Harry Potter: Death Eaters Rising – Aufstieg der Todesser

Das muss man der circa 15 Zentimeter großen Voldemort-Figur lassen, die als erstes ins Auge springt, wenn man den Spielekarton öffnet: Finster schauen kann sie! Mit ausgestrecktem Zauberstab und türkisschimmernden Augen ist das auch ganz passend, denn Voldi und seine Todessern wollen mit ihrem dunklen Einfluss die letzten Orte des Widerstands verderben. Doch die Zauberwelt wehrt sich hartnäckig.

von Oli Clemens

„Harry Potter: Aufstieg der Todesser“ ist ein kooperatives Würfelspiel, bei dem die Spieler alles geben, um den Dunklen Lord und seinen Weltvernichtungsplan zu stoppen. Dazu heuern sie Hexen und Zauberer aus dem Orden des Phönix an, verstärken sich mit Dumbledores Armee und rekrutieren direkt Mitkämpfer aus Hogwarts. Gemeinsam verteidigen sie dann Orte und prügeln mit Würfeln die auftauchenden Todesser windelweich. Ganz am Schluss kann es dann zum Showdown mit Voldemort himself kommen – wenn das Team solange gegen die Attacken der dunklen Magie zu bestehen vermag. Um es vorweg zu nehmen: Erstens ist dieses Unterfangen nicht einfach und zweitens kann eine Partie „Harry Potter: Aufstieg der Todesser“ ganz schön lange dauern, wenn man Voldemort endgültig ausschalten will.
 
Jeder Spieler wählt eine prominente Figur aus der Potter-Welt. Das können beispielsweise Harry oder Hermine sein. Ihre Karten sind violett gestaltet. Damit repräsentieren sie Dumbledores Armee. Nymphadora Tonks und Sirius Black haben rote Karten und stehen für den Orden des Phönix. Wer lieber Hogwarts-Charaktere spielen möchte, wählt Albus Dumbledore oder Minerva McGonegall, deren Karten blau sind.

Außer einem Charakterporträt, das aus den Filmen entnommen wurde, hat jede Charakter-Karte auch eine Fähigkeit, die als Fließtext aufgedruckt ist. Das gilt sowohl für die Start-Charaktere als auch für die Unterstützer, die man später in sein Team holen möchte. Rechts an der Kartenseite ist eine Schadensleiste mit Kästchen erkennbar. Zu Beginn des Spiels sind diese noch leer. Muss ein Charakter Schaden einstecken, ist das dann der Platz, wo kleine, rote Marker abgelegt werden.



Passend zum gewählten Charakter erhält man eine Hauptquartier-Karte. Diese zeigt, welche Würfel jeder Spieler zu Spielbeginn für den eigenen Würfelpool erhält, und hat ebenfalls zwei Fähigkeiten, die dabei helfen sollen, Voldemorts Pläne zu durchkreuzen.

Voldi steht mit seiner Figur mittig auf einer Scheibe und kann von dort aus drei wichtige Orte der Zauberwelt erreichen: das Zaubereiministerium, die Winkelgasse und Hogsmeade. An jedem Ort liegen drei Charakter-Karten aus. Das können ‚gute‘ Hexen und Zauberer sein, die darauf warten, von den Spielern rekrutiert zu werden, aber auch Todesser können dort rumlungern und auf die Kommandos ihres Chefs warten. Zu Beginn jeder Runde entscheidet ein achtseitiger Würfel, welchen dieser Orte der Dunkle Fürst angreift. Der Würfel kann drei Ergebnisse darstellen: die Buchstaben R und L und das Dunkle Mal. Bei R oder L wird die Voldemort-Figur nach rechts oder links zum nächsten Ort gedreht. Der Zauberstab dient zur Orientierung. Jetzt läuft eine Prozedur ab:

An den neuen Ort erhalten zuerst alle Zauberer und Hexen einen Schadenspunkt. Dazu werden Schadensmarkersteinchen auf jede Karte gelegt. Hält sich der aktive Spieler zu diesem Zeitpunkt auch an dem entsprechenden Ort auf, bekommen sein Charakter und alle Zauberer in seinem Team den Schaden ab. Zusätzlich stürzt Voldemort den aktuellen Ort weiter ins Verderben. Dazu werden schwarze Kristallmarker auf die Ortskarte gelegt. Sind die vier Plätze darauf belegt, fällt der Ort unter seiner Kontrolle. Da leistet der Fiesling echt gute Arbeit.



Sollten an dem Ort auch noch Todesser ausliegen, aktivieren sie jetzt ihre Fähigkeiten. Dann hagelt es in der Regel weitere Schadenssteinchen oder schwarze Kristallmarker.

Das ganze eskaliert im wahrsten Sinne des Wortes, wenn der Würfel das Symbol des Dunklen Mals zeigt. Dann aktivieren die Todesser nämlich noch Zusatzaktionen. In dieser Phase des Spiels hat man einen erheblichen Aufwand zu betreiben, bis alle Schadensmarker an der richtigen Stelle liegen, alle Fähigkeiten abgearbeitet sind und alle Kettenreaktionen aufgelöst wurden.

