Serenity: Blätter im Wind

Joss Whedon mag ganz offensichtlich die Verbindung aus TV-Serien und Comics. Schon seine beiden Serien „Buffy – Im Bann der Dämonen“ und „Angel – Jäger der Finsternis“ ließ er nach ihrer Einstellung in Comic-Form weiterführen. „Buffy“ hat im Comic mittlerweile die dritte Staffel erreicht, „Angel“ die zweite. „Serenity“ – oder vielmehr „Firefly“ – hatte nie das Glück, eine reguläre Comic-Serie spendiert zu bekommen. Die meisten Geschichten waren kleine Lückenfüller. Mit „Blätter im Wind“ scheint sich das zu ändern.

von Bernd Perplies

Für alle Neulinge soll der Hintergrund kurz umrissen werden. „Firefly“ war eine großartige Space-Western-TV-Serie, die nach vierzehn Episoden 2002 viel zu früh vom Sender abgesägt wurde. Mit viel Fan-Trommeln wurde das Abenteuer von Glücksritter Malcolm Reynolds und seiner Crew in dem Kinofilm „Serenity“ fortgesetzt. Gleichzeitig fand es darin seinen Abschluss. Seitdem dümpelt das Franchise mehr oder weniger vor sich hin. Mal erscheint ein neues Brettspiel, dann eine Comic-Miniserie – zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben, möchte man sagen.

Die meisten Comics, die bislang (auf Englisch) erschienen sind, haben versucht, die zeitliche und narrative Lücke zwischen TV-Serie und Kinofilm zu schließen. Ein paar wurden auch zeitlich einfach in die Serie eingestreut. Insgesamt blieb der Output in den Jahren seit 2005 überschaubar: ein Dreiteiler in 2005, ein Dreiteiler in 2006, ein One-Shot 2008, zwei One-Shots und ein Dreiteiler 2010 und ein One-Shot 2012. Regelrecht fortgeführt wurde die Geschichte nie. „Blätter im Wind“ nun ist in zweierlei Hinsicht ein Fortschritt. Zum einen handelt es sich um einen Sechsteiler, das heißt der Handlung wurde deutlich mehr Entfaltungsraum geboten, zum anderen spielt der Comic neun Monate nach dem Kinofilm „Serenity“ und greift zahlreiche Aspekte des Films auf, um sie weiterzuentwickeln.

Auf der einen Seite wären da die Militärs der Allianz, die Mal und seine Crew mehr denn je in die Finger bekommen wollen, nachdem diese das Desaster auf Miranda (beschrieben im Kinofilm) publik gemacht haben. Auf der anderen Seite hat sich ein neuer Widerstand geformt, der Captain Reynolds als Helden feiert. Und schließlich ist da die verkleinerte Crew der Serenity selbst, die sich im Nirgendwo versteckt: Mal, seine hochschwangere rechte Hand Zoe, Mechanikerin Kaylee, die Ex-Companion Inara, der Arzt Simon Tam und seine Schwester River, die mittlerweile von ihrem Wahnsinn weitgehend geheilt ist. Als es bei der Geburt von Zoes Tochter zu Komplikationen kommt, ist Mal gezwungen, die Heimlichkeit aufzugeben und ein Krankenhaus anzufliegen. Dort werden sie von der Allianz überrascht und Zoe wird gefangen genommen. Es ist klar, dass Mal alle Hebel in Bewegung setzt, um seine alte Kampfgefährtin zu retten, auch wenn er dafür einen übermächtigen Feind herausfordern muss.

„Blätter im Wind“ ist für „Firefly“-Fans das, was sie sich lange erhofft und nie bekommen haben: eine gut durchdachte, spannende, alte Plots aufgreifende Fortsetzung der Abenteuer von Mal Reynolds und seinen Leuten. Waren alle vorherigen Comics nur Trostpflaster, die Lücken geschlossen haben, gibt es endlich neuen, inhaltlich relevanten Lesestoff. Autor Zack Whedon gelingt es perfekt, den Stoff seines Bruders Joss Whedon aufzunehmen und weiterzuspinnen. Er führt neue, interessante Frauenfiguren ein und lässt alte Feinde zurückkehren und am Ende hängen gleich mehrere spannende Story-Fäden in der Luft, die gerne fortgesetzt werden dürfen.

Einen Wermutstropfen gibt es indes für Gelegenheitsleser: Die Handlung nimmt sich nicht viel Zeit mit Erklärungen.  Wer den Kinofilm „Serenity“ nicht kennt und besser noch „Firefly“ als Serie gleich mit, der muss sich einiges aus dem Erzählten selbst zusammenreimen, sofern das überhaupt möglich ist.

Die Optik von Georges Jeanty, der bereits für „Buffy“ und „Angel“ zeichnete, ist von mittelmäßiger Qualität. Großäugige Frauen gelingen ihm ganz gut (wobei sich Inara und River zu ähnlich sehen), die Männer – Simon Tam, Jayne Cobb, der erst später wieder zum Team stößt – erkennt man nur an ihrer Kleidung. Wirklich nah an den Schauspielern sind die Gesichter nicht. Das ruiniert nun kaum die gute Handlung, aber in Erinnerung bleiben die Illustrationen auch kaum.

Als Bonus hängt noch die kurze Story „Es ist nie leicht“ an, die allerdings inhaltlich belanglos ist und kaum mehr als Zeitungssketch-Qualitäten hat. Dazu kommt ein extrem Karikaturen erinnernder Zeichenstil von Fábio Moon, der nicht zum Setting passt. Sehr schön dagegen ist die umfangreiche Covergalerie am Ende des 176 Seiten umfassenden Softcoverbandes.

Fazit: „Blätter im Wind“ setzt die Geschehnisse des Kinofilms „Serenity“ und der TV-Serie „Firefly“ fort und erfüllt damit den Traum vieler Fans von Joss Whedons Space Western. Die Handlung ist spannend und verbindet geschickt alte Bekannte mit neuen Herausforderungen. Optisch wird akzeptabler Durchschnitt geboten, wie man es von so vielen Comics aus dem Hause Dark Horse kennt. Jedem „Firefly“-Fan wärmstens zu empfehlen. Leser, die die Serie nicht kennen, dürften Verständnisschwierigkeiten haben.


Serenity: Blätter im Wind
Comic
Zack Whedon, Georges Jeanty
Panini Comics 2015
ISBN: 978-3-95798-228-5
176 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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