Interview mit Ulrike von der Redaktion Phantastik

Nach langen Jahren harter Arbeit ist es endlich soweit: Das „Steam-Pulp-Fantasy“-Rollenspiel „Wolsung“ kann nun auf deutscher Sprache bestellt werden. Höchste Zeit, sich ein weiteres Mal mit den umtriebigen Damen der Redaktion Phantastik zu unterhalten!

von André Frenzer und Ulrike Pelchen

Ringbote: Liebe Ulrike, vielen Dank dass du dir die Zeit nimmst, uns ein paar Fragen über „Wolsung“ zu beantworten. Starten wir doch mit der offensichtlichsten Frage in dieses Interview: Worum geht es bei „Wolsung“?

Ulrike Pelchen: „Wolsung“ ist ein Rollenspielsystem mit einer Welt, die der unseren sehr ähnlich, aber doch ganz anders ist. Nimm unsere Realität am Ende des 19. Jahrhunderts, packe Elemente dazu, die du aus Jules Vernes Romanen und Filmen kennst, nimm dazu eine Prise „Die Liga der Außergewöhnlichen Gentlemen“, „Indiana Jones“, „Wild Wild West“, „Der Goldene Kompass“, „Das wandelnde Schloss“ und diverse andere Filme, Bücher und Comics. Alles einmal kräftig geschüttelt (nicht gerührt!), und schon hast du „Wolsung“.

Hier erleben die Charaktere („Außergewöhnliche Personen“ genannt) Abenteuer in den Dschungeln der Großstadt oder fremder Länder auf der Jagd nach Kriminellen, Spionen, verrückten Wissenschaftlern, die nach der Weltherrschaft greifen, verschollenen Völkern oder verlorenen Artefakten … „Wolsung“ kann gruselig sein, abenteuerreich, voller Magie oder voller ausgetüftelter Erfindungen. Es ist fast alles möglich.

RB: „Steam, Pulp und Fantasy“ sind die drei großen Schlagworte, unter denen „Wolsung“ seinen Spielstil zusammenfasst. Nun sind pulpige Steampunk-Systeme keine gänzlich neue Erfindung: Von Klassikern wie „Castle Falkenstein“ oder „Space 1889“ bis hin zu modernen Neuentwicklungen wie „Dieseldrachen“ gibt es einige Auswahl im Genre. Warum sollten Genre-Interessierte dennoch zu „Wolsung“ greifen?

UP: Im Grunde genommen kann ich wieder auf die erste Antwort verweisen. Diese Welt umfasst dermaßen viele Aspekte einer Steampunk-Pulp-Welt, dass für jeden etwas dabei sein sollte. Alles spielt auf der Erde (Urda genannt), was einen Unterschied zu „Space 1889“ schafft, und es geht um Dampf als Antriebsenergie. Diesel hat höchstens ein Wissenschaftler in seinem Labor destilliert und rätselt noch über dessen Anwendungsmöglichkeiten. ;-) Am nächsten kommt dem noch das unterschätzte und leider zu früh erschienene „Castle Falkenstein“, das tatsächlich eine Menge Ähnlichkeiten aufweist. „Zu früh“, weil zu der Zeit noch kaum einer etwas von Steampunk wusste.

Über die Fantasy haben wir die Möglichkeit, Magie zu wirken und Angehörige der klassischen Völker, wie Zwerge, Oger, Gnome oder Halblinge, zu spielen. Die Welt ist trotz ihrer Vielfalt wiedererkennbar und durchgängig angelegt. Viele wichtige Grundlagen und Schauplätze sind beschrieben, aber überall gibt es auch Freiräume für eigene Ideen, seien es Personen, Schauplätze oder Gegenstände im engeren oder weiteren Sinne. Die bewusste Verwendung von Klischees und erkennbare Verfremdungen erleichtern den Einstieg, und verrückte Erfindungen wie eine golemische Spinne oder ein Teleskop-Monokel mit optischem Visier machen einfach Spaß. Die Grundstimmung ist eher bunt und positiv. Und wenn ich bei den Abenteuern nicht nur spaßige oder spannende Themen, sondern auch mal ernste Motive bespielen möchte, kann ich auch diese zur Grundlage eines Abenteuers machen.

RB: Der Schnellstarter erschien bereits 2014 in Deutschland und legt damit Zeugnis über die langjährige Entwicklungsdauer der deutschsprachigen Ausgabe ab. Magst du uns kurz darstellen, wie es zu den langen Verzögerungen gekommen ist?

