Geschichten aus der Nightside 1: Die dunkle Seite der Nacht

Die Nightside ist eine Stadt in der Stadt, drei Quadratkilometer mitten in London, die nur über Portale zu erreichen sind und in denen es immer 3 Uhr nachts ist; es ist ein neonschwarzer Albtraum, eine Gothic-Party auf LSD. Hier kann man mit Monstern zechen, die fiesesten Killer der Stadt anheuern oder auch nur ruhig im Geist einer 60er-Jahre-Bar einen trinken. Dies ist der Ort, den John Taylor, Privatdetektiv mit besonderen Fähigkeiten, seit Jahren meidet. Und nun bringen ihn ein verschollenes Kind und die schönen Augen einer Frau wieder zurück an diesen Ort.

von Nicolas Hohmann

 

Feder&Schwert publiziert ja nicht nur Rollenspielbücher, sondern verlegt eigene und übersetzte Romane aus dem Bereich Phantastik. Mit „Die dunkle Seite der Nacht“ beginnen sie eine neue Reihe – die Geschichten aus der Nightside – aus der Feder von Simon R. Green, welche sich um die düstere und phantastische Stadt in der Stadt dreht.

Die Geschichte beginnt in Taylors Büro in London, wo er seit Jahren ein Schattendasein fristet, sich allerdings aufgrund seines besonderen Talents, Dinge zu finden – und zwar wirklich alles, egal wo es sich befindet –, über Wasser halten kann. Eines Nachts betritt eine schöne und reiche Frau sein Büro. Ihr Kind ist verschollen und sie ist verzweifelt. Er wurde ihr empfohlen. Als der Begriff Nightside fällt, will Taylor einen Rückzieher machen, doch das Geld ist nur zu gut. Also willigt er ein, obwohl er weiß, dass es keine gute Idee ist.

Schleunigst wird ein Portal in den geheimen Stadtteil aufgesucht und es beginnt ein Sightseeing durch die Nightside. Vorstellen kann man sich das Ganze wirklich wie eine Dark-Wave-Party auf Drogen. Dämonen, Monstren, Übernatürliche, Zwerge etc. tummeln sich in einem chaotischen architektonischen Gewirr. Polizeimacht gibt es hier nur begrenzt und somit diktieren Gewalt und persönliche Macht den Alltag. Taylor scheint hier wohl bekannt zu sein und einen Ruf zu haben – aber auch Feinde, wie man schnell merkt. Mit seinen Kräften findet er schnell eine Spur, doch die Antwort gefällt ihm nicht, hat das Gör doch den Weg in den schlimmsten Teil der Nightside gefunden.

Man sucht sich also einige Verbündete und alte Bekannte, wie Eddi Messer und Flinten Suzie, und begeht die Stadt. Dabei wird Joanna, die reiche Schönheit, stets in Staunen versetzt, beging sie doch den Fehler, Taylor zu überreden, sie mitzunehmen. Und natürlich bleibt eine sich anbahnende Romanze nicht aus. So stolpern die beiden von Begegnung zu Begegnung, die teilweise recht zufällig wirken, aber deswegen nicht minder unterhaltsam sind. So werden sie von der Höllenfahrt heimgesucht, mächtigen übernatürlichen Killern, die sich Taylor gerade so vom Leib halten kann, oder sie laufen in eine Raum-Zeit-Verzerrung, die sie mehrere Jahrhunderte in die Zukunft katapultiert.

Dass letztlich doch irgendwie alles gut ausgeht, liegt wohl im Gesetz der Serie begründet. Natürlich bleiben am Ende einige Fragen ungelöst, seltsame Andeutungen wurden gemacht und Taylor ist um eine Sekretärin reicher geworden. Doch das ist erst der Anfang, denn in der Nightside gibt es noch viel zu tun.

Der Roman ist kurzweilig und unterhaltsam. Mehr aber leider auch nicht. Es gelingt Green nicht, das Flair der alten Noir-Romane (Raymond Chandler lässt grüßen) einzufangen. Es bleibt vielmehr bei einem gescheiterten Versuch und einer eher naiven Erzählweise. Die Charaktere sind relativ eindimensional, aber das stört nicht und trägt eher noch zur Kurzweiligkeit des Romans bei.

Hervorheben möchte ich hier noch eine Stelle des Romans, in dem Taylor über die klassischen Fehler eines Detektivs sinniert: Man solle sich nie mit einer Kundin einlassen, das Geld immer im Vorfeld kassieren und sich nie auf die Suche nach dem Malteser Falken begeben. Er sei ja nicht dumm und habe schließlich seinen Chandler gelesen (sic!). Diese Stelle entbehrt nicht einer gewissen Ironie, hat doch Dashiell Hammet den “Malteser Falken” geschrieben und nicht Raymond Chandler.

Fazit: Ich habe mich nicht geärgert, „Die dunkle Seite der Nacht“ gelesen zu haben, allerdings ist es auch kein Buch, das ich als Musslektüre weiterempfehlen würde. Der Schreibstil ist mittelmäßig, so wie die Geschichte. Der Preis von 11 Euro hingegen ist für ein 200 Seiten starkes Taschenbuch völlig überteuert und trübt den Gesamteindruck.


Geschichten aus Nightside 1: Die dunkle Seite der Nacht
Horror/Mystery-Roman
Simon R. Green
Feder&Schwert 2007
ISBN: 3-937255-94-X
201 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 10,95

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