Fallout Shelter – Das Brettspiel (II)

Die Bomben sind gefallen, doch in 500 Metern Tiefe liegt euer Vault, eine fröhliche und florierende Gemeinde – zumindest bis zum plötzlichen Ableben eures Aufsehers. Jetzt ist es an euch, für Sicherheit und Produktivität zu sorgen und eure Bewohner glücklich zu machen. Denn wer die Wahl zum neuen Aufseher gewinnen will, braucht die höchste Zufriedenheit.

von Oliver Adam

Die Welt von „Fallout“ steht bei vielen Videospielern aufgrund der offenen Welten, der anspruchsvollen Charakterentwicklung sowie der tiefgründigen Geschichten des postapokalyptischen, atomverseuchten Settings hoch im Kurs. Im Jahre 2015 erschien die App „Fallout Shelter“, die sich voll auf die taktischen Elemente der Marke konzentrierte und auf Smartphones und Tablets den Siegeszug antrat – allerdings von meinem Tablet nach rund 6 Stunden Spielzeit wegen einer geringen Langzeitmotivation wieder den Rückzug antreten musste. Der Erfolg von „Fallout Shelter“ – und vermutlich auch der aktuelle Lizenzvertrag von Asmodee – führte nun zu einer analogen Umsetzung der App, die von vielen Fallout-Fans mit Spannung erwartet wurde.

In dem postapokalyptischen Brettspiel „Fallout Shelter“ dürfen sich 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren als Offiziere eines unterirdischen Vaults versuchen, der so eingerichtet werden soll, dass die Bewohner nur so vor Zufriedenheit strahlen. Denn wer am Ende des Spiels die höchste Zufriedenheit erreicht, gewinnt und wird der neue Aufseher des Bunkers. Dabei ist das Spielmaterial ein absoluter Blickfang, und Veteranen des Videospiels werden sich sofort heimisch fühlen.


    Tolles Spielmaterial.
In der sehr schönen Metallbox finden sich 30 Räume, die im Verlauf des Spiels gebaut werden können, wie Atomreaktoren, Forschungslabore und Baracken. Bei Ausflügen außerhalb des Vaults können 31 Gegenstandskarten wie Waffen oder Outfits eingesammelt werden, die teilweise beträchtliche Boni verschaffen. 18 Gefahrenkarten zeigen die Bedrohungen im Bunker wie Ghule oder mutierte Skorpione. Darüber hinaus stehen 4 Ressourcentafeln (mit Feldern für Energie, Nahrung und Wasser), 72 Ressourcensteine, 42 Zufriedenheitsmarker und ein Startspielermarker zur Verfügung. Alle Materialien fügen sich perfekt in die Thematik von „Fallout“ ein, und in den Spielrunden gab es hinsichtlich der wunderschönen Verschmelzung der Videospiel-Ikonographie mit dem Brettspiel sehr viel Lob.

Besonders hervorzuheben sind die 28 liebevoll gestalteten Bewohnerfiguren (7 Stück in den 4 Farben der Spieler), die jeweils unterschiedliche Posen darstellen – jede Figur eine Verkörperung einer SPECIAL-Ausbildung (Stärke, Wahrnehmung, Charisma, Intelligenz, Beweglichkeit, Glück). Kritisieren könnte man allenfalls die beiden Standardwürfel, die nicht so recht in das perfekt produzierte Bild passen. Hier hätte ich mir ebenfalls eine „Fallout“-Individualisierung gewünscht. Lasst uns nun in den Vault hinabsteigen und für eine strahlende Zukunft unter der Erde sorgen.


    Die Bewohner des Vaults stehen bereit.

Der Spielaufbau von „Fallout Shelter“ geht sehr schnell. Zuerst wird die oberste Ebene des Vaults aus den sechs Starträumen aufgebaut. Diese Räume bieten Felder für Aktionen wie beispielsweise das Sammeln der Ressourcen Wasser, Elektrizität und Nahrung, neue Bewohner rekrutieren oder das Ödland außerhalb des Komplexes erkunden (und dabei Gegenstände finden). Als nächstes sucht sich jeder der Spieler eine Spielfarbe aus und nimmt seine Ressourcentafel, zwei Bewohner und legt einen Aufzug seiner Farbe unterhalb der Startreihe an. Diese horizontale Reihe ist der Vaultbereich des Spielers, der weiterentwickelt werden soll. Über der obersten Vaultebene wird der Vorrat an Gegenständen und Räumen (jeweils drei liegen aus, der Rest liegt verdeckt als Nachziehstapel bereit) sowie die Gefahrenkarten ausgelegt.