UP: Da gab es verschiedene Gründe. Zum einen arbeiten wir alle im Nebenberuf, mussten also, um andere Projekte zu verwirklichen, die Tätigkeit an „Wolsung“ immer wieder unterbrechen. Dann muss man die Tatsache betrachten, dass wir über zwei Sprachen gehen mussten. Das Rollenspiel kommt aus Polen, die erste Übersetzung ins Englische ist gut, aber nicht immer ganz genau. Außerdem ist sie bereits eine leichte Überarbeitung des polnischen Originals. Das haben wir aber erst bemerkt, als wir unsere Übersetzung bei Unklarheiten mit diesem verglichen haben, was dank unserer Chefredakteurin Joanna Müller-Lenz möglich war. Und leider entsprachen nicht alle Übersetzer (wegen der großen Textmenge waren mehrere Personen beteiligt) unseren Qualitätsvorstellungen. Eine hat uns sogar über ein Jahr lang komplett versetzt!

Diese Probleme, die schiere Menge an Text und die Notwendigkeit, die Übersetzungen an sich zu prüfen, und eben auch der Wunsch, unklare Stellen mit dem polnischen Original abzugleichen, sorgten für einen immensen Aufwand. Zudem hörte zwischenzeitlich der Verlag in Polen auf, und wir mussten mit dem Lizenzgeber ganz neu verhandeln. Eigentlich könnte man fast schon ein eigenes Buch über die Publizierungsgeschichte schreiben. Da soll noch jemand sagen, unser Job wäre nicht spannend!

RB: Hat sich die lange Entwicklungszeit auch auf die Regeln niedergeschlagen, oder ist der alte Schnellstarter noch voll kompatibel mit dem bald erscheinenden Grundregelwerk?

UP: Die lange Zeit hat schon Änderungen mit sich gebracht, vor allem durch die sorgfältige Übersetzungs- und Vergleichsarbeit. Die Regeln an sich sind aber unverändert geblieben. Wir haben hier und da bessere Formulierungen gefunden und auch ein paar Begriffe neu übersetzt, dafür wird es eine Errata-Liste geben. Die ist aber überschaubar, und deshalb kann ich deine Frage zur Kompatibilität mit dem Schnellstarter und auch aller anderen bisher erschienenen Werke nur mit „Ja“ beantworten.

Ein Beispiel ist der Technomagier. Nachdem wir erkannt haben, dass viele Personen, die spezielle Magiearten wirken, „Manten“ sind, also Geomanten, Kristallomanten und natürlich Nekromanten, haben wir aus dem Technomagier einen Technomanten gemacht. Den gab es teilweise auch schon so im Regelwerk, war aber nicht durchgängig entsprechend benannt. Hier merkt man, dass mehrere Personen am Regelwerk gearbeitet haben. Gemeint ist das aber immer dasselbe: eine Person, die technische Geräte beeinflussen kann. Im deutschen Regelwerk begegnen einem also nun stets Technomanten.

RB: Wenden wir uns nun der Produktpalette zu! Was erscheint denn alles zum Start von „Wolsung“?

UP: Kern ist natürlich das Grundregelwerk, wobei diese Bezeichnung zu kurz greift, umfasst das Buch doch auch alles zur Charaktererschaffung und -ausstattung, die Weltbeschreibung, ein umfangreiches Kapitel für die Spielleitung mit Hilfen für den Aufbau von Abenteuern, einen Baukasten mit typischen Elementen für Schauplätze in der Wüste, in der Großstadt, am Hof, in einer Fabrik, in einem Labor etc., außerdem ein Abenteuer und eine Kampagne sowie ein dickes Kapitel mit möglichen NSC, Monstern und sonstigen Wesen.

Die Charakterblätter legen wir als Block dazu beziehungsweise bieten sie zum Download an. Damit man auch mit den passenden Utensilien spielen kann, produzieren wir extra Würfel, passende Spielkarten und Spielsteine in Form von Zahnrädern. Für die richtige Stimmung haben wir auch noch einige atmosphärische Soundtrack-Stücke produzieren lassen. Neben diesen neuen Utensilien gibt es bei Bedarf – hier gibt es verschiedene Kombinationsmöglichkeiten – noch die älteren Sachen dazu, also den Starter, den (überarbeiteten) Regeleinleger, das Abenteuer „Die Bilder des Isidor Necpla“, die Urdapedias und Kristallographen, sodass man hier gleich noch weitere Einstiegshilfen (und Abenteuer) hat.

RB: Und wie können Interessierte an das System kommen?

UP: Ganz einfach: bei der Redaktion Phantastik im Shop bestellen. Aktuell läuft ja die Vorbestelleraktion. Uns als kleinem Verlag hilft es sehr, wenn die Spieler und Fans jetzt schon bestellen. Und ich denke, die Leute wissen, dass sie uns vertrauen können, dass die Bestellung auch geliefert wird.

RB: Gibt es noch etwas, dass du „Wolsung“-Spielern mit auf den Weg geben willst?

UP: Urda erwartet euch!

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