Emergenz – Digitales Erwachen

Wenn Technomancer nicht nur ein weiterer Vorteil sein sollen, den man bei der Generierung eines Charakters in der vierten Version von „Shadowrun“ wählen kann, dann ist „Emergenz – Digitales Erwachen“ ein Buch, das dem Meister helfen kann, die neue digitale Welt mit Leben zu füllen.

von Holger Angenent

„Emergenz – Digitales Erwachen“ richtet sich eindeutig an die Spielleiter. Das Werk enthält Informationen, die es möglich machen, die Eigenschaften der Technomancer langsam in die eigene Kampagne zu integrieren – sei es als ein Technomancer in der eigenen Gruppe oder aber hintergründig in die Spielwelt von „Shadowrun“. Der Hintergrund: 2064, beim zweiten Matrixcrash, wurden viele Menschen in Mitleidenschaft gezogen. Manche wurden getötet, einige verloren ihre Habe und wieder andere wurden verändert. Auf welche Art diese Veränderung geschehen ist, war meistens nicht einmal den Betroffenen selbst klar.

Die Konzerne bekamen schon recht früh von diesen veränderten Personen Wind, legten aber einen extrem großen Wert auf Geheimhaltung. Sie ließen sämtliche Personen, die auf die Matrix bezogene Auffälligkeiten zeigten, verschwinden. Erst zu Anfang des Jahres 2070 machen vereinzelte Berichte von Sensationsreportern auch die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass es Metamenschen mit veränderten Eigenschaften geben könnte. „Emergenz“ setzt hier an und beschreibt die ersten Ahnungen der digitalen Community. Es dämmert immer mehr Metamenschen, dass es Leben in der Matrix geben könnte, welches grundlegend anders ist als die Leute, die sich mittels Kommlinks einklinken (KIs einmal ausgenommen).

Neben diesen Hintergrundinformationen werden außerdem in „Emergenz“ Tipps gegeben, wie eigene Abenteuer ergänzt oder gleich ganz neu geschrieben werden können.

Was „Emergenz“ nicht ist – und das ist wichtig zu wissen –, ist ein Regelwerk oder ein Abenteuerband. Die Regeln für Technomancer werden bereits im Grundregelwerk und ausführlicher in dem Quellenbuch „Vernetzt“ beschrieben, sodass ein Spieler keinen Bedarf für dieses Buch hat. Auch finden sich keine fertig ausgearbeiteten Abenteuer und Szenarien in dem Buch. Das Ganze ist tatsächlich ein reiner Hintergrundband und zielt darauf ab, dem Spielleiter die Informationen zur Hand zu geben, die er braucht, um die Technomancer im Rahmen des Spiels nach und nach einzuführen und den Spielern so das Gefühl zu geben, dass die Welt im Wandel ist.

Auf der einen Seite können die Spielercharaktere immer mehr Wind von der Existenz der mysteriösen Matrixfähigkeiten bekommen oder einfach nur passiv erleben, wie die Allgemeinheit auf die stufenweise Enthüllung reagiert. Auf der anderen Seite könnte ein Technomancer als Spielercharakter in der Gruppe die Vorurteile spüren, die dieser sozialen Gruppe in der Welt von „Shadowrun“ entgegengebracht werden. Weiterhin besteht ein mögliches Szenario zur Einführung von Technomancern darin, dass einzelne Konzerne es auf die Runner abgesehen haben, weil sie zu viel wissen (weil sie gegebenenfalls einen Technomancer in ihren Reihen haben oder einer ihrer Runs damit zu tun hatte).

Es gibt viele Möglichkeiten, das Informationsmaterial in „Emergenz“ zu verwenden. Die Spieler können sich somit nicht sicher sein, was sie erwartet, wenn dieses Buch sich in Meisterhand befindet – was eine Verwendung sehr reizvoll macht.

Auch wenn beim ersten Durchblättern nicht klar wird, was genau den Inhalt des Buches ausmacht, ist es doch, wie von der „Shadowrun 4.0“-Serie gewohnt, stimmungsvoll gehalten. Das liegt zu vor allem daran, dass ein wesentlicher Teil der textlichen Infos aus Foreneinträgen des „Jackpoint“ besteht und die Leser bewusst die Spekulationen erleben lässt, die die Welt von „Shadowrun“ aufhorchen lassen. Unterbrochen werden die Forendiskussionen von Hintergrundinformationen, die sehr deutliche Tipps geben, wie die enthaltenen Informationen spieltechnisch zu verwenden sind. Die einzelnen Kapitel folgen dabei der groben chronologischen Reihenfolge der Geschehnisse um das Auftauchen der Technomancer, die mit den ersten Gerüchten in den 2070er Jahren anfangen.

Fazit: „Emergenz“ ist zwar ein reines Spielleiterhandbuch, kann sich für diesen aber durchaus lohnen. Wenn die Spielleiter und ihre Gruppen nicht nur einzelne unzusammenhängende Abenteuer spielen, sondern einen roten Faden in ihre Geschichten bringen wollen und gleichzeitig die Geschehnisse in der offiziellen Spielwelt berücksichtigen – und hier besonders das Aufkommen der Technomancer –, bietet „Emergenz – Digitales Erwachen“ eine Fülle von Möglichkeiten und Materialien.


Emergenz – Digitales Erwachen
Quellenbuch
Rob Boyle, Peter Taylor, Lars Blumenstein (Hrsg.)
Pegasus Spiele 2009
ISBN: 9783939796790
136 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 24,95

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