Gruselkabinett 106: Das Traktat Middoth

In der Hörspielreihe „Gruselkabinett“ von Titania Medien ist der britische Altertumsforscher und Verfasser von Geistergeschichten Montague Rhodes „M. R.“ James kein Unbekannter. Schon frühere Folgen beruhen auf Vorlagen des Schriftstellers, der von 1862 bis 1936 lebte, wie Folge 71 „Der Eschenbaum“, Folge 92 „Zimmer 13“ und Folge 101 „Verlorene Herzen“. Für die 106. Episode der Hörspielreihe wurde seine Erzählung „Das Traktat Middoth“ adaptiert.

von Simon Ofenloch

England, gegen Ende des 19. Jahrhunderts: In einer Bibliothek geschehen rätselhafte Dinge. John Eldred, ein irritierend nervöser und gehetzt wirkender Mann ist auf der Suche nach einem bestimmten Buch. Der Bibliotheksangestellte William Garrett möchte ihm gerne helfen, bekommt es dabei allerdings mit einer seltsamen Erscheinung zu tun. Böse Mächte sind am Werk. Des Rätsels Lösung liegt in der Vergangenheit.

Der 1862 im englischen Kent geborene Montague Rhodes James war ein Altertumsforscher, der unter dem Namenskürzel M. R. James zahlreiche Geistergeschichten in der Tradition des von ihm verehrten Iren Joseph Sheridan Le Fanu verfasste und veröffentlichte. In England wurden diese seinerzeit ziemlich populär. Seine Erzählung „Das Traktat Middoth“ erschien erstmals 1911, unter dem Originaltitel „The Tractate Middoth“. Mit Folge 106 der Titania-Medien-Reihe „Gruselkabinett“ kommt sie als Hörspiel zu Ehren. Die Vorlage vereint gekonnt viele wirkungsvolle schauerromantische Motive, welche die Hörspielbearbeitung überzeugend adaptiert. Raffinierte Perspektivwechsel unterstützen die Originalität.

Die auftretenden Personen sind mit den Sprechern Constantin von Jascheroff, Bernd Rumpf, Herma Koehn, Cathlen Gawlich, Lutz Mackensy, Rainer Gerlach, Judy Winter, Hans Bayer, Pascal Breuer, Sabina Trooger und Anja Kruse bestens besetzt. Marc Gruppe, Mitgeschäftsführer von Titania Medien, Verfasser des Hörspieldrehbuchs und zusammen mit Kompagnon Stephan Bosenius für Produktion und Regie verantwortlich, spricht einen Schaffner. Als Erzähler brilliert Reinhard Scheunemann.

Wenngleich nicht jeder einzelne Handlungsabschnitt konsequent motiviert erscheint, manche Aktion eher dem Diktat der Dramaturgie als einem der Nachvollziehbarkeit unterworfen zu sein scheint, nehmen einen die guten Sprecherleistungen wie auch die sauber gefertigte Kulisse aus passenden Geräuschen und Musiken derart gefangen, dass man gütig jedes Logikloch übersieht. Vielleicht ist „Das Traktat Middoth“ keine der stärksten Geschichten von M. R. James. Nichtsdestotrotz tut Titania Medien gut daran, diesen für die Gespensterliteratur ganz wesentlichen Autor, der im angelsächsischen Raum hochangesehen ist, immer mal wieder fürs interessierte deutsche Publikum präsent zu halten.

Fürs CD-Cover hat Illustrator Ertugrul Edirne dieses Mal ein wahrhaft gruseliges Motiv angefertigt, völlig im Einklang mit dem Inhalt des Hörspiels, doch gleichzeitig ziemlich abstoßend. 

Fazit: Die 106. Folge „Das Traktat Middoth“ der ausgezeichneten Hörspielreihe „Gruselkabinett“ von Titania Medien bietet mehr als einen sperrigen Titel: Die Vorlage des Briten M. R. James ist mit tollen Stimmen, passenden Geräuschen und probater Musik stimmungsvoll umgesetzt worden.


Gruselkabinett 106: Das Traktat Middoth
Hörspiel nach einer Erzählung von M.R. James
Marc Gruppe
Titania Medien 2015
ISBN: 978-3-7857-5170-1
1 CD, ca. 60 min., deutsch
Preis: EUR 8,99

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