Gabriel Burns 19: Die welke Saat des Lotus

Eine rätselhafte Todesserie beschäftigt Steven Burns, Joyce Kramer und Larry Newman. Die phosphoreszierend aus den Augen leuchtenden Toten erinnern an die Geschehnisse im Clearlight Institut, an Bukarest und, im Fall von Steven, auch an verflossene Liebschaften.

von Christian Humberg

 

Objekte im Rückspiegel scheinen manchmal näher als sie es tatsächlich sind... oder umgekehrt. Als Steven Burns bei den Ermittlungen einer an laufende Untersuchungen des Team Bakerman erinnernden Todesserie auf eine Ex-Freundin stößt, die auch noch zu den Opfern gehört, wirft ihn das gehörig aus der Bahn. Wo ist der gemeinsame Nenner bei den verstorbenen Obdachlosen und den anderen toten „Sub-Menschen“? Nach welchem Muster arbeitet der Täter? Und was bedeuten die leuchtenden Augen der Leichen?

Der Tod seiner Verflossenen, Kim Noon, beschäftigt Steven sehr, also gehen Joyce und Larry zunächst alleine den Hinweisen nach, die zu Kims ehemaligem Arbeitgeber, dem Bordellbesitzer Jefferson Carter, führen. Carters Nachfolger im Amt, an dessen Fersen sich die beiden hängen, ist Lin Zisheng, ein alter Bekannter für Stammhörer und ein weiterer Puzzlestein auf dem langen und gewundenen Weg zum Ende der Burns-Saga.

In einem Strudel aus Nachtclub-, Drogenhöhlen- und Chinatown-Elementen kommen Bakermans Getreue einem Geheimnis auf die Spur, das an Scheußlichkeit kaum zu überbieten ist: Irgendjemand experimentiert mit dem Wissen aus den Ammonitengebilden – und zwar an lebenden Menschen! An Menschen wie Stevens Freundin Kim Noon.

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Ist doch immer wieder schön, an ungewöhnlichen Orten auf vergangene Liebschaften zu stoßen – zum Beispiel in Form einer Leiche in der Kanalisation. Das ist zwar traurig, erspart einem aber immerhin den ganzen peinlichen Smalltalk.
Steven Burns trifft dieser unfreiwillige Spaziergang durch die Erinnerungsallee besonders hart, worüber sich die Fans von Sprecher Bernd Vollbrecht freuen dürften: Selten hat man den Helden dieser Serie derart am Boden erlebt. Burns flucht, betrinkt sich und konfrontiert die Geister der Vergangenheit respektive deren überlebende Anverwandte mit seiner alles andere als willkommenen Gegenwart. Ein Fest für Vollbrecht, der aus seinem Burns abermals einen vielschichtigen und gequälten Antihelden machen darf – so wollen wir Fans das haben.

Der Joyce-und-Larry-Strang des flott geschilderten Abenteuers liefert darüber hinaus interessante zweite Blicke auf vergangene Ereignisse: Wo besteht die Verbindung zwischen diesen Morden und dem in Bukarest Erlebten? Was bedeutet der Name Lugoj, der an beiden Orten auftauchte? Und welchen Nutzen verspricht sich der unbekannte Gegner vom Wissen über die Ammoniten; welcher Nutzen kann so groß sein, dass er ein derartiges Leid rechtfertigt?

Ohne die Figur in ein schlechtes Licht stellen zu wollen, ist es doch schön zu sehen, dass ein Burns-Abenteuer auch mal wieder ohne Mister Bakerman funktioniert. In „Die welke Saat des Lotus“ sind es seine drei verbliebenen Mitarbeiter, die den Spuren nachgehen und kombinieren.

„Gabriel Burns“ lebt abermals von der mehr als überzeugend transportierten Mysteryatmosphäre. Was das Team um Serienmastermind Volker Sassenberg hier akustisch auf die Beine stellt, ist großes Kopfkino. Besonders die Szenen in Chinatown bezaubern durch einen ganz eigenen, sehr stimmigen Klangteppich und versetzen den Hörer noch tiefer ins Geschehen.

Fazit: Alte Bekannte, alte Spuren und unausgesprochene Schuldzuweisungen kulminieren in „Die welke Saat des Lotus“, der 19. Episode des „Gabriel Burns“-Dramas, in einer stimmungsvollen Handlung, die angenehm harmonisch zwischen Verzweiflung und Grusel changiert. Besonders Hauptdarsteller Bernd Vollbrecht liefert eine hervorragende Sprecherleistung ab.


Gabriel Burns 19: Die welte Saat des Lotus
Volker Sassenberg
Universal 2006
ISBN: 3-8291-1702-7
1 CD, 63 min., deutsch
Preis: EUR 7,45

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