobimora“ nur verkürzt Einzug in Band III gefunden hat. Atmosphäre und erzählerische Dichte vermittelt erst die längere Originalversion, die auf der Internetseite des Borbarad-Projekts www.borbarad-projekt.de als Download erhältlich ist. Ein Spielleiter, der seiner Gruppe mehr bieten will als nur Kanonenfutter um die Helden herum, der sollte unbedingt zu Planks Langversion greifen. Ein wenig enttäuschend ist zuletzt die Tatsache, dass Band III keine Schlachtkarten beiliegen, wie sie doch so gut in den Kriegsband gepasst hätten. Stattdessen finden sich ‚nur‘ fünf kleine in den Text eingebundene und eine größere Karte am Ende des Buches in Schwarz-Weiß abgedruckt. Aber vielleicht überrascht FanPro seine treuen Kunden ja mit Band IV und legt eine oder mehrere schöne Farbkarten bei.

Fazit: Ungeachtet der aufgeführten Fehler, Mängel und Kritik handelt es sich bei „Invasion der Verdammten“ um den bisher eindrucksvollsten, geradezu gewaltigsten Band der Reihe, schließlich umfasst er gleich vier wichtige Schlachten, die im Verlauf der Eroberung Tobriens geschlagen werden. Das Kernabenteuer („Rohals Versprechen“) der 7G-Kampagne war schon immer nicht nur eines der phantastischsten, sondern auch schwierigsten (für den Spielleiter). Durch die gewissenhafte und kluge Überarbeitung und Ergänzung konnten seine Qualitäten noch weiter aufgewertet werden. Der Anspruch an den Spielleiter und seine Gruppe sind dennoch für den gesamten dritten Band sehr hoch. Plakativ geschrieben: Band III, ja, die gesamte 7G-Kampagne erfordert mehr als nur eine bunt zusammen gewürfelte Truppe von 12- bis 14-Jährigen, die Borbarad für einen nachgemachten Sauron halten und eine Dämonenschlacht einfach „kewl“ finden. Da müssen erfahrene Spieler ran. Aus diesem Grund auch einen kleinen Aufruf an die FanPro-Leute: Gebt uns einen grandiosen Band IV, auf dass die vier Evangelien um Borbarad (und Rohal) perfekt werden!

Invasion der Verdammten (Die Sieben Gezeichneten III) Abenteuerkampagne Lena Falkenhagen, Thomas Römer, Anton Weste, Jürgen Plank u. a. Fantasy Productions 2006 ISBN: 3-89064-428-7 280 S., Hardcover, deutsch Preis: EUR 28,00 bei amazon.de bestellen

Links:

 

www.borbarad-projekt.de