Jetzt sind endlich auch mal die Spieler an der Reihe. Der aktive Spieler schnappt sich die Würfel aus seinem Pool. Diese haben vier verschiedene Farben und tragen unterschiedliche Symbole. Phönix, Schwert, Zauberstab und Hut. Je nach Farbe des Würfels sind diese unterschiedlich verteilt. Um neue Hexen und Zauberer an dem Ort anwerben zu können, muss nun eine bestimmte Kombi von Eigenschaften gewürfelt werden. Remus Lupin schließt sich dann zum Beispiel an, wenn zwei Phönixe, ein Zauberstab und ein Schwert gewürfelt wurden. Dann kann der Spieler die Karte in sein Team aufnehmen und ab der nächsten Runde steht Lupins Fähigkeit zu Verfügung, die mit einem einzelnen Schwert aktiviert werden kann. Dann würde er dafür sorgen, dass ein Verdammnismarker aus Hogsmeade entfernt werden kann und ein Zauberer dort um einen Schaden geheilt wird. Es wird klar, wir brauchen die neuen Karten, um effektiver zu werden, zumal einige Karten im Team auch bewirken, dass wir mehr Würfel in unserem Pool ansammeln können. Leere Plätze an den Orten werden durch Karten vom Nachziehstapel wieder aufgefüllt.



Alternativ kann der Spieler aber auch die Symbole benutzen, um den Todessern vor Ort Schaden zuzufügen. Auch sie haben die gleichen Schadensfelder wie die Charaktere. Für die Schlange Nagini braucht es aber schon zwei Schwerter, um ein rotes Steinchen ablegen zu können. Sind ihre drei Felder belegt, wandert die Karte nach Askaban und richtet keinen Schaden mehr an. Haben die Hexen und Zauberer zu viel Schaden angesammelt, kommen die Karten aus dem Spiel und müssen in den Krankenflügel von Hogwarts.

Zum Showdown mit Voldemort kann es frühestens kommen, wenn seine Karte vom Nachziehstapel aufgedeckt wird. Leider kann man ihm nur so viel Schaden anrichten, wie wir bisher Todesser besiegt haben. Um ihn komplett umzuhauen und ihm seine fünf Schadensklötzchen zu verabreichen, müssen wir also vorher fünf Todesser erlegt haben. Das ist herausfordernd.

Ein Glück, dass uns dabei Spruch-Chips helfen können, mit denen wir zusätzliche Würfel einsetzen oder Würfelergebnisse manipulieren, Schaden heilen oder Verdammnismarker entfernen können. An sie gelangen wir immer dann, wenn wir einem Todesser Schaden zufügen.

Das Spiel endet auf verschiedene Arten. Gewonnen haben die Spieler nur auf eine Weise, nämlich wenn sie Voldemort die notwendigen fünf Schadensmarker verabreichen. Verloren geht das Spiel, wenn entweder zu viele Hexen und Zauberer in den Krankenflügel wandern oder zu viele Orte von Voldemort korrumpiert werden.



Das ganze dauert so zwischen 30 und 120 Minuten. Das Cover der Schachtel ist ein absoluter Hingucker. Wie in einer Art optischer Täuschung verschmelzen drei Motive aus der „Harry Potter“-Welt in Blautönen ineinander. Das sieht Hammer aus. Das Material steckt in einem Inlay, das super für Ordnung sorgt: Würfel, Marker, Karten – alles hat seinen Platz, insbesondere die Voldemort-Figur. Das Material ist ebenso wirklich topp, die Figur vielleicht dann doch etwas überproduziert, dient sie doch lediglich als Wegweiser ohne weitere Funktion. Das Regelheft ist klar strukturiert, scheint mir insgesamt jedoch ein wenig textlich überfrachtet, auch wenn einzelne Illustrationen immer wieder den Textfluss durchbrechen.

Fazit: „Harry Potter: Aufstieg der Todesser“ bewegt sich vom Anspruch her irgendwo zwischen Familienspiel Plus und Kennerspiel. Eine Partie gemeinsam zu gewinnen, ist ganz schön schwer. Dafür sorgen die vielen Effekte, die durch Voldemort und seine Schergen abgearbeitet werden müssen. Es hagelt Schaden, wohin das Auge schaut. Dadurch entsteht aber ein erhebliches Maß an Aufwand, das alles umzusetzen. Gleichzeitig ist der Spielerzug vergleichbar einfach und kurz: würfeln und Symbole zuordnen. Das passt irgendwie nicht zusammen. Letztendlich ist man zu sehr mit dem Management des Spiels beschäftigt, als selbst zu spielen. Dazu kommt, dass sich alles im Spiel regelmäßig wiederholt. Das kann auf Dauer stark ermüdend wirken, insbesondere, wenn die Chancen, Voldemort in die Schranken zu weisen und zu gewinnen, immer geringer werden. Das Spiel punktet aber auf jeden Fall durch seine Ausstattung und seine optische Aufmachung.

Harry Potter: Death Eaters Rising – Aufstieg der Todesser
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
Patrick Marino, Andrew Wolf
Kosmos 2021
EAN: 4002051680756
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 49,99

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