Im Schatten des Elfenbeinturms

In der Schlacht um Gareth gegen den Heptarchen Galotta hat die damals geachtete und bekannte Magierin Prishya von Garlischgrötz einen großen Teil ihrer Erinnerungen und anschließend auch ihre Position als Führerin der grauen Magiergilde verloren. Durch Forschungen an rätselhaften Objekten des vor Kurzem dem Limbus entrissenen Ortes Fremmelshof versucht sie, ihren Ruf wieder herzustellen und benötigt dazu die Hilfe der Helden. Während der Allaventurische Konvent der Magie naht, wird die Suche nach Artefakten und alten Schriftstücken durch einen unbekannten Widersacher gestört, der nicht einmal vor der Sabotage der Prüfung zum Erzmagier zurückschreckt.

von Ansgar Imme

Das Abenteuer und dessen Bearbeitung hatte einen langen Weg und mehrere Autoren hinter sich. Es sollte eigentlich bereits deutlich früher erscheinen, doch erst ereilte den eigentlichen Autor Elias Moussa der Ruf in die Politik und dann hatte der Zweitautor Franz Janson die schwere Aufgabe, aus den Fragmenten zusammen mit wechselnden Mitgliedern der „DSA“-Redaktion (Marie Mönkemeyer, Alex Spohr) ein ganzes Abenteuer zu verfassen. Franz Janson hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehrfach Beiträge zu Spielhilfen verfasst und war damit auch kein Unbekannter für die „DSA“-Spieler.

Die Erwartungen aus der Spielerschaft waren sehr hoch, weil die Andeutungen bei vielen Spielern zu jeweils besonderen Erwartungen führten, die sich vor allem auf den Magierkonvent wie auch die mysteriöse Basilius-Prüfung bezogen. Der Band wurde allerdings bereits kurz nach Erscheinen vor allem in Internetforen in hohem Maße zerrissen, während dagegen einige Rezensenten einen etwas wohlwollenderen Blick fanden.

Handlungsüberblick


Der Band breitet seine Handlung über für ein Einzelabenteuer immerhin umfassende 130 Seiten aus. Nach dem üblichen kurzen Vorwort und einer vierseitigen Hintergrundbeschreibung inklusive der wichtigsten Protagonisten folgt das Abenteuer. Die Handlung ist in drei Kapitel unterteilt, die jeweils unterschiedliche Aspekte in der Welt der Magier und Forschung beleuchten.

Zu Beginn werden die Helden nach Kuslik gebeten, um der ehemaligen Convoctsu Prima der Grauen Gilde Prishya von Garlischgrötz bei ihren Forschungen an den sogenannten Fremmelshof-Relikten zu helfen. In einer Zeit von zehn Monaten werden die Helden innerhalb des Horasreichs und angrenzender Gebiete auf verschiedene Missionen geschickt, um Gegenstände oder Informationen zu besorgen, die die weitere Forschung erleichtern. Gemeinsam erkennen sie, dass als Ziel die Wiedererlangung des verschwundenen, legendären Yrando-Emblems winkt. Es zeigt sich jedoch, dass eine konkurrierende Forschergruppe von einem düsteren Widersacher unterwandert ist, der zudem deren Anführerin in eine gefährliche Lage gebracht hat.

Im zweiten Kapitel gilt es, Hinweise auf die Identität des Widersachers zu verfolgen und mehr über seine Pläne herauszufinden. Dazu suchen die Helden nach weiteren Hinweisen und Bestandteilen an verschiedenen Magierakademien, um das Yrando-Emblem zu erlangen und müssen sich mit einer anderen Abenteuergruppe messen, die im Auftrag des Widersachers stehen. Sie finden dabei Spuren, die eine Verbindung zum legendären Geisterschmied Drakhard herstellen.

Das dritte und letzte Kapitel führt die Gruppe auf den Allaventurischen Konvent der Gildenmagie in Kuslik, wo sie neben kleineren Aufgaben vor allem mit mächtigsten Gildenmagiern zusammenarbeiten müssen, um die Pläne des Widersachers zu vereiteln. Als es schließlich zur Basilius-Prüfung kommt, in der mehrere Magier den Titel des Erzmagus erlangen möchten, stellt sich heraus, dass ihr Widersacher die Beeinflussung der Prüfung die ganze Zeit als Ziel hatte. Die Helden müssen selbst in die Globule eindringen, in der die Prüfung stattfindet und die Pläne ihres Widersachers vereiteln.

