von Karohren

Was für ein Werk! Insgesamt über 300 Seiten reine Geschichte, von der Entstehung der Welt bis zur aktuellen Spielzeit. Da ich das nicht alles in einem Abschnitt besprechen möchte, habe ich mich für eine Unterteilung in Einleitung, Schöpfungsgeschichte, Zeit, bis Menschen wichtig werden, Zeit der Menschen und Extras eingeteilt.

Einleitung

Das Buch beginnt mit einem Vorwort, das mal nicht nur vorhanden ist, sondern auch nützlich. Schon hier gehen die Autoren auf Probleme ein, die mach ein Spieler mit dem Werk haben könnte (Beschreibung der Schöpfung, neues Götterverständnis, Neuschreibung mancher Ereignisse) und beschreiten einen geschickten Weg, diesen aus dem Weg zu gehen. Dazu wird die Zeit bis zu den Menschen von einem unsterblichen Wesen erzählt, und die Autoren schreiben sogar noch extra dazu, dass es somit eine subjektive Auffassung des Geschehenen ist.

Im nächsten Abschnitt werden Meistern Ideen vorgestellt, wie sie die Geschichte in Abenteuer einbauen können (sogar mit Vorschlägen für verschiedene Quellen und deren Standpunkte/Sichtweise). Ein sehr guter und nützlicher Einstieg in das Werk, der sogar versucht, ältere Spieler und ihre Ansichten zu beruhigen. Auch wenn diese Beruhigungen vorhanden sind, war doch nach Erscheinen des Buchs im Jahr 2014 manch alteingesessener Spieler nicht gerade glücklich damit. Einiges wird doch anders interpretiert, als es früher der Fall gewesen war. Die Kritik ging so weit, dass im Jahr 2015 eine Neuauflage – dieses Buch – herauskam, um in einigen Punkten nachzubessern. Trotzdem gab es noch manchen Aufschrei in der Szene.

Für neuere Spieler hingegen gibt es hier keine Probleme, sondern nur den großen Vorteil, in einem einzigen Buch die gesamte Vorgeschichte Aventuriens nachlesen zu können.

Schöpfungsgeschichte

In diesem Abschnitt äußert die Unsterbliche Mutmaßungen und erklärt das Selbstverständnis von Göttern und Unsterblichen sowie die Erschaffung der Sphären und Dämonen. Daneben gibt es immer wieder Infotexte der Autoren, in denen sie ihr Verständnis der Welt darlegen. Zusätzlich gibt es auch noch die Sichtweise der Zwölfgöttergläubigen. Die neue Sichtweise auf Götter, Halbgötter, Unsterbliche und Dämonen finde ich sehr gelungen und sinnvoll. Da sie jedoch dem Zwölfgötterglauben grundlegend widerspricht, sehe ich auch hier ein gewaltiges Konfliktpotential für ältere Spielergenerationen (gerade da die Autoren im Vorwort erklärt haben, dass sie die Welt wie hier beschrieben verstehen und daher entsprechende Handlungen schreiben werden). Wer allerdings die Selbstgerechtigkeit dieser Kirchen nicht ausstehen kann, bekommt hier eine gute Geschichte.

Zeit, bis Menschen wichtig wurden

Auf etwa 100 Seiten werden die ersten zehn Zeitalter einerseits aus Sicht der Unsterblichen andererseits der Zwölfgötterkirche beschrieben. Durch die Wahl der Unsterblichen gibt es eine gute Erklärung, sich hauptsächlich auf Aventurien zu beziehen und nur eine Beschränkte Sicht auf manch ein Ereignis zu haben. So bleibt die genaue Herkunft der Elfen als auch die Erschaffung der Zwerge durch Ingerimm verborgen. Dass diese Geheimnisse wenigstens zum Teil bestehen bleiben, halte ich für eine gute Wahl, da manche Erklärungen nur entmystifizieren und keinen Nutzen haben. Ebenso gibt es eine Begründung, die unwichtigen Menschen ab und zu zu erwähnen, da sich die Unsterbliche für dieses Völkchen besonders interessiert. In meinen Augen eine gelungene kurze Zusammenfassung dieser Zeitalter. Einem Meister werden hier viele Ideen für Ruinen vergangener Kulturen gegeben, die sich grade im Dschungel und Gebirgen noch finden lassen. Eine wahre Schatzkiste für jemanden, der ein neues Abenteuer schreiben will.

Zeit der Menschen

Der Rest der Geschichte wird objektiver in kurzen Absätzen zu einzelnen Ereignissen erzählt. Dabei verwendete man die Zeitangaben nach BF (Bosparans Fall). So wie die Zeitangaben sich auf Menschen beziehen, werden auch hauptsächlich die menschlichen Kulturen betrachtet. Andere Völker kommen zwar immer wider vor, da sie Einfluss auf das Geschehen nehmen, stehen aber nie im Mittelpunkt. Auch die ca. 200 Seiten sind eine gute kurze Zusammenfassung der aventurischen Geschichte. Jeder Meister kann hiermit seinen Beschreibungen viel mehr Tiefe und Komplexität geben, ohne sich all das auszudenken. Spieler bekommen viele Ideen für passende Verlegenheiten, die man sich kaum selbst ausdenken könnte.

Extras

Nach der ausführlichen Geschichte gibt es noch eine kurze Zugsamenfassung der Zeitalter, die sich gut eignet, wenn man nicht das ganze Buch durchlesen möchte sonder nur einzelnes Vertiefen. Dazu kommt eine Tabelle aller erwähnten Völker und wie diese aussehen. Der inhaltlich letzte Beitrag sind Herrscherlisten der menschlichen Reiche mit entsprechenden Jahreszahlen. Schade, dass auch hier wieder andere Völker vernachlässigt wurden. Der Index zum Abschluss ist eine gute Hilfe, um Stellen zum erneuten Nachlesen wiederzufinden.  

Fazit: Eine gute Hilfe für jeden Meister, gerade mit der Zusage der Redaktion, sich künftig an diese Grundlage zu halten. Auch für Spieler, die gut zwischen Charakter- und Spielerwissen unterscheiden können, ein Buch, in dem man gut schmökern kann. Ältere Spielergenerationen dürften einige Probleme mit manch einer Information haben (und hatten sie auch dem Vernehmen nach). Wenn diese es jedoch schaffen, solche Probleme wie Fokusregeln zu behandeln, können auch sie dieses Werk genießen. Ich kann das Werk sogar Lesern empfehlen, die überhaupt nichts mit Aventurien zu tun haben. Für diese ist es eben „nur“ die Zusammenfassung der gewaltigen Geschichte einer epischen Fantasy-Welt (also die Handlung einer ganzen Romanreihe).

Historia Aventurica
Quellenband
Daniel Simon Richter, Florian Don-Schauen
Ulisses Spiele 2015
ISBN: 9783957522276
352 S. Hardcover, deutsch
Preis: EUR 49,95

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