In die Finsternis

Der noch junge Verlag Obscurati Publishing legt – nachdem er sein Crowdfunding rund um „Tiny Dungeons“ erfolgreich abgeschlossen hat – nun das zweite Rollenspiel in seinem Portfolio vor. „In die Finsternis“ ist der Titel dieses „Forged-in-the-Dark“-Rollenspiels und es verspricht unkomplizierte One-Shots und Kurzkampagnen. Mal sehen, ob sich die Anschaffung lohnt!

von André Frenzer

Auch für „In die Finsternis“ setzte Obscurati Publishing im Vorfeld auf ein Crowdfunding. Und ebenso wie bei „Tiny Dungeons“ fanden sich genügend Finanzierer, die ein Interesse an einer deutschen Übersetzung des englischen „Into the Dark“ bewiesen.

Die Regeln

„In die Finsternis“ ist ein sogenanntes „Forged-in-the-Dark“-Rollenspiel. Das bedeutet, dass es auf der Regelengine von „Blades in the Dark“ – welches sich zur Zeit bei System Matters in der Übersetzung befindet – basiert, diese jedoch dezent an die eigenen Bedürfnisse anpasst. Die eigentliche Regelengine ist einladend simpel: Im Falle einer Probe wird ein Pool sechsseitiger Würfel geworfen und das höchste Ergebnis gewählt. Eine Sechs gilt dabei als Erfolg, vier oder fünf als Teilerfolg und alles andere als Fehlschlag. Mithilfe von Fertigkeiten, Ausrüstungsgegenständen, verbesserten Attributen oder dem geschickten Einsatz der Umgebung kann man den Pool sechsseitiger Würfel erhöhen. So weit, so simpel.

Dazu passt auch die Charaktererschaffung, welche auf wenigen Seiten abgehandelt werden. Charaktere in „In die Finsternis“ setzen sich aus wenigen Attributen und ein paar Fertigkeiten zusammen; am Anfang sind die Spielwerte erschreckend niedrig, doch man sollte nie vergessen, dass der geschickte Einsatz der Umstände zu Bonuswürfeln im Pool führen kann. Insgesamt gibt es vier Charakterklassen, welche sich an die klassischen Schurke, Kämpfer, Magier und Priester anlehnen, jedoch dem Setting geschuldet etwas umgedichtet wurden.

Etwas schwammig gestaltet sich das Magie-Kapitel, denn es gibt kaum vorgegebene Zaubersprüche. Stattdessen formen Schattenbändiger die Schwärze in der Finsternis ganz nach ihren Wünschen, riskieren dabei aber auch Verderbnispunkte – welche den Charakter irgendwann unspielbar machen. Dabei wird viel Wert auf Interpretation und Interaktion mit den Umständen gelegt, was streckenweise viel Improvisationstalent verlangt.

Das Setting

„In die Finsternis“ spielt in einem nicht näher bestimmten, postapokalyptischen Landstrich. Die Helden starten in den Erleuchteten Landen: Das sind Ländereien, die von der Kirche und dem Symbol ihrer Gottheit – der Silberflamme – kontrolliert und beschützt werden. Dem gegenüber stehen die Schattenlande, die Finsternis, verderbte Landstriche, in denen Monster umgehen und Dämonen die Seelen der Geknechteten foltern.

Nun kommt es immer wieder vor, dass Kreaturen oder Wesenheiten aus den Schattenlanden in die Erleuchteten Lande eindringen. Ebenso passiert es, dass sich in den Schattenlanden neue Nachtquellen öffnen, verderbte Brunnen, welche Finsternis in das Land speien. Wenn so ein Nachtquell nahe an den Grenzen der Erleuchteten Lande entsteht, geraten die Bestien der Finsternis in Aufregung und dringen häufiger in die Erleuchteten Lande vor. Dann bereitet die Kirche eine Expedition unerschrockener Schattenwanderer vor, welche eine mitgebrachte Silberflamme in den Nachtquell versenken müssen, um ihn zu verschließen: eine Aufgabe, die normalerweise den Spielercharakteren zufällt.

Kritik

„In die Finsternis“ bietet ein stimmiges Spielerlebnis. Die Regeln bieten zwar viel Interpretationsspielraum, unterstützen damit aber den „Old-School“-Gedanken, den das Spiel nicht zuletzt aus den Charakterklassen und den klassischen Abenteueraufhängern atmet. „Rulings, not Rules“, wie es so schön heißt. Auch fordert das Spiel von den Spielern Kreativität und Ideenreichtum weit über die Fertigkeiten der Spielercharaktere hinaus ein, was ebenfalls eher dem OSR-Gedanken entspricht.

Ganz modern sind aber die eng aufeinander abgestimmten Regelelemente – wie Ausrüstungsgegenstände oder besondere Fertigkeiten der Charakterklassen – und das Setting, welches für eine ganz bestimmte Art Abenteuer gedacht ist. So lassen sich problemlos kleine Kampagnen oder One-Shots innerhalb recht kurzer Zeit improvisieren. Ein Haufen Zufallstabellen, welche die Motivation der Finsternis und mögliche Komplikationen aufzeigen, helfen dem Spielleiter dabei, rasch eine spannende Expedition zusammenzustellen.

Dabei ist „In die Finsternis“ erfreulich komplett, denn auch an Regeln zur weiteren Charakterentwicklung wurde gedacht. Wer von dem ursprünglich angedachten Expeditionsschema einmal abweichen möchte, wird sicherlich auch bei anderen „grimmig-finsteren“ Systemen wie „Der Schatten des Dämonenfürsten“ oder „Warhammer“ das eine oder andere passende Abenteuer finden.

„In die Finsternis“ erscheint in der deutschen Ausgabe als Luxusausgabe im A5-Hardcover mit geprägten Elementen und glänzenden Schriften. Das Layout ist sauber und aufgeräumt, die Illustrationen dem Spiel angemessen finster, wobei sie mehr andeuten, als sie tatsächlich zeigen. Optisch ist damit alles einwandfrei.

Fazit: „In die Finsternis“ ist trotz seiner Kürze ein angenehm komplettes Rollenspiel mit einem klaren Fokus. Durch seine Flexibilität und die mitgelieferten Hilfsmittel ist es eine gute Wahl für kurze Kampagnen und One-Shots.

In die Finsternis

Grundregelwerk
Stras Acimovic, John W. Sheldon, Sascha Schnitzer u. a.
Obscurati Publishing 2022
ISBN: 978-3-89919-459-3
58 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,90

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