Elegie an die Nacht 1 – Der Herr der Dunkelheit

„Als der Weltengott Uru-Alat starb, setzte er sieben Schöpfer ein, die fortan über die Welt Urulat regieren sollten. Mit gottgleicher Macht ausgestattet, erschufen die Sieben die Geschlechter der Menschen, Ellyon, Fjieltrolle, Wehre und Zwerge […]. Eines Tages jedoch geraten die Schöpfer in Streit.“

von Sabine Dingeldein

 

Mit dem Tod des Weltengottes Uru-Alat wurden die Sieben Schöpfer geboren, welche – mit gottgleichen Kräften ausgestattet – von an über die Geschicke der Welt Urulat wachen sollten. Jeder der sieben war mit anderen Fähigkeiten ausgestattet. In den ersten Tagen der neuen Welt waren die Schöpfer mit der Ausgestaltung ihrer Welt beschäftigt, und in Eintracht begannen sie ihr Werk. So entstanden die Menschen, die Ellyon, die Fjeltrolle, die Wehre und die Zwerge.

Die Gabe des Drittgeborenen Satoris lag in der Begierde des Fleisches, und er gewährte sie den Schöpfungen seiner Geschwister, so sie ihn darum baten. Einzig Haomane, der Erstegeborene und Schöpfer der Ellyon, verzichtete. Arahila, der Zweitgeborenen und Schöpferin der Menschen, gewährte Satoris seine Gabe. Haomane missfiel dies: Die Menschen waren kriegerisch und immer öfter kämpften sie gegen die Ellyon. So bat Haomane seinen Bruder, den Menschen seine Gabe wieder zu entziehen. Dreimal verweigerte sich Satoris seinem Bruder, und die Geschwister entzweiten sich im Streit.

In seiner Wut versetzte Haomane der Welt einen schweren Schlag und trennte Urulat in zwei Teile. Auf einem Teil fanden sich die sechs Geschwister wieder – ihr Bruder Satoris jedoch fand sich auf dem anderen Teil der Welt wieder, verbannt von seinen Geschwistern. Satoris floh vor der Wut seines älteren Bruders in die Berge und fang Zuflucht bei den Fjieltrollen, und Wehren, die ihm Treue schworen. Haomane hingegen brachte Menschen und Ellyon gegen Satoris auf, und sie schlossen sich zusammen, um den Fluchbringer und Lügenfürst zu besiegen und so die Welt wieder zu vereinen. Nur die Zwerge enthielten sich des Krieges, der sich nun entspann. Fast wäre Satoris besiegt worden. Um neue Kräfte zu sammeln zogen sich beide Heere wieder zurück, und es folgte eine Zeit des Friedens.

Eine Prophezeiung besagt, dass wenn ein roter Stern über der Welt Urulat aufgeht, ein Kind geboren werde, das das Schicksal seiner Welt entscheiden und den Kampf zwischen „Gut“ und „Böse“ in einer letzten Schlacht beenden würde. Als schließlich eines Abends ein roter Stern am Himmel gesichtet wird, macht sich eine Heldengruppe auf, die Prophezeiung zu erfüllen – und auch Fürst Satoris rüstet sich ein letztes Mal, um seinem Bruder seine geballte Macht entgegen zu bringen. Er entführt Cerelinde, die Hohe Frau der Ellyon, um sie als Druckmittel gegen die Menschen und die Ellyon einzusetzen – schließlich sollte sie die Ehe mit dem Menschen Aracus Altorus eingehen und so den ersten Teil der Prophezeiung erfüllen. Es beginnt ein langes und gefährliches Katz und Maus-Spiel, dessen Ende ungewiss ist.

Ein bisschen erinnert Jaqueline Careys „Der Herr der Dunkelheit“ an Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Nur heißen Elfen hier Ellyon und Orks heißen Fjeltrolle. Aber vom Namen mal abgesehen scheint Carey exakt die gleichen Wesenheiten vor Augen gehabt zu haben, als sie dieses Buch schrieb. Doch man sollte ihr nicht vorhalten, sie habe bei Tolkien abgeschrieben, denn inhaltlich erzählt sie eine andere Geschichte, wenn die Parallelen auch unübersehbar sind.

Auf einen ersten Krieg folgte eine Zeit des Friedens, die nun mit dem Wahrwerden einer Prophezeiung ihr Ende finden soll. Die Zukunft der Welt liegt in den Händen einer überschaubar kleinen Gruppe, die sich aus Helden unterschiedlicher Rassen und Kulturen zusammensetzt. Geeint werden sie durch den Wunsch, dem dunklen Fürsten Satoris das Handwerk zu legen. So begeben sie sich auf eine lange und gefährliche Reise.

Auf der Gegenseite steht der Schattenfürst, der den Triumph seines Bruders um jeden Preis vereiteln will. Er sendet seine Armee, um die Krieger Haomanes zu stoppen und Haomane endgültig zu Fall zu bringen.

Doch halt – wer ist hier denn nun wirklich gut, wer ist böse? Im Verlauf des Buches lernt der Leser beide Seiten kennen und schnell stellt sich die Frage, ob Haomanes Wunsch, seinen Bruder zu vernichten, wirklich gerechtfertigt ist. Ist er es nicht, der seinen „dunklen“ Bruder zu jenen Taten trieb, die er ihm nun vorhält? Ist Satoris wirklich der böse Schattenfürst, der die Welt ohne Rücksicht ins Verderben zu stürzen gedenkt? Immer größer werden die Zweifel. Mal findet der Leser sich auf der Seite Haomanes und seiner Geschwister, dann wieder auf der Seite von Satoris. Und wie die Hohe Frau der Ellyon Cerelinde, weiß man am Ende des Buches nicht, für wen man nun eigentlich betet.

Fazit:
„Der Herr der Dunkelheit“ ist ein fesselndes Fantasy-Epos, das gerade erst begonnen hat. Zu Beginn hat es allerdings seine Längen, denn es dauert, bis man sich in Careys Welt einfindet. Nicht nur die komplexe Vorgeschichte, sondern auch die Vielzahl an Rassen und Namen können am Anfang verwirren. Leider wurde darauf verzichtet, ein Namens- oder Sachregister an den Anfang oder das Ende des Buches zu stellen – mitunter hätte dies die Lektüre erleichtert. Doch Durchhalten wird mit einer tollen Story und überraschenden Wendungen belohnt.


Elegie an die Nacht 1 – Der Herr der Dunkelheit
Fantasy-Roman
Jaqueline Carey
Egmont-Lyx 2009
ISBN: 978-3-8025-8218-9
572 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 15,95

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