Engel: Exodus

„Exodus“ ist ein Roman, der in der Welt des Rollenspiels „Engel“ spielt. Die Geschichte kreist um den Diadochen von Moskau, welcher sich mit hohen Vertretern der angelitischen Kirche eingelassen hat, um gemeinsam am Bau eines Panzerfahrzeuges zu arbeiten, das in der Lage ist, das Brandland zu durchqueren. Dieses Fahrzeug wurde „Exodus“ getauft und gibt somit dem Roman seinen Namen.

von Nicolas Hohmann

 

Die Diadochen sind Abtrünnige und Ketzer, denn sie widerstehen den Dogmen der Kirche und nutzen trotz des Verbotes alte Technologie – was ihnen auch den abfälligen Namen Schrottbarone eingebracht hat. Es sind die Herrscher über einige Städte, die das Joch der angelitischen Kirche weitestgehend abgeschüttelt haben. Doch wie es immer ist in der hohen Politik, müssen alle Machthaber – ob Prior oder Diadoch – faule Kompromisse und ungeliebte Allianzen eingehen, um ihre Ziele voranzutreiben. So auch Benren, der Diadoch von Moskau, der neben mehreren großtechnischen Projekten auch gemeinsam mit Angeliten am Bau der Exodus, einem Fahrzeug, das in der Lage ist, der Hitze, den giftigen Gasen und den Schrecken des Brandlandes zu widerstehen, arbeitet.

Eine Besonderheit dieses Romans ist, dass er von einem Team aus sechs Autoren geschrieben wurde. Jeweils in Form einer kleinen Kurzgeschichte und aus Sicht eines anderen Protagonisten und Beteiligten am Projekt, werden die Ereignisse um den Bau der Exodus herum beleuchtet.

Oliver Graute beginnt mit „dem Stein des Anstosses“. Benren, der Vater von Benren II., der in den späteren Kurzgeschichten dann Diadoch sein wird, schwört der Technik ab und begibt sich nach Roma Aeterna, um um Vergebung zu bitten und zu konvertieren. Begleitet wird er von seinem Sohn und seinen Leibwächtern. Selbstverständlich trifft er hier auf einige hochrangige Kirchenfunktionäre, mit denen er noch einige alte und dreckige Geschäfte zu regeln hat. Nachdem er mitten in einer privaten Unterredung an einem Herzinfakrt verstirbt, wirft dies die Pläne der Kirche zurück und macht Benren II., der an Mord glaubt und Rache schwört, zum Diadochen.

Astrid Mosler setzt mit „Liebesgaben“ die Geschichte aus Sicht der genialen aber etwas zurückgezogenen Soror Ester fort. In Form eines inneren Monologs gehalten, geht es um ihre langsam aber stetig wachsende Zuneigung und später Liebe für den Schrottbaron Benren und seine ketzerischen aber lebensfrohen moskowitischen Untertanen. Sie ist es, die bis zum Eintreffen von Prior Fidel für die Koordination der angelitischen Bestrebungen zuständig ist.

Thomas Plischkes „die Täuschung“ ist von Thema her ungleich düsterer. Der Uriels-Prior Fidel kommt nach Moskau gereist und muss sich dort erst einmal mit den lokalen Begebenheiten der Diadochenstadt und dem mangelnden Respekt seiner Person und seinem Amt gegenüber abfinden. Es kommt zu Reibungen mit mehreren moskowitischen Wissenschaftlern, aber er muss auch verwirrt feststellen, dass die schöne Rina Reize auf ihn ausübt. Am Ende ist er das tragische Opfer von Verrat in den eigenen Reihen.

Electa Zlata, Anführerin der Templer in Moskau, ist die Protagonistin von Oliver Hoffmanns „Totenkäfer“. Im Verlauf der Geschichte ist das Exodus-Projekt zumindest so weit abgeschlossen, dass eine erste Testfahrt durchgeführt werden kann. Selbstverständlich gibt es Streit zwischen den moskowitischen Ingenieuren und den Dienern der angelitischen Kirche, was die Besetzung der Sitzplätze angeht, doch auch unter den Kirchenleuten ist man sich, was die Durchführung der Ziele angeht, nicht einig. Die Jungfernfahrt der Exodus endet durch den Angriff eines Totenkäfers mit starken Beschädigungen wieder in der Werkstatt.

Martina Noeth führt die Geschichte der eiskalten Electa in „Deus vult“ weiter. Nun werden die Pläne der Kirchendiener konkreter und man macht sich daran, mit Hilfe moskowitischer Verräter die fertige Exodus zu stehlen. Es läuft nicht alles nach Plan und Zlata opfert sich und ihre Templer für das Gelingen der Mission auf.

Den Abschluss des Romans bildet Verena Stöckleins „Die Witwe“. Wanja, eine Benigne in Kirchendiensten, hat das Kommando über die gestohlene Exodus übernommen und steuert sie nun allen Widrigkeiten zum trotz aus dem Herrschaftsgebiet des Diadochen von Moskau. Sie hofft nur, dass das Treffen mit ihem Ehemann, Kapitän eines Frachters, erfolgreich verlaufen wird, als sie von Plünderern angegriffen werden...

Fazit: Ich bin zunächst sehr skeptisch an den Roman gegangen, weil ich mit Romanen zu Rollenspielen schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ich wurde eines besseren belehrt, denn die Macher von Engel sind in diesem Fall auch Autoren dieses und anderer Romane. Sie schaffen es mühelos, zu sechst eine spannende und konsistente Geschichte zu erzählen und ihrer Welt Leben einzuhauchen. Ich spiele oder leite „Engel“ nicht und bin nur peripher mit dem Hintergrund vertraut – dennoch oder gerade deswegen hat mir der Roman einigen Lesespaß bereitet. Ein Wermutstropfen bleibt der Preis: 11 Euro für ein 250-seitiges Taschenbuch ist überteuert. Auflage hin oder her, dies ist Belletristik und keine Fachliteratur!


Exodus
Rollenspiel-Roman
Oliver Graute, Astrid Mosler, Thomas Plischke, Oliver Hoffmann, Martina Noeth, Verena Stöcklein
Feder & Schwert 2006
ISBN: 3-937255-70-2
256 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 10,95

bei amazon.de bestellen