Feder & Schwert publiziert im Halbjahresrhythmus die „Nightside“-Romane aus der Feder von Simon R. Green, die die Geschichten aus einem geheimen, übernatürlichen Teil Londons erzählen, in dem Dämonen, Engel, Werwölfe und noch Seltsameres nebeneinander existieren und leben – die Nightside. Der vierte Band „Geschichten aus der Nightside“ kommt wieder als Taschenbuch in der gleichen Aufmachung wie die vorhergehenden Bände mit 252 Seiten daher.

„Der Fluch der Dunklen Mutter“ beginnt kurz nach dem Engelskrieg, der nach dem Auftauchen des unheiligen Grals in der Nightside entbrannt war. John Taylor hat seinen Ruf als knallharter, übernatürlicher Detektiv, mit dem man sich besser nicht anlegt, gefestigt und bekommt wieder einen harten Auftrag zugeschanzt: Im Auktionshaus der Nightside wird diesmal ein ganz besonderer Gegenstand versteigert: der so genannte Chaosschmetterling. Es handelt sich dabei um einen Schmetterling, der genau in dem Augenblick, in dem sich gemäß der Chaostheorie entscheidet, ob sein Flügelschlag nun einen Orkan auslöst oder nicht, in der Zeit eingefroren wurde.

Dies könnte dem Besitzer große Macht über den Zufall gewähren und ist eine ausgesprochene Rarität, sodass viele Sammler und einflussreiche Persönlichkeiten erwartet werden. Taylor soll für Ruhe sorgen. Alles scheint geordnet zu laufen, als plötzlich unerwartet Kreaturen aus höheren und niederen Dimensionen, von der Macht des Schmetterlings angelockt, den Raum stürmen und mächtig für Ärger sorgen. Taylor wird gerade so mit der Situation fertig.

Diese Demonstration seiner Fähigkeiten bringt ihm die Aufmerksamkeit Fortunas ein, die kurz darauf in Taylors Stammkneipe auftaucht, um ihm einen Deal vorzuschlagen: Er soll für sie nach den Ursprüngen der Nightside forschen, dafür wird sie ihm den Namen seiner Mutter nennen. Viele Gerüchte und Geheimnisse ranken sich um John Taylors Mutter, und keines davon verheißt Gutes. Sein Vater hat sich wegen ihr zu Tode gesoffen und Walker, der Vertreter der Autoritäten, lässt auch kein gutes Haar an ihr, ohne konkret zu werden. Trotz aller Bedenken, trotz der Tatsache, dass er sich schon alleine durch die Annahme des Auftrags mächtige Feinde schafft, willigt Taylor ein.

Er weiß, für diesen Auftrag braucht er mächtige Verbündete, sodass er sich auf die Suche nach genau solchen Weggefährten macht. Jene, die die Mission nicht abschreckt und die eine ernsthafte Chance haben, dieses Himmelfahrtskommando zu überstehen. An seine Seite gesellen sich der Irre, süßes Gift und der Sünder. Der Irre war einst ein namhafter Wissenschaftler und Mathematiker, der in den 60ern unter LSD-Einfluss wirre Theorien entwickelte, die es ihm erlaubten, durch den Schleier der Wahrnehmung hindurch die Wirklichkeit zu sehen. Das hat ihn so schwer traumatisiert, dass er jetzt lieber die Wirklichkeit um ihn herum so formt, wie sie ihm passt. Süßes Gift und der Sünder sind ein eher ungewöhnliches Paar: Sie ist ein Sukkubus, er der Mann, der unsterblich in sie verliebt war. Selbst in der Hölle, als der Teufel ihm die ganzen Lügen offenbarte, hörte er nicht auf, sie zu lieben und glücklich zu sein, sodass es der Teufel nicht aushielt und ihn aus der Hölle verbannt. In den Himmel konnte er auch nicht, sodass er nun unsterblich in der Nightside lebt.

Gemeinsam mit diesem außergewöhnlichen Team sucht Taylor die ältesten aller Potentaten der Nightside auf, die etwas wissen könnten: Lamento, die wahr gewordene, suizidale Enttäuschung in einer untotenverseuchten Stadt. Herne den Jäger, eine uralte, aber in modernen Zeiten schwach gewordene Inkarnation, sowie den Dornenfürsten, den obersten Richter über alles in der Nightside, sogar über die Autoritäten. Auf diesem steinigen Weg zur Wahrheit muss Taylor sich durch Horden an Gegnern und Hindernissen prügeln, die ihm seine Feinde in den Weg werfen und er muss einige Male die Übermacht überlisten. Am Ende kommt dennoch alles anders als man denkt.

In diesem furiosen vierten Band dreht Simon R. Green nochmal richtig auf. Der Auftrag ist mörderisch, bringt die Nightside in Gefahr und Licht in die Vergangenheit Taylors. Einige der bisherigen Geheimnisse werden auf überraschende Art und Weise aufgelöst, wie beispielsweise die gemeinsame Vergangenheit Walkers und Taylors Vater oder die Herkunft der Höllenfahrt. Doch ebenso viele neue Fragen werden aufgeworfen. Durch das Ende dieses Bandes bekommt das Leben Taylors und wahrscheinlich auch die ganze Romanreihe eine völlig neue Richtung. Einige lose Enden wurden befriedigend zu Ende gebracht und neue Wege aufgezeigt. Auch vom Schreibstil her, legt „Der Fluch der Dunklen Mutter“ nochmal zu, sodass das Buch ein kurzweiliger unterhaltsamer Lesegenuss ist.

Fazit: Wer mit Band 4 einsteigt, wird seine Freude haben, sollte sich aber auch die anderen drei Bücher zu Gemüte führen. Wer bislang die „Geschichten aus der Nightside“ gelesen hat, kommt an Band 4 nicht vorbei; dann gilt: Dringende Kaufempfehlung!