Horror im Orient-Express 2 - Von Paris in die Alpen

Im zweiten Band der Orient-Express-Kampagne zieht es die Charaktere zu Beginn ihrer Suche nach dem Sedefkar-Simulakrum nach Paris und danach über die Alpen nach Lausanne in die Schweiz. Doch was nach einer gemütlichen Reise in einem der legendärsten Züge aller Zeit klingt, erweist sich schon bald als tödliche Höllenfahrt.

von Dominik Cenia

 

Naja, eigentlich nicht ganz. Denn erst einmal dürfen sich die Spieler mit den Gepflogenheiten an Bord des Orient-Express vertraut machen. Hilfreich ist dabei die „Guide Officiel“, eine Art kleiner Reiseführer und Zugbegleiter in gedruckter Form, der dem Abenteuer beiliegt. Hier erfährt man einiges über die einzelnen Zwischenstationen des Zuges, die Reiseroute sowie selbstverständlich über das Personal und die einzelnen Wagons.

Doch was erwartet die Charaktere denn jetzt auf ihrer Reise? Wie schon im ersten Band, ist auch der zweite Teil in das eigentliche Abenteuer und eine Regionalbeschreibung (Schweiz, Lausanne, Paris) aufgeteilt. So haben die Charaktere also z.B. die Möglichkeit, während ihrer Nachforschungen in Paris auch das winterliche Treiben in der Stadt selbst zu erkunden. Allerdings sind die Charaktere sehr darauf angewiesen, sich die örtlichen Bibliotheken zunutze zu machen. Und auch das undurchsichtige Verwirrspielen zwischen den verschiedenen Personen einer Nervenheilanstalt und eines alten Landhauses wird die Charaktere wahrscheinlich zur Genüge beschäftigen. Hier werden die Charaktere auch zum ersten mal auf ihrer Suche fündig, auch wenn allein schon dieser erste Fund dem ein oder anderen Forscher die geistige Stabilität ordentlich entziehen wird.

Mit „Das Mädchen im Schnee“ folgt ein kurzes Szenario am Rande für Zwischendurch, falls die Spieler noch nicht genug haben sollten. Im Großen und Ganzen finde ich das Szenario gut, und obwohl es auch durchaus interessant ist, empfinde ich es im Zusammenhang mit den sonstigen Ereignissen in Paris fast schon als etwas zu viel.

Richtig interessante wird der Band jedoch erst mit der Etappe in Lausanne. Vor allem, weil ich Traum-Szenarien mag, bei denen die Charaktere sich niemals sicher sein können, ob die Sache nicht doch irgendwie real zu sein scheint. An diesem Punkt wird die Kampagne zum ersten mal so richtig gefährlich für Leib und Leben, was aber auch nicht anders zu erwarten war.

Es folgt ein weiteres kurzes Szenario, das als Zwischenspiel für die Reise durch die Alpen bestens geeignet ist. „Das Band der Welten“ ist mein persönlicher Liebling in diesem Band und entführt die Charaktere in eine andere Dimension. Das Abenteuer entpuppt sich als wirklich gelungene „Spurensuche“-Aktion und lässt sich trotz einiger Verwirrungen locker an einem Abend durchspielen.

Damit endet der Abenteuer-Teil des zweiten Bandes und es folgen die überaus interessanten Regionalbeschreibungen, die vor allem wieder durch ihre zahlreichen informativen Fakten über die 1920er und jede Menge Abbildungen begeistern können. Insbesondere die Abschnitte über die Schweiz, Lausanne und die Alpen sollten einem kreativen Spielleiter mehr als genug Ideen für weitere Szenarien oder Kampagnen bieten.

Im Anhang des Buches lassen sich ganze 14 Seiten an Handouts finden, die allerdings etwas zu dunkel ausgefallen sind und sich daher zum Teil schlecht kopieren lassen.

Fazit: Auch der zweite Band kann voll überzeugen und besticht durch seine spannenden Szenarien und das umfangreiche Material. So liegt dem Band zum Beispiel außerdem noch das Heft „Fremde auf der Fahrt“ bei, eine Sammlung interessanter, mitreisender NSCs, die sich beliebig für eigene Ideen verwenden lassen. Ein erfahrener Spielleiter sollte nicht davor zurückschrecken, die ein oder andere Person sogar in den einzelnen Szenarien vorkommen zu lassen. Sei es einfach nur zur Irreführung oder Helfer in größter Not. „Horror im Orient-Express“ entpuppt sich so langsam zu einem echten Kaufgrund, mit dem „Cthulhu“-Rollenspiel anzufangen. Ich bin auf alle Fälle auf den dritten Band gespannt, für den ich mir vielleicht etwas mehr Szenarien und dafür einen nicht ganz so ausführlichen Hintergrund wünschen würde.


Horror im Orient-Express 2 – Von Paris in die Alpen
Quellen- & Kampagnenband
Thomas Ligotti, Penelope Love, Lynn Willis u. a.
Pegasus Press 2004
ISBN: 3-937826-20-3
160 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 24,95

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