Fronteinsatz (4.01D)

Gewalttätige Auseinandersetzung gehören bei „Shadowrun“ zum Alltag. Und wenn es richtig große Konflikte sind, mit der Beteiligung von Staaten und Mega-Konzernen, wird schnell ein Krieg daraus. Gehörst Du auch zu den Runnern, die daran verdienen wollen? Dann los, melde Dich zum Fronteinsatz!

von Chris Sesterhenn

 

Trockene Fakten – die äußeren Werte:

Shadowrun zeichnet sich durch eine große Fülle an Quellen- und Ergänzungsbänden aus. Mit „Fronteinsatz“ betritt Pegasus Press ein sehr spezielles und für Runner bisher selten thematisiertes Gebiet. Der Quellenband führt direkt in Kriegsgebiete. Während das Layout dem aktuellen „Shadowrun“-Standard entspricht, kann schon die gebundene Form (inklusive Leseband) begeistern. Pegasus Press präsentiert dem interessierten Leser auf fast 250 Seiten im gewohnten und für „Shadowrun“ typischen Stil die wichtigsten Informationen zum Thema Einsatz an der Front. Die Abbildungen und Zeichnungen sind und bleiben Geschmackssache, können aber durchaus das düstere „Shadowrun“-Flair transportieren. Einen Index mit den wichtigsten Begriffen findet man leider nicht. Dafür werden im Inhaltsverzeichnis die Seitenboxen mit zugehöriger Seitenzahl aufgeführt. Als farbige Beigabe beinhaltet „Fronteinsatz“ noch einen 50 Seiten umfassenden MIL-PEC-TECH-Katalog.

Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:

Das Thema lässt sich schon ganz einfach aus dem Titel ableiten: „Fronteinsatz“ bietet einen Einblick in einige Kriegsgebiete in der Welt von „Shadowrun“, zentraler Blickpunkt ist dabei Bogotá. Ein Überblick in aller Kürze:

„Nützliche Fakten“ – dieses einleitende Kapitel wird auf nicht einmal zehn Seiten seinem Namen gerecht und liefert Hintergrundinformationen zu dem umkämpften Krisengebiet Bogotás. Dazu gehören Abschnitte über Wetter und öffentliche Verkehrsmittel, aber auch Kommunikation und Unterhaltung sowie Gesetz und viel mehr Gesetzlosigkeit. Hier hätte es für meinen Geschmack gerne etwas mehr sein dürfen. Daher nur eine durchschnittliche Teilbewertung.

„Bogotás Geschichte“ – auf fast 20 Seiten wird ein Blick auf die jüngere Geschichte geworfen. Dazu zählen dann neben einer Zeittafel auch Hinweise zu den aktuellen Entwicklungen, den Helden und Schurken des Krieges sowie einige Nebeninformationen, welche bei mir direkt zu Abenteuerideen geführt haben. Teilbewertung: gut bis sehr gut.

„Bogotás Kultur“ – befasst sich auf 18 Seiten, ganz genau, mit den Fraktionen und Schlüsselfiguren Bogotás. Was dies mit der Kultur zu tun hat? Ich kann auch nur mutmaßen. Zu den Fraktionen gehören sowohl offensichtliche Parteien wie Amazonien und Atzlan, als auch verborgene wie die katholische Kirche und die kolumbianische Freiheitsbewegung. Trotz irreführender Überschrift ist das Kapitel interessant und erhält von mir ein gut.

„Söldner“ – hier passt die Überschrift wieder. Es werden die in der Region tätigen Söldnergruppen vorgestellt. Auf den 13 Seiten finden sich internationale Organisationen wie Schwarzer Stern, MET2000, Tsunami, 10.000 Dolche und Combat, Inc. Dazu gesellen sich noch lokale Gruppen wie der Delmeta-Stamm, La Estelar Guarda, Los Mantan Gigantes, Opertion Anohi oder aber auch Victors Volk und Ch’ujutat aus den Ghettos Bogotás. Für meinen Geschmack finden sich insbesondere bei den lokalen Organisationen zu viele Klischees. Daher nur ein durchschnittlich an dieser Stelle.

„Der Krieg“ – auf über 30 Seiten geht es nun Richtung Front. Es werden einleitend die Motive und Interessen der beteiligten Fraktionen dargelegt. Daran schließt sich etwas Militärkunde in Form einer Beschreibung zur Taktik kleiner Einheiten an. Darunter findet sich auch ein (für meinen Geschmack zu) kleiner Abschnitt zur Magie. Weiter geht es mit einem Blick auf die Truppen vor Ort sowie an die aktuellen Fronten. Es werden Informationen zu den unterschiedlichen Schlachtfeldern, ob bewohntes Gebiet, Straßen, Untergrund oder gar Dschungel, bereitgestellt. Der Abschnitt „Bogotá heute“ geht auf Kultur, Alltag und Bevölkerung sowie das Thema Religion ein. Eine etwas ungewohnte Platzierung im Kapitel „Der Krieg“, aber das ist wieder einmal Geschmackssache. Bei der Teilbewertung komme ich dennoch auf ein gut.

