von amel
Im Rollenspiel „Spherechild“ versuchen die bösartigen Sembaren das aus vielen Realitätsblasen (Sphären) bestehende Universum zu zerstören. Sie machen sich dabei so genannte Echos zunutze: Bestimmte Ereignisse, die durch andere Ereignisse in entfernten Sphären ausgelöst werden. „Spherechild“ bietet ein Universal-Regelgerüst und die Möglichkeit, auf vielen Welten mit jeweils unterschiedlichen Charakteren zu spielen (die „Sphärenkinder“ können über die Welten hinweg miteinander kommunizieren). „In der dunkelsten Stunde“ enthält zwei Abenteuer für die Sphäre Valcrean (Fantasy), drei für Icros (Gestaltwandler in einer modernen Welt) und ein längeres, das in beiden Sphären spielt.
Grafik und Layout sind exakt wie im Grundregelwerk. Ein feiner Rand umspannt die Seiten. Die wenigen Zeichnungen sind auf gehobenem Hobbyniveau und stellen meist Figuren vor weißem Hintergrund dar. Überhaupt gibt es viel Weiß: Im Fließtext trifft man immer wieder auf weiße Flächen und die Buchrückseite ist abgesehen von einer kleinen ISBN-Nummer sogar komplett weiß, ohne Barcode oder Klappentext. Das sehe ich durchaus positiv, denn all das ergibt ein Gesamtbild, dem man zwar die Hobbyherkunft anmerkt, das aber insgesamt überzeugen kann.
Nach einer kurzen Einleitung folgt die Beschreibung des Dorfes Fillertal, das in einem Wald in der Sphäre Valcreon liegt. Eine äußerst gelungene Farbkarte (die einzige Farbseite neben dem Cover) leitet das Kapitel ein, das neben Einzelbeschreibungen von Gehöften und Häusern mit ihren Bewohnern einen Überblick über das Dorf und seine Umgebung liefert. Es gibt Werte für die wichtigsten Personen und sogar Zufallsbegegnungen. Die wenigen Karten sind einfach – fast zu einfach für meinen Geschmack – aber zweckdienlich.
In den zwei Abenteuern in Fillertal erschüttern beide Male Morde die kleine Gemeinde. Es werden die Taten beschrieben, die Täter und was sie zu welchem Zeitpunkt tun, solange sie nicht gestört werden. Den Rest muss der Spielleiter ausschmücken, was ihm aber mithilfe der ausführlichen Beschreibung des Dorfes und seiner Umgebung nicht schwer fallen sollte. Beides sind einfache Fantasy-Abenteuer, die mit einem geschickten Spielleiter zu stimmungsvollen Geschichten mit Detektivanteil werden.
Die Abenteuer in Icros bauen zwar aufeinander auf, sind aber auch einzeln spielbar. Sie sind noch einfacher gestrickt, als die beiden Abenteuer auf Valcreon, gefallen mir aber gerade deshalb etwas besser. Um ein Drogensyndikat auffliegen zu lassen, das Drogen aus Gestaltwandlern gewinnt – auch die Spielercharaktere sind Gestaltwandler –, bekommen die Charaktere insgesamt drei Aufträge: Zweimal wird ihnen eine Person genannt, die Kontakt zu unterschiedlichen Ebenen des Syndikats hat und indem sie diese überwachen oder „bearbeiten“, können sie an weitere Informationen kommen und Teilsiege erringen. Im dritten Abenteuer muss sich einer der Charaktere entführen lassen. Trotz (oder wegen) ihrer Einfachheit sind es schöne kurze Abenteuer, die das Spielleiterleben vereinfachen.
Den Abschluss bildet das Abenteuer „Das schleichende Verderben“, in dem es direkt gegen die Sembaren geht und die Handlung mehrere Male zwischen den beiden Sphären hin- und herwechselt. Die Charaktere müssen sich unterschiedlichen Situationen wie einem kleinen Dungeon oder einem Raubüberfall stellen und verhindern so hoffentlich den gefährlichen Angriff.
Was mir schon im Grundregelwerk auffiel, ist auch hier wiederzufinden: Alexander Hartung scheint ein großer Fan der klassischen deutschen Rollenspiele zu sein. Die Abenteuer erinnern mich in Aufbau und Art stark an die vielen Fantasy-Abenteuer, die ich in den schon lange vergriffenen Zeitschriften „Zauberzeit“ oder „Fantasywelt“ las. Sie sind beispielsweise weniger „rau“ und nicht so stark durchdesignt wie manche moderne Abenteuer. Außerdem verzetteln sie sich außerdem nicht in Hintergrunddetails. Dafür findet man aber ab und zu das alte Ein-einziger-Hinweis-zum-nächsten-Abenteuerpunkt-Problem. Insgesamt sollte die Struktur der Abenteuer in den meisten Gruppen funktionieren und bietet unkomplizierte Unterhaltung, die ich jederzeit leiten würde, sollte ich je die Gelegenheit bekomme. Wer die etwas „nettere“ Fantasy von „DSA“ oder „Midgard“ bevorzugt, sollte auch die vorliegenden Abenteuer mögen.
Fazit: „In der dunkelsten Stunde“ bietet mit seinen sechs kurzen Abenteuern die Möglichkeit, die beiden Sphären Valcreon und Icros zu bereisen. Die Szenarien sind zwar unspektakulär, aber sie funktionieren und bieten so genau das, was ich von einer ersten Abenteuersammlung erwarte: Einen einfachen Einstieg in die Welten von „Spherechild“. Wer sich einen Eindruck machen will, kann die Beschreibung von Fillertal und eines der beiden Valcreon-Abenteuer auf www.spherechild.de herunterladen.
In der dunkelsten Stunde Abenteuerband Alexander Hartung www.spherechild.de 2009 ISBN: 978-3-00-028042-9 83 S., Softcover, deutsch Preis: EUR 14,95 bei pegasus.de bestellen
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