Guardians of the Galaxy – Wächter des Alls – Anthologie

Wer nach intergalaktischen Abenteuern mit einer abgedrehten Crew sucht, für den gibt es seit Anfang Mai diesen Jahres den dritten Teil von „Guardians of the Galaxy“ im Kino sehen. Regisseur James Gunn möchte damit sein filmisches Projekt abschließen. Aber wie kam diese Superhelden-Truppe überhaupt zusammen? Es lohnt sich, einen Blick in die Comics – die Grundlage des Kino-Erfolgs – zu werfen. Gehen wir zurück zu den Wurzeln – oder wie es besser heißen dürfte: „Back to the (g)roots“!

von Daniel Pabst

Panini Comics hat im Laufe der vergangenen Jahre diverse Sammelbände zu populären Comic-Figuren – sowohl aus dem Marvel-Universum, als auch aus dem DC-Universum – veröffentlicht. Diese Anthologie-Sammlungen enthalten in einem Hardcover jeweils 10-20 Comic-Geschichten und lassen die wichtigsten Momente der Figuren neu aufleben.

Diesmal heißt die Anthologie: „Guardians of the Galaxy – Wächter des Alls“. Sie beinhaltet 15 Geschichten der kosmischen Helden auf 324 Seiten. Den Beginn macht eine Geschichte von Stan Lee und Larry Lieber (Story), gezeichnet von Jack Kirby, Tusche von Dick Ayers aus dem Jahre 1960 aus der Reihe „Tales of Astonish“. Das Ende der Anthologie bildet „Guardians of the Galaxy 1 – Die letzte Fehde, Teil 1“ aus dem Jahre 2019. Dazwischen liegen fast 60 Jahre!

Dieser Comic-Band schafft also einen Überblick von den Ursprüngen bis zur Neuzeit. Wie unterschiedlich das ist, zeigt sich an der ersten Geschichte, der 13. Ausgabe von „Tales of Astonish“ – einer Gruselgeschichte. Darin droht ein kolossaler Baumriese, die Stadt zu übernehmen. Während der Sheriff mit den Männern der Stadt zu den Waffen greift, zieht sich der Biologe Leslie Evans in sein Labor zurück und arbeitet an einer Strategie. Wie nur lässt sich der monströse Widersacher namens „Groot“ bewältigen? Mit dem putzigen, wortkargen Baumwesen, das die Fans so lieben, hat diese Geschichte also wenig gemeinsam.

Der Aufbau der Anthologie ist so gewählt worden, dass vor jeder Geschichte verschiedene Comic-Experten ihr Fachwissen und ihre Kommentare abgeben. Dies ist hilfreich und teils sogar notwendig, um den Kontext zu verstehen. Wie kam es zu dem jeweiligen Comic? Wer sind die Autoren, Zeichner und die weiteren Personen aus dem Kreativ-Team? Inwiefern ist die jeweilige Geschichte von Relevanz für den aktuellen Status der Figuren? Was erwartet uns in der jeweiligen Story?

Wie man es von Anthologie-Reihen kennt, erzählt jeder Comic eine abgeschlossene Geschichte – beziehungsweise bildet keine direkte Fortsetzung an die vorherige Erzählung. Dies ist ein großer Unterschied zu den meisten anderen Panini-Comics. Daher richtet sich diese Anthologie in erster Linie an Fans der Kinofilme, die mehr über ihre Lieblinge erfahren möchten. Aber auch diejenigen, die bereits einige Comics von „Guardians of the Galaxy“ besitzen, dürften durch die Fülle und Unterschiedlichkeit dieses Werks gut unterhalten werden.

Und auch die darauf folgenden Erzählungen zeigen ein vollkommen anderes Bild als die modernen Guardians. Martinex, Charlie-27, Vance Astro, Starhawk und Yondu – die „originalen“ Guardians – sind die jeweils letzten Überlebenden ihres jeweiligen Planeten. Statt furiosen, lustigen Weltraumabenteuern müssen sie um ihr Überleben gegen übermächtige Aliens – die „Badoons“ – kämpfen. Die Differenzen der Comic-Geschichten zum galaktische Universum und den populären Filmfiguren könnten kaum größer sein.

