Gilde der Diebe

Um Freundinnen vor Mordanschlägen zu schützen, müssen es Nix und Egli mit nicht weniger als der gesamten Gilde der Diebe aufnehmen. Wenngleich um eine körperliche Auseinandersetzung nie verlegen, ist doch eine ganze Gilde auch für die beiden ein erhebliches Risiko, ihre Lebenszeit drastisch zu minimieren. Zumal das auch nur das kleine ihrer beiden akuten Probleme ist.

von Lars Jeske

Zu Beginn ihres zweiten Abenteuers namens „Gilde der Diebe“ sitzen Nix und Egli entspannt am Tresen ihres Etablissements „Schlüpfriger Tunnel“ und freuen sich des Lebens. Zugegeben recht langweilig, wenn es um eine Abenteuergeschichte geht. Wäre da nicht der Fakt, dass sie aus Herzensgüte in ihrer Debütgeschichte „Pakt des Blutes“ die Schwestern Rusilla und Merelda vor einem Teufel und ihrem Bruder gerettet hätten. Aber wie es bei schönen Frauen nun einmal ist, bringen sie jede Menge Ärger mit sich. Hier sind sie somit gleich wieder Dreh- und Angelpunkt.

Aufgrund ihres seltenen Talentes betätigen sich die beiden Frauen als Wahrsagerinnen. Dummerweise wird der Gildenführer der Diebe genau dann ermordet, als Rusilla gerade in dessen Geist eingedrungen ist. Somit bleibt ein Rest vom Wesen eines anderen Menschen in ihrem Geist haften, und sie wird zudem zur ungewollten Mitwisserin der Tat. Dadurch wird zum einen ihr eigener Verstand zusehends instabiler und auch körperlich scheint ihr Tod nur noch Tage entfernt zu sein. Sie ist also nicht nur mental angeschlagen, und es gilt für die Protagonisten, so schnell wie möglich eine Heilung zu finden – wie auch immer diese aussehen möge. Und als wenn das nicht reichen würde, sollen zweitens die beiden Frauen sicherheitshalber auch noch umgebracht werden, damit es keine Zeugen des Mordes am Anführer der Gilde gibt.

Somit ist es nun an den beiden (ehemaligen) Grabräubern, in die Bresche zu springen und sich um das Wohlergehen der beiden Frauen zu kümmern. Um das langfristig zu gewährleisten, kommen sie wohl um eine waffengeführte Konfrontation mit der gesamten Gilde nicht herum. Vor allem letzteres sehr zur Freude der Leser, ergibt sich doch hierbei eine zu Bud Spencer und Terence Hill analoge Stimmung, welche überaus kurzweilig ist.

Für die deutsche Übersetzung von „A Discourse in Steel“ sorgte erneut Michael Neuhaus, welche ihm, abgesehen von den marginalen Schwächen und Namensdrehern, die schon im ersten Teil dabei waren, auch gut geglückt ist. Die bekannten Protagonisten durchleben jetzt eine noch realistischere Geschichte als bei ihrem Debüt. Das passt auch sehr gut, sind doch die Hauptfiguren eingeführt und nun entscheiden die Sprache, die Plausibilität und der Spannungsbogen der Geschichte über den Erfolg dieser Romanreihe. All dies ist bislang gelungen. Es werden zudem auch ein paar neue Charaktere ins Spiel gebracht, sowie das Leben und die Wesenszüge der Protagonisten weiter offenbart, um sie dem Leser noch näher zu bringen. Vor allem dies intensiviert das Lesevergnügen und die Verbundenheit des Lesers mit den Charakteren und auch die der Charaktere untereinander.

Die Idee der Dunkelgasse, einem Ort, der jedes Wesen mit seinen schlimmsten Ängsten und Fehlern konfrontiert, ist hierbei sehr lobend zu erwähnen. Netterweise gibt es jetzt auch einen besseren Teaser auf der Buchrückseite. Es wird wenig von der eigentlichen Geschichte ausgeplaudert, macht aber dennoch sehr neugierig. Auch diese zweite Geschichte über die beiden Grabräuber ist in sich abgeschlossen. Sie hat jedoch einen kleinen Cliffhanger, der bei weiteren Romanen der Reihe gewiss in einem der nächsten Bände wieder aufgegriffen wird. Die Notwendigkeit, Vorwissen aus „Pakt des Blutes“ zu haben, besteht nicht. Allenthalben rundet es das Weltbild und die Charakterdarstellung ab und lässt einige Entscheidungen logischer erscheinen.

Wie auch im ersten Band, schreibt hier Paul S. Kemp für den gängigen Mainstream der Fantasy-Unterhaltung. Das beinahe schon klassische Motiv wird ein weiteres Mal aufbereitet, ohne grundlegend Neues zu erschaffen. Erneut gut geschrieben, aber eben nichts komplett Einzigartiges oder Innovatives. Eher hoher Durchschnitt. Dass er als einer der besten Fantasy-Autoren von heute gehandelt wird, ergibt sich aus diesen beiden Werken für mich allerdings noch nicht.

Fazit: Mit „Gilde der Diebe“ gelingt es Paul S. Kemp, die Romanreihe lesenswert fortzusetzen und wiederum eine interessante und sogar noch greifbarere Geschichte für Nix Fall und Egil zu ersinnen. In einem guten Spannungsbogen und mit interessanten neuen und alten Charakteren besetzt, ergibt sich für den Leser eine kurzweilige, nahezu klassische Fantasy-Geschichte. Neben den jetzt schon bekannten Frotzeleien der beiden kommt auch die Action nicht zu kurz. Wer den ersten Roman der Reihe las, dem wird „Gilde der Diebe“ auch gut gefallen, und es lohnt sich, den beiden Kleinkriminellen erneut zu begegnen. Auch Neuleser der Reihe oder des Genres kann dieses Buch gefallen, zudem der Begriff der Fantasy auch nicht zu doll strapaziert wird und die Geschichte somit stimmig ist.


Gilde der Diebe
Fantasy-Roman
Paul S. Kemp
Bastei Lübbe 2015
ISBN: 9783404207848
363 S., broschiert, deutsch
Preis: EUR 12,99

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