Jede Spielrunde von „Fallout Shelter“ besteht aus drei Schritten. In der Phase „Gefahren erscheinen“ wird für jede Vaultebene gewürfelt, ob neue Bedrohungen erscheinen und den jeweiligen Raum unbrauchbar machen. Das Herz des Spiels ist „Bewohner zuweisen“: Beginnend mit dem Startspieler werden nacheinander jeweils 1 Bewohner auf ein freies Feld im Vault gesetzt. Dann müssen die rot markierten Kosten des Feldes (falls vorhanden) bezahlt werden, um die grün markierten Belohnungen sofort zu bekommen. So bezahlt man beim Ausflug ins Ödland zum Beispiel eine Wasserressource und kann dann von der Gegenstandsauslage einen Gegenstand auswählen. Wurde der Bewohner zuvor in dem ausgewiesenen SPECIAL-Attribut trainiert, arbeitet er doppelt so effektiv und erhält die Belohnung zweifach.


    Boni durch Gegenstände.

Auf diese Weise baut man auch neue Räume, für die dann aber in der Regel höhere Ressourcenkosten entstehen. Die Vaulträume der Mitspieler können dabei ebenso genutzt werden, allerdings bekommen diese für jede Nutzung eine Ressource ihrer Wahl aus dem Vorrat als Einkommen. Den Abschluss der Runde bildet die „Aufräumphase“, bei der die Felder leergeräumt werden. Wenn ein Spieler den sechsten Raum in seinem Stockwerk baut oder der Gefahrenkartenstapel abgebaut ist, endet am Ende der Runde das Spiel, und wer die meiste Zufriedenheit hat, gewinnt! Dabei kann man Zufriedenheit durch den Bau von Räumen, die Bekämpfung von Bedrohungen, spezielle Gegenstandskarten oder das Nutzen von Aktionsfeldern sammeln.

„Fallout Shelter“ ist im Kern ein effizienzorientiertes Worker-Placement-Spiel. Man muss die vorhandenen Arbeiter geschickt einsetzen, um Ressourcen zu erhalten, die dann wieder in Räume reinvestiert werden, mit denen sich letztlich die Zufriedenheit der Vault-Bewohner steigern lässt. Vor diesem Hintergrund hat sich gezeigt, dass möglichst schnell viele Bewohner zu generieren eine absolute Grundtaktik ist, das Spiel gewinnen zu können. Denn je mehr Bewohner man hat, desto mehr Aktionen stehen zur Verfügung. Ebenso ist es unerlässlich, konstant neue Räume zu bauen, um möglichst viele verschiedene Aktionsmöglichkeiten zu haben. Abgesehen von diesen zwei Grundtaktiken gibt es viele weitere Optionen und Handlungsmöglichkeiten, die in den Testspielen sehr ausgewogen waren.


    Der Vault entwickelt sich.

Dabei bleibt das Spiel sehr zugänglich, wird nie übermäßig anspruchsvoll und kann in 90 Minuten durchgespielt werden. Dadurch kam es sowohl bei Gelegenheitsspielern als auch bei Kennern gut an. Ein vollwertiges „Fallout“ darf natürlich von den Spielern nicht erwartet werden, da hier der Fokus nur auf den Vault-Ausbau gelegt wird. Das in der Anleitung empfohlene Mindestalter von 14 Jahren würde ich als etwas zu hoch einschätzen, hier würde ich eher 10 Jahre ansetzen. Die Interaktion zeichnet sich vor allem durch einen gewissen Ärgerfaktor aus, wenn man dem Mitspieler das dringend benötigte Feld direkt vor der Nase wegschnappt.

Fazit: „Fallout Shelter“ ist ein Worker-Placement-Spiel, das durch eine hohe Zugänglichkeit und hervorragendes Spielmaterial sowohl Gelegenheitsspieler als auch Vielspieler überzeugt. Gerade in den ersten Partien ist es sehr spannend, welche Räume, Bedrohungen und Gegenstände wohl aufgedeckt werden und welche Optionen damit verbunden sind. Nach einigen Runden fällt dieser Neuigkeitsfaktor etwas weg, sodass man zunehmend das Gefühl bekommt, alles gesehen zu haben. Hier könnten zukünftig Erweiterungen ansetzen. Fans der „Fallout“-Spiele werden sich bei den thematisch absolut passenden Komponenten und dem Vault-Ausbau-Thema sofort heimisch fühlen. Und nun schafft strahlende Zukunft … unter der Erde!

Fallout Shelter – Das Brettspiel
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Andrew Fischer
FFG/Asmodee 2020
EAN: 4015566028838
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,99

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