Gruselkabinett 162: Das gemiedene Haus

H.P. Lovecraft (1890-1937) ist als Autor bekannt für seinen „Supernatural Horror“. Seine Geschichte „Das gemiedene Haus“ reiht sich ein in die Werke über verrufene Orte: „Träume im Hexenhaus“, „Das Ding auf der Schwelle“ und „Der leuchtende Trapezoeder“. Was können wir erwarten von der „Gruselkabinett“-Hörspielumsetzung? Gelingt der phantastische Horror auf circa 70 Minuten?

von Daniel Pabst

Das Hörspiel „Gruselkabinett 162: Das gemiedene Haus“ basiert auf der englischen Geschichte „The Shunned House“ aus dem Jahre 1924, welche erstmals 1937 publiziert wurde. Im Jahre 2020 wagte sich Titania Medien mit Marc Gruppe an die Vertonung. Liest man die Liste an Sprecherinnen und Sprechern, so gewinnt man den Eindruck, dass durch die Vielzahl temporeiche Szenen zu erwarten sind. Zu erwarten ist von einer H.-P.-Lovecraft-Umsetzung entweder, dass sie sich nah am Original hält oder den Stoff passend weiterschreibt. Hier bleibt die Hörspielumsetzung sehr nah an der Original-Geschichte. Insgesamt beträgt die Spielzeit circa 70 Minuten. Damit reizt es die Laufzeit einer CD weitestgehend aus.

Der Einstieg in die Geschichte wird mit einem Dialog zwischen zwei Jugendlichen gemacht, die beschließen, in das gemiedene Haus einzusteigen. Das Haus stellt sich als ein klassisches Spukhaus dar. Die Hörerinnen und Hörer erhalten in dieser Szene den gewissen Gruselfaktor präsentiert. Besonders als die beiden in den Keller vordringen, steigert sich die Spannung. Der Schimmelbefall und die Wurzeln der Bäume im Garten des Gebäudes ähneln körperlichen Teilen. Dies wird durch die Atmosphäre und die Beschreibungen der Jugendlichen sehr gut in die heimischen vier Wände transportiert.

Dann macht die Geschichte einen zeitlichen Sprung. Wir erfahren, dass der eine der beiden auch als Erwachsener an dem Haus interessiert ist und den Ursprüngen auf den Grund gehen möchte. Besonders die Frage, warum dort niemand einziehen möchte, wurmt ihn. Gesprochen wird der Protagonist Howard von Bene Gutjan. Er verleiht ihm eine angenehme, wenn auch vielleicht etwas zu jugendliche Stimme. Sein Partner ist Jürgen Thormann, der den Onkel Dr. Elihu Whipple spricht. Whipple hat seinerseits die Chronik des Hauses erforscht. Dieses Wissen teilt er dem ihn besuchenden Howard mit. Hier beginnt für die Hörerinnen und Hörer der Nachteil der sehr langen Spieldauer. Statt eines Hörspieles würdig, werden die Szenen nicht durch verschiedene Stimmen „gespielt“, sondern durch Whipple vorgetragen. Getragen wird diese Unterredung, die sich über 30 Minuten streckt von Hintergrundmusik und ganz kurzen Einwürfen aus dem großen Sprechercast.

Was erfahren wir in der langen Geschichtserzählung von Whipple? Nun, es werden seine Nachforschungen minutiös einzeln aufgezählt. Dies bedeutet, dass wir viele Namen erhalten. Kurz gesagt: Wer lebte für wie lange im „gemiedenen Haus“ und verstarb auf welche Weise. Unter anderem wird darin mitgeteilt, dass ein hugenottischer Siedler namens Etienne Roulet im 18. Jahrhundert einen eigenen Friedhof anlegte, wo sich das gemiedene Haus jetzt befindet … Spannend oder – wie von „Gruselkabinett“ zu erwarten – schaurig-romantisch ist dieser Teil durch die langatmige Erzählpassage nicht.

Die zweite Hälfte des Hörspiels widmet sich mit der eigenen Erkundung vor Ort. Der Onkel und sein Neffe beschließen eine Nacht im Keller des Hauses zu übernachten. Sie sind weder abergläubisch, noch sehen sie etwas Übernatürliches und wollen dem „Spuk“ mit der Wissenschaft entgegentreten. Hier wird es ein wenig gruselig, und als plötzlich gewisse Ereignisse eintreten, fürchtet man gar um das Leben der Protagonisten.

Was bleibt noch zu sagen? Interessant gewählt wurde bei „Gruselkabinett 162: Das gemiedene Haus“ das Cover-Bild. In dem gewohnt typischen „Gruselkabinett“-Stil wird hier eine in grün gehauchte Szene dargestellt. Sie zeigt einen Schlüsselmoment im Hörspiel. Da im Keller des Hauses Schimmel, gelbliches Licht und Dämpfe emporsteigen, passt die Farbe daher perfekt. Entgegen der ursprünglichen Buchumschlaggestaltung oder der ersten Assoziation, ein Haus abzubilden, ist das Cover durch Ertugrul Edirne daher ein kleines Highlight dieses Hörspiels.

Fazit: Alle, die beim Lesen des Namens H. P. Lovecraft sofort an den „Cthulhu-Mythos“ denken, erhalten hier eine Geschichte, die diesen Bereich nicht bedient. Stattdessen reiht sich die Geschichte ein in die Lovecraft-Werke über verrufene Orte. Diese Mischung aus Isolation und phantastischen oder vampirischen Einflüssen, ist beklemmend und kann gruselig sein. In diesem Hörspiel gelingt die Umsetzung in Teilen. Zu empfehlen ist es daher allen Sammlerinnen und Sammlern der „Gruselkabinett“-Reihe.

Gruselkabinett 162: Das gemiedene Haus
Hörspiel nach der Geschichte von Howard Philips Lovecraft
Marc Gruppe
Titania Medien 2020
ISBN: 978-3-7857-8187-6
1 CD, ca. 70 min., deutsch
Preis: EUR 7,99

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