Heldenwinter

Ein junger Halbling und sein geheimnisvoller Mentor ziehen in die Welt hinaus, auf der Suche nach Rache. Dabei versetzen sie ein ganzes Königreich in Aufruhr. Jonas Wolf mischt geschickt düstere Elemente im Stil Abercrombies in eine klassische Fantasygeschichte.

von Andrea Bottlinger

 

Jeder kennt ihn: den Helden, dessen Familie getötet wird, der geleitet von einem weisen Mentor in die Welt hinauszieht und am Ende einen bösen König stürzt. Oft stellt sich dabei heraus, dass er der lang verloren geglaubte Thronerbe ist oder es sonst eine besondere Bewandtnis mit ihm hat. Jonas Wolf weicht nicht weit von diesem erprobten Schema ab. Allerdings fügt er ein paar interessante Elemente hinzu. Zombies zum Beispiel. Und wie wir alle wissen, wird alles besser mit Zombies. Oder nicht?

Worum es geht

Namakan ist ein junger Halbling und der Lehrling des menschlichen Schmieds Dalarr. Zusammen mit seiner Frau Lodaja zieht dieser eine ganze Handvoll Waisenkinder der Halblinge auf. Doch eines Tages taucht ein alter Feind an ihrer Haustür auf. Er tötet Lodaja und die Kinder. Nur Namakan und Dalarr sind gerade in den Bergen und überleben. Dalarr schwört Rache. Gemeinsam reisen die beiden in die Welt hinaus und sammeln Leute um sich, denen Dalarrs alter Feind und dessen Marionettenkönig Arvid ebenfalls Unrecht getan haben. Mit der Tochter eines Feuergeists, eines verfluchten Grafen ohne Land und seiner Amme, eines Zwergs mit einem ernsten Alkoholproblem und der letzten Tochter der Elfen findet sich dabei eine interessante Gruppe zusammen. Auf dem Weg erfährt Namakan außerdem einige überraschende Dinge über sich selbst und seinen Meister.

Klassische Fantasy, nur in düster

„Heldenwinter“ beginnt sehr klassisch in einem abgeschiedenen Dorf und mit einem Helden, der von der großen weiten Welt bisher nur träumen konnte. Doch es gibt ein Element, das den Roman von Anfang an von der Fantasy im Stil Tolkiens unterscheidet. Er ist brutaler, dreckiger und einige der wichtigen Charaktere kann man nicht gerade als freundlich bezeichnen. Namakans Meister Dalarr beispielsweise fragt nicht nach Freund oder Feind, bevor er jemanden tötet. Er unterhält freundliche Verhältnisse zu Monstern und sein einziger Antrieb ist der Wunsch nach Rache. Es geht nie darum, die Welt zu verbessern oder ein unterdrücktes Volk zu befreien. Im Gegenteil: Der Großteil des Volks verehrt den König, den Dalarr in seine Rachepläne miteinschließt.

Nach und nach kommen außerdem einige weniger klassische Elemente hinzu. Da wäre beispielsweise die Frage, was während der Schlacht geschehen ist, seit der in einigen Gegenden die Toten nicht mehr ruhig in ihren Gräbern bleiben. Oder auch das Geheimnis, das Dalarr mit sich herumschleppt. Immer wieder erzählt er Geschichten aus seiner Vergangenheit, doch schnell wird klar, dass man nicht alles davon für bare Münze nehmen kann. Was verschweigt er, wo verbiegt er die Wahrheit ein wenig? Zusammen mit Namakan wird der Leser in die Jagd nach den verschiedenen Puzzleteilen hineingezogen. Mit der Zeit passen Ereignisse zueinander, die bisher scheinbar nicht miteinander in Zusammenhang standen, und ergeben ein Bild, das nicht nur Dalarr und Namakans Hintergrund beleuchtet, sondern einem auch einen lebendigen Eindruck der gesamten Welt vermittelt.

Besonders das Rätsel um Dalarr macht die Handlung interessant, aber es gibt auch ausreichend Action und Kämpfe, die teilweise recht blutig geschildert werden. Dennoch reisen die Helden ihrer Rache insgesamt recht gemütlich entgegen. Die Zeit drängt nicht und sie werden auch nicht verfolgt. Nur für die letzten 100 Seiten sollte man sich vornehmen, sie in einem Rutsch zu lesen. Hier erwartet einen ein fulminantes Finale und eine Schlacht, die nicht nur die Gegenwart und die Vergangenheit verknüpft, sondern auch die letzten Rätsel lüftet.

Wer nicht mit großen Überraschungen rechnet und kein Problem mir Klischees hat, wird von diesem Roman auf jeden Fall gut unterhalten. Aber auch Leser, die auf der Suche nach originelleren Ideen sind, dürften in „Heldenwinter“ den einen oder anderen Schatz finden, wenn sie tief genug graben.

Fazit: „Heldenwinter“ ist ein spannender, düsterer Romane, auch wenn er nur selten überraschen kann. Besonders Fans klassischer Fantasy, die es auch etwas blutiger und derber mögen, dürfte er gut gefallen.


Heldenwinter
Fantasy-Roman
Jonas Wolf
Piper 2012>br> ISBN: 978-3492267199
512 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 12,99

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