Kritik: Aufmachung, Layout, Inhalt

Betrachtet man als Leser zunächst das Äußere, hat man nichts zu meckern. Neben einem schönen Cover finden sich durchgängig gute Illustrationen ohne Tiefpunkte. Auch das Layout entspricht bisherigen Veröffentlichungen, und im Anhang finden sich das Spiel erleichternde, ausführliche Anhänge mit Beschreibung der wichtigsten Charaktere, Artefakte, die Beschreibung des Institus der Arkanen Analyse, Zeitleiste sowie eine umfängliche Teilnehmerliste des Allmagischen Konvents. So wie hier ein guter Standard fortgesetzt wird, behält man leider von Redaktions- beziehungsweise Verlagsseite auch die schlechte Tradition fehlender Karten bei, was ich leider immer wieder kritisieren muss. Mit Ausnahme einer Stadtkarte von Kuslik und dem Grundriss zum Institut der Arkanen Analyse als wichtiger Handlungsort finden sich leider keine Karten – weder weitere Grundrisse, noch Reisekarten oder Übersichten. Positiv und lobend zu erwähnen ist hingegen die Zusammenfassung und der Stand der Dinge in einem extra hervorgehobenen Kasten an wichtigen Abschnitten, wo die Ereignisse zusammengefasst sind, die passiert sein sollten und der Kenntnisstand der Spieler/Helden summiert wird.

Die drei Kapitel bieten den Spielern und Helden ausreichend Handlungsfreiheit. Zwar gibt es fast durchgehend einzelne Questen, die die Helden als Auftrag erhalten, aber innerhalb dieser haben die Spieler hohe Handlungsfreiheiten und können zudem innerhalb der Kapitel die Aufgaben oft ohne eine bestimmte Reihenfolge abhandeln. Das Abenteuer fordert hier zur Abwechslung wesentlich mehr die forschenden Heldentypen und unterstützt verschiedene Recherchen oder fördert Rollenspiel in Form von Debatten mit wichtigen Gildenmagiern. Das heißt nicht, dass kämpfende Professionen gar nichts zu tun bekommen, allerdings werden ihr Fähigkeiten je nach Vorgehen der Gruppen gegebenfalls wesentlicher seltener verlangt als in manch anderen Abenteuern. Die vielen Teile zur Recherche und Forschung können allerdings schnell auch in Langeweile bei den Spielern umschlagen und ziehen sich mitunter doch etwas in die Länge. Hier muss der Spielleiter vielleicht eingreifen und gerade im etwas verworrenen zweiten Kapitel durch die feindliche Gruppe für mehr Dynamik sorgen.

Während das erste Kapitel durch eine abwechslungsreiche Handlung mit spannenden Schauplätzen und klarer Motivation für die Helden besticht, ist es im zweiten Kapitel für die Spieler nicht ganz klar, was zu tun ist beziehungsweise warum das Emblem so wichtig ist und welchen Zweck es erfüllt. Dazu kommt der plötzliche Abgang der Bezugsperson Pryshia mit dem Ersatz durch die Magierin Praiowine von Westfar, was doch etwas abrupt auf die Spieler wirken mag. Nachteilig ist zudem, dass die Spieler und Helden durch die Handlung vorgegeben fast durchgehend „verlieren“, weil der Gegenspieler unbedingt gewinnen muss.

Der dritte Teil rund um die Basilius-Prüfung und den Magierkonvent dreht diesen Eindruck leider nicht und startet ohne wirkliche Handlung, da die Helden zunächst unzählige Informationshappen zu verschiedenen magischen Themen erhalten, die für den Konvent zwar interessant sind, die Handlung aber im wesentlichen nicht berühren. Eine Herausforderung für den Spielleiter stellt hier vor allem der Umgang mit unzähligen Nichtspielercharakteren dar, die dargestellt und für die Spieler unterscheidbar präsentiert werden sollen/müssen. Erst mit der Manipulation der Globule der Basilius-Prüfung kommt es zudem zur Konfrontation mit dem Gegenspieler, welche sich zunächst durch manipulierte Prüfungen zeigt, die die Helden bestehen müssen, ehe sie in einem fast schon profanen Kampf den Feind bezwingen müssen, was wenig innovativ oder gar überraschend bei diesem bisher sehr gerissen scheinendem Gegenspieler wirkt. Die Basilius-Prüfung selbst wirkt weit weniger spektakulär als erwartet und wird vom Autor für weitere künftige Ausführungen nur in groben Zügen umrissen. Die Bedingungen zur Erlangung der Erzmagierwürde bleiben weitestgehend dem Spielleiter überlassen. Wenn man diese schon in einem Abenteuer als Baustein erleben lässt, sollte doch für Spieler und Spielleiter ein wenig verlässliche Infos an die Hand gegeben werden.  

Fazit: Auch wenn der Band an einigen Stellen mit Schwächen zu kämpfen hat und manche Abschnitte etwas dröge wirken, so kann dem Verriss mancher Forenschreiber doch überhaupt nicht gefolgt werden, welche anscheinend vor allem ein Abenteuer nur rund um die Basilius-Prüfung erwartet hatten. Zwar hakt das Abenteuer an einigen Stellen und bietet Verbesserungsbedarf für den Spielleiter, aber insgesamt bietet sich eine spannende Handlung mit vielen Freiheiten sowie ein Eingreifen und Eintauchen in aventurische Geschichte und Interagieren mit den mächtigsten Magiekunden des Kontinents. Wem solche Aspekte liegen, der findet am Kauf sicherlich Gefallen, wird eben nur an einigen Stellen nachbessern müssen.


Im Schatten des Elfenbeinturms
Abenteuerband
Franz Janson, Marie Mönkemeyer, Alexander Spohr
Ulisses Spiele 2013
ISBN: 3868891285
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 20,00

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