„Bogotás Stadtteile“ – widmet sich auf fast 20 Seiten dem Aufbau beziehungsweise der Vierteilung der Stadt. Die reichlichen Informationen sorgen bei mir für weitere Abenteuerideen und ergeben eine gute bis sehr gute Teilbewertung. Mein Wunsch: bitte eine oder mehrere der größeren Abbildungen durch eine Übersichtskarte der Region ersetzen.

„Globale Hotspots“ – geht auf knapp über zehn Seiten ebenso knapp und prägnant auf andere Kriegsgebiete ein. Hier finden sich das Konzil von Marienbad, die freie Republik Polen, Somalia, Nepal sowie Albuquerque. Für einige Abenteueranregungen reicht es aus. Aber auch hier sucht man Kartenmaterial vergeblich. Daher reicht es auch nur zu einer durchschnittlichen Teilbewertung.

An dieser Stelle kommt in „Fronteinsatz“ ein farbiger Einschub, welcher stolze 40 Seiten umfasst. Präsentiert wird „MIL SPEC TECH – eine Waffenerweiterung für „Shadowrun“. Dieser Sonderbestellkatalog präsentiert dem interessierten und zahlungskräftigen Runner die unterschiedlichsten Groß-Spielzeuge. Das Spektrum reicht vom CAS/GD Stonewall Kampfpanzer über Waffensysteme und Raketen bis zum Abfangjäger Blitz von Saeder-Krupp oder gar dem Patrouillen-U-Boot Ahuitzotl von Aztechnology. Eine nette Idee, aber ich muss spontan wieder an das fehlende Kartenmaterial oder den Platz für weitere Hintergrunddetails denken. Dies führt zu einer durchschnittlichen bis guten Teilbewertung.

„Heimatfront“ – auf rund einem Dutzend Seiten widmet sich „Fronteinsatz“ in sehr kurzen Abschnitten MET2000 und Bundeswehr in der ADL. Dabei geht es sowohl um etwas Historie als auch die aktuelle Lage. Mit dem bereits erwähnten Einschub im Hinterkopf hätte ich mir hier doch deutlich mehr Informationen gewünscht. Daher eine höchstens durchschnittliche Teilbewertung.

„Spielinformationen“ und „Tabellen“ – schließen zusammen auf über 50 Seiten den Quellenband ab und gehen insbesondere auf die Regelmechanismen ein. Zu finden sind Abschnitte zu Jobs im Tarnanzug, aber auch zum Spielen von Militär- und Söldnerkampagnen. In der Regelsektion „Einsatzregeln“ geht es unter anderem um den Umgang mit großen Würfelpools, aber auch strategische Kämpfe oder NPCs und neue Connections. Auf keinen Fall fehlen dürfen dann noch die Abschnitte mit neuer Ausrüstung und dem Militärgrimoire. Etwas irritierend war für mich, dass die Fahrzeuge, insbesondere aus dem eingeschobenen und sehr auffälligem MIL SPEC TECH-Katalog, keine Berücksichtigung in den Übersichtstabellen am Ende des Quellenbands gefunden haben. Hier lässt sich bei mir ein Gefühl der schludrigen Arbeit nicht leugnen. Aber dennoch reicht es zu einer guten Teilbewertung.

Zuckerbrot und Peitsche – Gesamturteil:

Die bisherigen Regel-, Ergänzungs- und Quellenbände haben die Messlatte für „Shadowrun“-Produkte sehr hoch gehängt. Und wie es bei solch hohen Maßstäben früher oder später kommen muss, schafft irgendwann ein Produkt nicht mehr den Sprung über diese Hürde. Die Teilbewertungen zeigen, dass sich insgesamt eine gute Beurteilung ergibt, aber dennoch deutliche Kritikpunkte vorliegen. Für mich wiegt dabei das fehlende Kartenmaterial am schwersten.

Mit Blick auf andere „Shadowrun“-Veröffentlichungen muss ich leider unmissverständlich anmerken, dass es (auf die Qualität bezogen) auch schon deutlich besser ging. Für sich allein genommen ist „Fronteinsatz“ aber ein durchweg nutzbarer Quellenband. Die wichtigste Wirkung beim Lesen hat „Fronteinsatz“ bei mir erzielt: das Heraufbeschwören eigener Abenteuerideen.

Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

„Fronteinsatz“ lohnt sich aus meiner Sicht nur für Spielrunden, denen die bisherige Action in Auseinandersetzungen noch nicht ausreicht, die immer größere und schwerere Ausrüstung benötigen oder einfach nur den Nervenkitzel von Einsätzen in Kriegsgebieten suchen. Für alle Runden, die daran kein Interesse haben, bietet „Fronteinsatz“ nur wenige Informationen, welche bei den nicht gerade geringen Kosten eine Anschaffung bedingungslos rechtfertigen würden. Daher meine Empfehlung: einen ausgiebigen Blick riskieren und dann in Ruhe entscheiden.

Fazit: Mit „Fronteinsatz“ präsentiert Pegasus Press einen sehr speziellen Quellenband für die Welt von „Shadowrun“. Trotz einiger Schwächen bietet er dem Interessierten eine Fülle von nützlichen Informationen. Doch dürfte sich dieses Interesse nicht in allen „Shadowrun“-Spielrunden finden lassen.


Fronteinsatz
Quellenbuch
Jason M. Hardy u.a.
Pegasus Press 2011
ISBN: 978-3-941976-32-0
249 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,95

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