Ein Satz im Vorwort von Pierre Bisson fasst es daher gut zusammen: „Im Falle der Guardians [ist es] gerade obligatorisch, genau diese hier versammelten Storys zu nehmen, weil unsere Helden der Stunde in manchen Marvel-Perioden eben einfach so gut wie gar nicht vorkamen.“ Zusätzlich hatten die Guardians in den Comics eine immer wieder wechselnde Teamkomposition, mit denen wir heute eher weniger anfangen können.

Einige der älteren Geschichten können aus heutiger Sicht nicht mehr durch ihre Handlungen überzeugen. Es fehlt an Abwechslung und erkennbarem Spannungsbogen. Auch sind bei den älteren Comics nicht alle Enden gelungen. Für den vollständigen Überblick ist ihr Abdruck dennoch von Wert. Im Sinne eines Zeitdokuments liefert diese Anthologie zudem sehr geeignetes Anschauungsmaterial. Die alten Rollenbilder sind durchbrochen worden. Neue Outfits verhelfen den Comic-Figuren zu mehr Diversität und führen zu Empowerment. Die neuen Texte in den Sprechblasen enthalten mehr Abwechslung und zeugen von verstärkter Sensibilität.

Auf den charismatischen Peter Quill (alias Star-Lord) müssen sich Fans lange gedulden. Denn erst mit den „Guardians 2.0“ (Story: Dan Abnett und Andy Lanning, Zeichnungen: Paul Pelletier) tritt er in Erscheinung. In der Anthologie ist dies die zehnte Geschichte. Darauf folgt die – herausragende – Geschichte von Brian Michael Bendis (Story) und Steve McNiven (Zeichnungen) aus „Space-Avengers, Teil 1 und 2“. Sie ist die Origin-Story von Peter Quill und beginnt damit, dass wir eine Frau sehen, die einen vom himmelfallenden „Piloten“ aufnimmt und sich beide sehr bald Hals über Kopf ineinander verlieben. Nach einer Doppelseite, die ohne Text auskommt, verlässt der Mann die Frau, um „zurück nach Haus(e)“ zu kehren, wo „ein Krieg“ wartet.

Wie so manch eine oder einer sich schon denken konnte: Die beiden werden die Eltern des Star-Lords sein. Emotional und zugleich anders als aus dem Kinofilm bekannt, steuert diese Geschichte auf ihren Höhepunkt zu. Wer nicht die gesamte Anthologie lesen möchte, der sollte zumindest nach dieser Geschichte Ausschau halten! In der von Panini Comics angebotenen Leseprobe gibt es übrigens die komplette Geschichte über „Groot“ von 1960 kostenlos zu lesen. Hierauf solltest du ebenfalls einen Blick werfen!

Im Laufe der 15 Geschichten tauchen zunehmend die bekannten Figuren auf. Selbstverständlich übernimmt auch Gamora in der ein oder anderen Geschichte die Hauptrolle. Richtung Ende tritt auch Angela auf, die an der Seite von Gamora kämpft. Dieser im Lauf der Jahrzehnte immer größer werdende (Comic-)Cast zeigt symbolisch, wie das Scheitern und das „sich neu erfinden“ dazugehören, um langzeitig Erfolg zu haben und eines Tages populär zu werden. Zugleich passt es zum bunten Haufen an „Guardians of the Galaxy“-Charakteren. Wer weiß schon, welche dieser vielen Charaktere uns in Zukunft wieder neu unterhalten werden?

Leseprobe

Fazit: Die „Guardians of the Galaxy“-Anthologie präsentiert eine wilde Mischung an Figuren und deren Geschichten. Das Lesen fühlt sich wie ein Sprung durch die Zeit an (als ob man „Doctor Strange“ wäre). Aber nicht nur die Charaktere entwickeln sich, sondern auch alles Äußerliche: Die Aufmachung des Comics, die Farbgebung, die Sprache und vor allem die Zeichnungen. Mit dem Kinofilm wird die Erfolgsgeschichte von „Guardians of the Galaxy“ sicher nicht enden. Mal abwarten, welche „verstaubten“ Helden und Heldinnen in neuen Marvel-Werken in neuem Licht strahlen. Dieser Anthologie-Band zeigt einmal mehr: Die Welt der Comics ist galaktisch!  

Guardians of the Galaxy – Wächter des Alls – Anthologie
Comic
Angel Medina, Brian Michael Bendis u. a.
Panini Comics 2023
ISBN: 978-3-7416-3192-4
324 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 35,00

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