Hellboy – Ghost

Eigentlich klingt es nach einem Routinejob: ein heruntergekommenes Wohngebäude, ein schießwütiger Geist ... schnell rein, schnell raus. Doch ganz so einfach wird es für Hellboy in „Ghost“, seinem vierten Hörspiel-Abenteuer von LAUSCH, das dem dritten „Hellboy“-Comic-Band „Hellboy/Batman/Starman“ von Cross Cult entnommen wurde, natürlich nicht.

von Frank Stein

 

Arcadia ist ein Drecksloch. Seit Hundert Jahren herrschen dort Bandenkriege, Mord und Totschlag. Man munkelt gar, dass mittlerweile genug Blut die Gosse hinabgelaufen ist, um unter der Stadt eine eigene bösartige Entität zu erwecken, einen dunklen Geist der Stadt. Mit dem muss sich Hellboy nicht rumschlagen, doch es ist durchaus ein Geist, der ihn und das Medium Jo nach Arcadia führt: ein weiblicher Geist, der in extrem scharfem Outfit herumläuft und arme Sünder mit zwei 45ern über den Haufen schießt. Der Auftrag des dämonischen Feuerwehrmanns ist denkbar einfach: Rede mit der Frau, finde heraus, was sie für ein Problem hat, biete ihr die Hilfe der B.U.A.P. an – und wenn sie ablehnt, sorge dafür, dass sie keinen Unsinn mehr anrichten kann.

Doch als ganz so leicht entpuppt sich der Job nicht. Ghost ausfindig zu machen, ist noch das kleinste Problem. Aber dann geraten die Dinge außer Kontrolle. In dem Haus liegen mehr Leichen herum, als es eigentlich der Fall sein sollte, Ghost erweist sich als Hellboys Überredungskünsten gegenüber außergewöhnlich resistent und dann werden die beiden auch noch in eine seltsame Zwischenwelt gerissen, in der ein Kerl mit einer goldenen Maske auf seine Befreiung wartet und deshalb an Hellboys geheimnisvoller Steinfaust interessiert ist. Reichlich Arbeit also für den Katzen-, Zigarren- und Pfannkuchenliebhaber.

Mit „Ghost“ liegt nach „Fast ein Gigant“ ein Hörspiel-Abenteuer des roten Riesen vor, das völlig losgelöst von dem bisherigen Handlungsbogen funktioniert. Entsprechend agiert Hellboy, einmal mehr kongenial verkörpert durch Tilo Schmitz, diesmal weitgehend unabhängig von seinen B.U.A.P.-Kollegen. Abe Sapien tritt überhaupt nicht auf, Liz Sherman und Direktor Manning nur kurz im Epilog. Stattdessen liefert sich Hellboy mit Ghost ein von deren Identitätsproblemen und Schuldgefühlen geprägtes Doppel, das für beide Seiten mehr als schmerzlich ist. Neben Schmitz brillieren dabei vor allem erneut Helmut Krauss, der im Prolog als Mafia-„Big Boss“ in bester „Pate“-Manier die Ereignisse ins Rollen bringt, sowie Simona Pahl als selbstbewusst auftretende, aber innerlich furchtbar unsichere Geisterbraut.

Aufgrund seiner Eigenständigkeit ist das Abenteuer auch gut als Einstieg ins Universum von Hellboy geeignet. Das Personal ist überschaubar und die Handlung ziemlich klar strukturiert, wenngleich natürlich auch hier Mignola-typische Sprünge in Handlung und Wirklichkeitsdimension vorkommen – über die sich diesmal sogar Hellboy explizit wundert. Obschon alles in allem rund, merkt man dem Hörspiel doch das Episodische seiner Kurzgeschichtenvorlage an. So wird das unterirdische Übel von Arcadia nur angedeutet, spielt dann aber keine Rolle mehr. Auch der Ursprung eines gewissen magischen Objekts wird nicht aufgelöst, und Ghosts Geheimnis ihrer Herkunft bleibt ebenso ungelüftet. Die augenblickliche Bedrohung ist zwar gebannt, sonst aber sind alle Fragen offen. Das hingegen ist nicht dem Hörspiel anzulasten, sondern dem Erzählstil Mignolas, dessen Welt schlichtweg eine rätselhafte ist und immer bleiben wird.

Fazit: Das vierte Hörspielabenteuer Hellboys eignet sich vor allem für Einsteiger in die Welt des Dämons mit der Steinfaust, denn die Episode ist weitgehend losgelöst von den großen Handlungslinien um das Wirken der B.U.A.P. – Kenner der Serie erfreuen sich dagegen an der knackigen Solomission Hellboys, könnten allerdings die Kollegen des Roten vermissen. Wer außerdem gehofft hat, zu erfahren, wie es mit dem in „Fast ein Gigant“ gefundenen Homunculus Roger weitergeht, wird ebenso enttäuscht. Nichtsdestoweniger ein sowohl technisch makelloses als auch inhaltlich unterhaltsames Pulpstück im Hörspielformat.


Hellboy – Ghost
Hörspiel nach den Comics von Mike Mignola
Günter Merlau (Regie)
LAUSCH 2009
ISBN: 978-3-939600-52-7
1 CD, 61 min., deutsch
Preis: je EUR 9,95

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